05.09.1943 | geboren im thüringischen Sättelstädt |
1949 | Umzug nach Ilmenau |
1962 | Abitur und Immatrikulation im Fach Physik an der Technischen Hochschule Magdeburg |
1967 | Abschluss zur Diplom-Ingenieurin, Assistentin an der Technischen Hochschule Ilmenau |
1976 | Dissertation zum Thema: Zur Anwendbarkeit abgeschiedener Isolatorschichten für die Germanium-Planartechnik |
1985 | Habilitation: Beiträge zur Technologiecharakterisierung mittels MIS-Strukturen in Verbindung mit der Entwicklung von integrierten DMOS-Transistoren für Hochfrequenz- und Hochspannungsanwendungen |
1990 | Ernennung zur Professorin für Festkörperelektronik an der Technischen Hochschule Ilmenau |
1992 | Dekanin der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik an der Technischen Universität Ilmenau |
1995-1996 | Rektorin der Technischen Universität Ilmenau |
1996-1998 | Vorsitzende des Wissenschaftsrates der Bundesrepublik Deutschland |
1999 | Kandidatin der CDU/CSU für das Amt des Bundespräsidenten |
1999 | Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Thüringen |
2000 | Eintritt in die CDU |
2000-2006 | Mitglied im Präsidium der CDU |
2002-2003 | Präsidentin der Kultusministerkonferenz |
2004-2009 | Präsidentin des Thüringischen Landtags |
seit 2006 | Mitglied im Bundesvorstand der CDU |
2007-2009 | Vorsitzende der CDU-Kommission "Neue Bundesländer - Stand der deutschen Einheit" |
2011-2015 | Rektorin des Studienkollegs zu Berlin |
Ehrungen und Auszeichnungen (Auswahl): | |
1996 | Bundesverdienstkreuz 1. Klasse |
1999 | Frau des Jahres |
2000 | Preis der Frauen Europas |
2002 | Courage-Preis für Engagement zur Förderung des Bildungs- und Wissenschaftsstandorts Deutschland |
2010 | Soroptimist International Deutschland Förderpreis für das Projekt „Thüringer Koordinierungsstelle Naturwissenschaften und Technik für Schülerinnen, Studentinnen und Absolventinnen“ |
2011 | Hans-Olaf-Henkel-Preis der Wissenschaftsgemeinschaft Leibniz |
2013 | Ehrensenatorin der TU Ilmenau |
Mitgliedschaften und Ehrenämter: | |
1991 | Gutachterin der EU für wissenschaftliche Programme |
1992-1998 | Mitglied des Wissenschaftsrates Deutschland |
1995-1998 | Mitglied des Rates für Forschung, Technologie und Innovation beim Bundeskanzler |
1998-2003 | Mitglied der UNESCO-Weltkommission für Ethik in Wissenschaft und Technologie |
2001-2007 | Mitglied des Internationalen Beirats der Universität der Vereinten Nationen, Tokio, Japan |
seit 2001 | Stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, Frankfurt am Main |
2003-2015 | Mitglied des „Kuratoriums für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau“ |
seit 2003 | Vorsitzende der Lennart-Bernadotte-Stiftung, Insel Mainau |
seit 2005 | Mitglied des Kuratoriums des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie, Ilmenau |
Seit 2007 | Mitglied des Kuratoriums der Internationalen Martin-Luther-Stiftung, Erfurt |
2009-2015 | Mitglied des Präsidiums der Niedersächsischen Technischen Hochschule |
seit 2015 | Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Roman-Herzogs-Instituts, München |
Dagmar Schipanski erblickt am 3. September 1943 im thüringischen Sättelstädt das Licht der Welt. Ihren Vater Heinrich Eichhorn, einen evangelischen Pfarrer, lernt sie nie kennen. Er fällt bereits ein knappes Jahr nach ihrer Geburt als Soldat im 2. Weltkrieg. Ihre Mutter Käthe Eichhorn zieht mit ihrer Tochter auf den großelterlichen Bauernhof. Als sie 1949 in zweiter Ehe einen kaufmännischen Angestellten heiratet, zieht die Familie nach Ilmenau, wo Dagmar Schipanski zur Schule geht. Obwohl sie gute schulische Leistungen vorweisen kann, wird sie wegen ihrer bürgerlichen Herkunft zunächst nicht zur Oberschule zugelassen. Erst nach drei Monaten gelingt es ihren Eltern, sie in der Oberschule unterzubringen. Die inzwischen begonnene Sekretärinnen-Ausbildung bricht sie ab.
