Europa

„Ein Europa der Bürokraten und Technokraten ist nicht das Europa unserer Vision, das auch den jungen Menschen unseres Landes begeistern kann. Der Bürger muß wieder erfahren, daß er ganz persönlich durch die Entwicklung in Europa betroffen wird. Europa muß wieder die Idee werden, die Faszination ausströmt.“

Abgedruckt in: Helmut Kohl: Bundestagsreden und Zeitdokumente. Hg. von Horst Teltschik. Bonn 1978, S. XVI.

„Wir wollen versuchen, neue Bereiche der Zusammenarbeit zu eröffnen: in der Kultur, in der Rechts-, in der Innenpolitik, in der Zusammenarbeit mit Blick auf die wirtschaftlichen und politischen Aspekte unserer Sicherheit. Das ist alles sehr wichtig, weil wir hier auf dem Weg zur Europäischen Solidarität vorankommen müssen. Ein besonders wichtiger Punkt, ein besonders kritischer Punkt, wie man offen zugeben muß, ist die Stärkung des Europäischen Parlaments und die Verbesserung des Entscheidungsverfahrens in der Gemeinschaft. Ich finde, wir sollten hier nicht kleinmütig sein. Auch die fünfziger Jahre, als die Gemeinschaft entstand, waren keine Schönwetterperiode. Wir haben seither - wenn man ehrlich ist und nicht zuviel erwartet - wichtige Fortschritte im europäischen solidarischen Handeln gemacht. Darauf können wir auch für die Zukunft aufbauen. In diesem Jahrzehnt - dies ist meine feste Überzeugung - müssen wir den entscheidenden Schritt auf dem Wege zur politischen Einigung Europas vorankommen. Dies ist die historische Aufgabe unserer Generation.“

Am 14. Dezember 1982 im Deutschen Bundestag.

„Mit zunehmender Arbeitslosigkeit, zunehmendem Anpassungsdruck auf die Volkswirtschaften wächst die Versuchung, nationale Alleingänge zu unternehmen, nationale Sonderwege in der Haushaltspolitik, in der Wirtschafts-, Währungs- und Handelspolitik einzuschlagen. Es wäre verhängnisvoll für uns alle in Europa, wenn wir diesen Versuchungen nachgeben würden. Ein Bruch der wirtschaftlichen Solidarität durch Handelsprotektionismus würde nicht nur die wirtschaftliche Krise verschärfen, sondern dies hätte auch erhebliche Folgen für die politische Solidarität in der westlichen Welt.“

Am 14. Dezember 1982 im Deutschen Bundestag.

„Wir wollen neue Wege zur Einigung Europas öffnen. Die europäische Idee hat Versöhnung über die Grenzen hinweg geschaffen und den Grundstein für eine dauerhafte Friedensordnung in Europa gelegt. Europapolitik war und ist immer zuerst eine Politik für den Frieden in Freiheit.
Das müssen wir wieder mehr als bisher ins Bewußtsein unserer Bürger bringen durch ganz konkrete Schritte:
durch mehr Abbau der Grenzkontrollen,
durch eine Intensivierung der Kulturbeziehungen und
durch eine Verbesserung und Verstärkung des Jugendaustausches.
Wir alle wissen, beim Aufbau Europas kommt der deutsch-französischen Zusammenarbeit, die inzwischen große Tradition gewonnen hat, besondere Bedeutung zu. Aber wir wissen auch, daß der einzelne Bürger auch in unserem Lande spüren muß, daß die Europäische Gemeinschaft auch seinem ganz persönlichen Interesse dient.
Das wird nur möglich sein, wenn wir weitergehen auf dem Weg zu unserem Ziel, und unser Ziel bleibt die Politische Union Europas. Das heißt, (...) wir müssen die Handlungsfähigkeit der europäischen Institutionen verbessern.
Der Ministerrat muß sich wieder als Organ der Gemeinschaft verstehen und sich vor allem von gemeinsamen europäischen Interessen leiten lassen. In den von den Verträgen vorgesehenen Fällen muß er Beschlüsse mit Mehrheit fassen können.
Das Europäische Parlament muß gestärkt werden, damit von ihm wichtige politische Impulse ausgehen können. Dazu gehören vorrangig der Ausbau seiner Kompetenzen und die gemeinsame Arbeit an einer europäischen Verfassung.
Die Bundesregierung erneuert von dieser Stelle aus die Erklärung ihrer Vorgänger-Regierung, daß sie den Beitritt Portugals und Spaniens zur Europäischen Gemeinschaft unterstützt.“

Am 13. Oktober 1982 in seiner ersten Regierungserklärung.

„Westeuropa, das lehrt jeder historische Vergleich, konnte in den letzten Jahren nur deshalb zu einer engeren Verbindung finden, weil die europäischen Großmachtegoismen durch die großen Kriege dieses Jahrhunderts ausbrannten und weil ihre Gewichte einigermaßen gleich geworden sind.
Wir, die CDU Deutschlands, wollen die europäische Einigung nicht nur festhalten. Wir wollen voran auf dem Weg zum europäischen Bundesstaat.“

Am 9. März 1981 auf dem Bundesparteitag der CDU in Mannheim.

„Wir Deutschen wollen dafür nicht unsere nationale Identität aufgeben. Nichts würde die europäische Idee mehr belasten, als wenn nun ausgerechnet die Deutschen die übernationalen Super-Europäer würden, während andere sich in ihren Vaterländern verschanzen.
Aber die Bundesrepublik Deutschland muß gemeinsam mit ihren Partnern alles daransetzen, Europa moralisch, politisch und wirtschaftlich zu stärken.
Wir müssen sein: Partner der Vereinigten Staaten, ein Friedensfaktor gegenüber der Sowjetunion, berechenbar auch als Gegengewicht, und dazu ein starker Helfer der Notleidenden und der aufstrebenden Nationen in der Dritten Welt. Kein Nationalstaat alter Art kann heute noch die Kraft aufbringen, um diese Aufgaben zu bewältigen. Gegenüber den Vereinigten Staaten und der neuen Administration des Präsidenten Reagan werden die Europäer nur soweit ein ernstzunehmender Partner sein können, wie sie mit einer Stimme sprechen. Wir müssen als Deutsche alles tun, damit hier eine deutsche Sonderrolle vermieden wird.“

Am 9. März 1981 auf dem Bundesparteitag der CDU in Mannheim.

„Wir wollen ein friedfertiges Europa schaffen. Ein Europa, das stark genug ist, den Frieden auf unserem Kontinent zu sichern, kann auch einen aktiven Beitrag zum Frieden der Welt leisten. Wir wollen das kulturelle Europa bewahren, das aus seiner Vielfalt und seinem geistigen Reichtum Ideen und Ideale gewinnt, an denen sich die Hoffnungen der Menschen entzünden. Wir wollen ein lebenswertes Europa schaffen, das den sich entwickelnden Ländern der Welt Beispiele gibt, wie wirtschaftliches Wachstum und Erhaltung der Lebensgrundlagen zu vereinbaren sind. Wir wollen das Europa der Freiheit und Menschenwürde erhalten. Wir wollen ein Europa, das durch gemeinsame Konzepte im Umweltschutz und in der Energieversorgung die Grundlagen für die Zukunftssicherung schafft.“

Im Mai 1979 im "Deutschen Monatsblatt".

„Konrad Adenauer sagte zu Beginn der europäischen Diskussion: 'Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen; sie wurde eine Hoffnung für viele; sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.'
Dieses kluge Wort sagt mehr aus, als ein großes Manifest aussagen kann. Es ist der Auftrag für uns, die Christlich Demokratische Union Deutschlands, für uns, die Europäische Volkspartei in Europa. Leisten wir unseren Beitrag beim Bau des neuen Europas, eines Europas der sozialen Partnerschaft, der sozialen Verantwortung, der Freiheit, des Friedens, der Menschenrechte, der parlamentarischen Demokratie!
Meine Freunde, die Alternative ist klar und eindeutig: Die Sozialisten wollen die Zukunft Europas aus jenen Doktrinen des 19. Jahrhunderts gestalten, die bislang nirgendwo in der Welt den Menschen Glück und Verheißung gebracht haben. Wir, die Europäische Volkspartei, und wir, die CDU als ein Landesverband dieser Europäischen Volkspartei, werden nicht zulassen, daß Sozialisten und Kommunisten in einer unheiligen Allianz gemeinsam die Uhren des freien Europas um 100 Jahre zurückdrehen.
Die Erkenntnis von 100 Jahren nationalstaatlicher Geschichte, von Kriegen, Not, Blut und Elend ist für uns ganz klar: Zwischen Freiheit und Unfreiheit gibt es keinen dritten Weg; wir müssen uns dem Urteil der Geschichte stellen.“

Am 26. März 1979 auf dem Europaparteitag der CDU in Kiel.