Nach ihrem Abitur 1962 entscheidet sich Schipanski für das Studium der angewandten Physik, weil ihr Naturwissenschaften, im Gegensatz zu den ideologisch durchdrungenen Geisteswissenschaften, verhältnismäßig unabhängig vom Diktum der SED erscheinen. Sie studiert an der Technischen Hochschule Magdeburg und unternimmt zahlreiche Forschungsreisen ins kommunistische Ausland. So erhält sie unter anderem Einblicke in die Lebens- und Arbeitsverhältnisse in Ungarn, der Tschechoslowakei, Bulgarien und der Sowjetunion, wo sie Moskau und Nowosibirsk besucht.
1967 macht Schipanski ihren Abschluss als Diplomingenieurin. Es folgen 1976 die Promotion und 1985 die Habilitation. Weil sie sich weigert, Parteimitglied der SED zu werden, bleibt die Habilitierte im universitären Mittelbau der Technischen Hochschule Ilmenau stecken, eine Professur wird der Spezialistin für Festkörperelektronik verwehrt. Parallel zu ihrer wissenschaftlichen Karriere gründet Schipanski eine Familie. 1967 heiratet sie den Diplomingenieur Tigran Schipanski, mit dem sie zwischen 1976 und 1981 drei Kinder bekommt.
Die Wiedervereinigung Deutschlands bedeutet auch für Dagmar Schipanski eine Wende, insbesondere in beruflicher Hinsicht. 1990 erhält die politisch Unbelastete endlich den Ruf zur Professorin für elektronische Bauelemente an der Technischen Hochschule Ilmenau, bereits zwei Jahre später ist sie dort Dekanin der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik. Die inzwischen zur Technischen Universität erhobene Hochschule Ilmenau ist zu diesem Zeitpunkt zwar klein, genießt jedoch hohes Ansehen. 1995 wird Schipanski zur Rektorin der Universität gewählt und damit erste Rektorin an einer technischen Hochschule in der Bundesrepublik Deutschland.
Die in Fachkreisen sehr angesehene und unabhängige Wissenschaftlerin wird 1991 Gutachterin für wissenschaftliche Programme der EU. 1992 ist sie die einzige ostdeutsche Frau, die Mitglied des Wissenschaftsrats der Bundesrepublik Deutschland ist. 1995 wird sie von Bundeskanzler Helmut Kohl in den Rat für Forschung, Technologie und Innovation berufen. 1996 übernimmt sie als erste Frau die Leitung des Wissenschaftsrates. Um sich dieser Aufgabe widmen zu können, legt Schipanski das Rektorat der Technischen Universität Ilmenau vorübergehend nieder. An der Spitze des Wissenschaftsrats ist sie maßgeblich am Umbau des ostdeutschen Wissenschaftsbetriebs und an der Vereinigung der west- und ostdeutschen Forschungslandschaft beteiligt.
Nach ihrer turnusmäßigen Ablösung an der Spitze des Wissenschaftsrates 1998 kehrt Schipanski nicht wieder an die Universität zurück. Zur Bundestagswahl 1998 mischt sich die Wissenschaftlerin, die mehr als 100 Fachbeiträge vorgelegt und neun Patente angemeldet hat, erstmals in die Bundespolitik ein. Zusammen mit fünf weiteren Professoren unterschreibt sie einen Wahlaufruf für Helmut Kohl. Der thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel schlägt sie noch im gleichen Jahr für das Amt des Bundespräsidenten vor, dessen Wahl 1999 ansteht. Da Dagmar Schipanski über den Wissenschaftsbetrieb hinaus kaum bekannt ist, überrascht ihre Nominierung selbst in Kreisen der CDU. In Auseinandersetzung mit ihrem von der rot-grünen Mehrheit der Bundesversammlung favorisierten Kontrahenten Johannes Rau gibt sie sich bescheiden und betont ihre Fähigkeit zur Integration Ostdeutschlands. Die zu erwartende Niederlage im zweiten Wahlgang ist ein Achtungserfolg für Schipanski. Nach der Wahl werben die Ministerpräsidenten von Sachsen und Thüringen um ihre Mitarbeit im Landeskabinett.