„Die CDU Deutschlands ist sich mit allen ihren Freunden in der Europäischen Volkspartei einig in dem Willen, der europäischen Idee mit Mut, mit Hingabe und aller Einsatzbereitschaft zu dienen. Das vereinte Europa ist für uns in Deutschland eine wichtige Voraussetzung, um langfristig die Spaltung Europas und damit auch die Spaltung unseres Vaterlandes überwinden zu können.
Es muß unsere Aufgabe sein, diesen Zusammenhang zwischen Europa- und Deutschlandpolitik den Menschen in der Bundesrepublik Deutschland jeden Tag wieder näherzubringen. Das ist eine der großen Chancen nicht nur für Europa, sondern auch für unser deutsches Vaterland.
Die Europäische Volkspartei ist die einzige wirklich übernationale Partei im freien Europa. Sie ist die große Hoffnung für alle, denen ein geeintes Europa nach dem Modell des demokratischen und sozialen Rechtsstaats am Herzen hegt.“

Am 26. März 1979 auf dem Europaparteitag der CDU in Kiel.

„Aber die CDU Deutschlands wird sich nie - wie andere, die auch unsere Muttersprache sprechen - dazu hergeben, etwa im 'hegemonialen Bereich' Eitelkeitsüberlegungen neu zu beleben. Für uns ist das mit der Geschichte untergegangen. Wir wollen mit allen europäischen Partnerländern eng und freundschaftlich zusammenarbeiten, ob sie nach der Bevölkerungszahl nun größer oder kleiner sind. Europa wird nur werden, wenn wir uns gegenseitig respektieren - unsere Geschichte, das, was wir einbringen können, und nicht nur die ökonomischen Daten, die in dem einen Fall stärker, in dem anderen schwächer sein werden. Europa muß ein menschliches Europa sein. Europa muß ein partnerschaftliches Europa sein. Deswegen geht es hier nicht nach der Zahl der Millionen, sondern nach der Kraft, nach dem Mut, aber auch nach der Stärke des Herzens.“

Am 26. März 1979 auf dem Europaparteitag der CDU in Kiel.

„Unser Ziel ist eine europäische Friedensordnung, die nicht von einzelnen Mächten diktiert, sondern von den Völkern Europas in freier Selbstbestimmung eigenhändig gestaltet wird. Dies war schon die Vision Konrad Adenauers. Das Recht aller Völker auf Selbstbestimmung ist in der Charta der Vereinten Nationen anerkannt.
Wer unsere Forderung nach Verwirklichung dieses Rechts auch für alle Deutschen als ‚Revanchismus‘ diffamiert, der stellt sich also in Wahrheit gegen dieses Grund-Gesetz der Völkergemeinschaft.
(...) Die Deutschen in der DDR sind und bleiben unsere Landsleute, die wir auf gar keinen Fall als Ausländer behandeln wollen und als Ausländer behandeln dürfen. Alle Empfehlungen, den politischen Status quo als endgültig anzuerkennen, haben sich als kurzlebig, als kurzsichtig erwiesen. Denn sie haben ein Grundgesetz menschlicher Existenz, das Streben des Menschen nach Freiheit, ignoriert. (...) Für uns in der Bundesrepublik Deutschland ist es eine selbstverständliche nationale Pflicht, bei unseren Nachbarn und Partnern in der Welt für das Recht aller Deutschen auf Selbstbestimmung zu werben. Denn ein Votum aller Deutschen für die Einheit ihres Vaterlandes wird niemand in Ost und West ignorieren können. (...) Wiedervereinigung und Westintegration, Deutschlandpolitik und Europapolitik sind wie zwei Seiten derselben Medaille. Sie bedingen einander. Ohne die Dynamik des westeuropäischen Einigungsprozesses würden heute die verkrusteten Strukturen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa nicht aufbrechen.
Und ohne die feste Verankerung in der Wertegemeinschaft der freien Völker hätten wir nicht das Vertrauen unserer westlichen Partnerländer, die uns in unseren deutschlandpolitischen Bemühungen stets unterstützt haben. (...) Wir streben an - und das bleibt Ziel unserer Politik, wie Konrad Adenauer es einmal formuliert hat -: ‚ln einem freien und geeinten Europa ein freies und geeintes Deutschland.“

Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation im geteilten Deutschland, 8. November 1989.

„Wenn wir das 40jährige Bestehen unserer freiheitlichen Demokratie feiern, vergessen wir darüber nicht die Teilung Deutschlands. Die schmerzliche Teilung unseres Landes bedeutet auch die Teilung Europas. Deshalb stehen die Außen- und Deutschlandpolitik unter der Leitidee einer übergreifenden Friedensordnung, die alle Europäer - und auch alle Deutschen - in gemeinsamer Freiheit zusammenführt: einer Friedensordnung, in der - mit den Worten des Grundgesetzes - das gesamte deutsche Volk in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollenden kann.
Die Wiedervereinigung Deutschlands ist Verfassungsauftrag; Friedenspolitik und europäische Einigung sind es ebenfalls. (...) Nur Europa kann den Rahmen bilden, in dem auch alle Deutschen in Einheit und Freiheit zusammenkommen. Zur Verwirklichung dieses Ziels brauchen wir das Verständnis und die Unterstützung unserer Nachbarn und Freunde in Europa.“

Bonner Rundschau, "Nur Europa schafft den Rahmen für die Wiedervereinigung", 23. Mai 1989 (Zum 23. Mai 1949).

„Die Entscheidung der Bundesrepublik Deutschland für Europa, für die Westintegration und für die Verteidigungs-Allianz ist ein Teil unserer Staatsräson. Wir wissen, daß sie eine ebenso richtige wie bittere Erkenntnis enthält: Die Erkenntnis, daß die Freiheit Vorrang vor der Einheit hat, daß es den Menschen in Leipzig nichts nützt, in einem kommunistischen Deutschland wiedervereint zu werden, wenn der größere Teil der Deutschen dabei seine Freiheit verliert.“

Die Welt, 4. Mai 1985 (Zum 5. Mai 1955).

„Es waren vor allem in ihrem Glauben tief verwurzelte, der Ökumene verpflichtete Christen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges darangingen, im freien Teil unseres Kontinents die Europäische Gemeinschaft aufzubauen. Sie handelten in vollem Bewußtsein der geistig-kulturellen Traditionen, die alle Völker Europas miteinander verbinden. Wir wollen und dürfen niemals aus den Augen verlieren, daß wir in Europa vor allem eine Werte- und Kulturgemeinschaft bilden. Sie selbst, Heiliger Vater, haben dies ausgedrückt, als Sie einmal vom „Genius Europas" sprachen. Ich wünsche mir, daß die katholischen und die evangelischen Christen noch stärker als bisher die neuen Chancen zum Dialog mit den orthodoxen Christen in Europa nutzen. Es geht gewissermaßen für die Zukunft Europas darum, einen ökumenischen Bogen von den Klöstern und Kapellen Irlands bis hin zu den Kirchen und Kathedralen von Kiew und Moskau zu schlagen. Für eine gute Zukunft unseres Kontinents ist es ebenso wichtig, daß sich die drei großen monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam auf ihre gemeinsamen Wurzeln besinnen und vom Geist der Brüderlichkeit leiten lassen.“

Ansprache zur Verabschiedung von Papst Johannes Paul II. am Brandenburger Tor in Berlin am 23. Juni 1996.

„Pilgerstraßen wie der Jakobsweg erinnern uns daran, daß wir Europäer bei aller Vielfalt der Kultur gemeinsame Wurzeln haben. Europa ist nicht nur das großartige Aufbauwerk der letzten vier Jahrzehnte. Die Baupläne für unser Haus Europa, das wir jetzt bauen, sind älter. Die geistigen Ideen und Traditionen, die es begründen, verbinden uns alle. Wir Europäer sollten uns deshalb häufiger auf unsere europäischen Traditionen, auf Querverbindungen und wechselseitige Einflüsse besinnen. Ich meine nicht nur die großen Meisterwerke der Literatur, der Musik, der Malerei oder die einzigartigen Baudenkmäler. Es geht mir vor allem um den Geist, der diese Kunstwerke prägt und der ihnen ihre Größe und Schönheit über Zeiten und Grenzen hinweg verleiht. In diesem Geist fließen die Philosophie der Antike und des Humanismus ebenso zusammen wie die Rationalität der Aufklärung und vor allem natürlich die prägende Kraft des Christentums. Aus dem Bewußtsein für diese gemeinsamen Ursprünge entstand die europäische Idee. Zu ihr gehört auch ein zeitlos gültiges Wertesystem, mit dem wir eine humane Zukunft gestalten wollen.“

Anläßlich der Verleihung des Preises der Prinz von Asturien-Stiftung am 8. November 1996 in Oviedo/Spanien.