Nachdem die CDU bei der Landtagswahl in Thüringen die absolute Mehrheit erreicht hat, zieht die noch immer parteilose Dagmar Schipanski bereits im September 1999 als neue Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in die Landesregierung ein. Zugleich wird sie als potentielle Nachfolgerin des bereits 67-jährigen Ministerpräsidenten Bernhard Vogel gehandelt.
Im Zuge der Glaubwürdigkeitskrise der CDU in der Parteispendenaffäre entscheidet sich Schipanski im Frühjahr 2000 für den Beitritt zur Partei. Obwohl sie grundsätzlich ihre „geistige Freiheit vollständig bewahren“ möchte, hofft sie, so der Regierungspartei zu „neuer Glaubwürdigkeit“ verhelfen zu können (Interview mit der ZEIT, 17.02.2000). Wenige Wochen später wird die Neueinsteigerin mit dem besten Abstimmungsergebnis in das CDU-Präsidium gewählt. Nicht alle Parteimitglieder goutieren ihren schnellen Aufstieg – bleibt ihr doch die mühsame Ochsentour durch die verschiedenen Ebenen der Partei erspart.
Als Wissenschaftsministerin fördert Schipanski vor allem die Kooperation des westdeutschen Wissenschaftssektors mit dem in Ostdeutschland und Osteuropa. Sie fordert die Flexibilisierung des Bildungs- und Ausbildungssystems zur besseren Koordinierung von Wirtschaft und Wissenschaft sowie einen öffentlichen Diskurs von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft – ein Anliegen, das sie als Präsidentin der Deutschen Krebshilfe e.V. (2000 bis 2009) praktisch umsetzen kann. Gerade vor dem Hintergrund ihrer eigenen Biographie setzt sie sich auch für die Förderung von Ganztagsschulen ein, ohne allerdings den Eltern die „Lufthoheit“ über ihre Kinder abzusprechen (Interview mit der Berliner Zeitung, 07.03.2003).
2002 übernimmt sie die Leitung der Kultusministerkonferenz, wo sie vor allem mit den unmittelbaren Auswirkungen der Pisa-Studie konfrontiert wird, die deutschen Schülern im Jahr 2000 nur mittelmäßige Leistungen und Kompetenzen attestiert hatte. Während ihrer Präsidentschaft erarbeiten die Länder als Antwort auf die Pisa-Studie gemeinsame Bildungsstandards, die föderal erreicht werden sollen.
Nach dem Rücktritt Bernhard Vogels vom Amt des Ministerpräsidenten im Jahr 2003 verbleibt Schipanski zunächst auch unter dessen Nachfolger Dieter Althaus im Kabinett. Als es allerdings nach der Landtagswahl 2004 an die Neubildung der Landesregierung geht, zeigt sich, wie schmal die Hausmacht der stets auf Unabhängigkeit bestehenden politischen Senkrechtstarterin ist. Sie ist nicht mehr für die Landesregierung vorgesehen, sondern wechselt, erstmals auch Abgeordnete des Landtags, ins Amt der Landtagspräsidentin, das sie bis 2009 ausübt. 2006 muss sie auch ihren Sitz im CDU-Präsidium an Althaus abtreten.
Noch im gleichen Jahr wird sie allerdings in den CDU-Bundesvorstand gewählt, und ein Jahr darauf mit der Leitung der neu ins Leben gerufenen CDU-Kommission „Neue Bundesländer – Stand der Deutschen Einheit“ betraut. Diese soll 20 Jahre nach dem Fall der Mauer den Stand des Zusammenwachsens von Ost und West untersuchen.
Im Jahr 2010 nominiert der CDU-Landesverband Thüringen Dagmar Schipanski erneut für einen Sitz im CDU-Bundesvorstand, eine Kandidatur, der 77 Prozent der Delegierten auf dem CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe zustimmen. Neben ihrer politischen Tätigkeit nimmt sie zahlreiche Ehrenämter wahr.