„Die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, zwingen uns alle zur Zusammenarbeit. Sie können nicht im Sinne des alten nationalstaatlichen Denkens von den einzelnen Ländern allein bewältigt werden. Ich denke dabei nicht nur an die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Europa angesichts steigender internationaler Konkurrenz, sondern auch an die Verbesserung des Umweltschutzes und das Vorgehen gegen die grenzüberschreitende Kriminalität. Auf all diesen Gebieten müssen wir gemeinsam handeln. (...) Historische Chancen pflegen oft wenn überhaupt erst nach langer Zeit wiederzukehren; das hätte im Übrigen auch für die deutsche Wiedervereinigung 1990 gegolten. Wir haben die Wahl, Europa jetzt zu einigen oder damit zu warten. Doch keiner kann uns sagen, ob die Chance wiederkehrt. Es geht sowohl um die Vollendung des europäischen Einigungswerks als auch um die Erweiterung der Europäischen Union. Für mich ist es eine unerträgliche Vorstellung, daß die Westgrenze Polens auf Dauer die Ostgrenze der EU bleiben könnte.
Niemand will einen europäischen Superstaat, wie das gelegentlich behauptet wird. Liebe zum Vaterland und Liebe zur Freiheit, Patriotismus und europäische Gesinnung dürfen in Deutschland nie wieder getrennte Wege gehen. Das ist die Konsequenz, die wir aus der Geschichte ziehen müssen. Identität rührt nicht zuletzt aus dem Wissen und dem Bejahen von Geschichte und Herkunft. Gewiß hat unsere Geschichte düstere, beschämende Kapitel. Doch sie umfaßt eben auch die demokratischen und freiheitlichen Traditionen, an die wir im vereinten Deutschland anknüpfen.“

Rede anläßlich der Verleihung der Konrad-Adenauer-Preise der Deutschland-Stiftung am 16. Juni 1996 in München.

„Die entschlossene Fortführung des europäischen Einigungswerks ist die Schicksalsfrage für Deutschland und Europa im 21. Jahrhundert. Wir Deutschen haben das Geschenk der friedlichen Wiedervereinigung unseres Landes erhalten, weil unsere Partner sicher sein konnten, daß unser Land fest in Europa eingebettet ist. Wir würden vor der Geschichte versagen, wenn wir uns nach der deutschen Einheit zufrieden zurücklehnten. Wir müssen gemeinsam mit unseren Freunden und Partnern die Einigung Europas unumkehrbar machen. Wenn wir jetzt beim Bau des Hauses Europa nicht vorankommen, gefährden wir auf Dauer all das, was wir in den letzten Jahrzehnten aufgebaut haben.
Wir brauchen Europa auch deshalb, weil wir die großen Aufgaben unserer Zeit zum Beispiel in der Wirtschaftspolitik nicht im nationalen Alleingang lösen können. Die zunehmende Globalisierung der Märkte, der immer schärfere Standortwettbewerb zwischen Ländern und Regionen um Investoren und Arbeitsplätze erfordern ein gemeinsames Handeln der Europäer. Mit dem europäischen Binnenmarkt haben wir dafür eine gute Grundlage geschaffen.
Die europäische Wirtschafts- und Währungsunion ist eine wichtige und notwendige Ergänzung des Binnenmarktes. Mit der gemeinsamen europäischen Währung schaffen wir die Voraussetzungen dafür, daß Europa als Gemeinschaft für Stabilität und Wohlstand weiter zusammenwächst. Dafür ist es unverzichtbar, daß die neue Währung genauso stabil ist wie die D-Mark. Deshalb müssen die Stabilitätskriterien des Vertrages von Maastricht ohne Wenn und Aber eingehalten werden.
Die europäische Identität - dies haben manche in den Jahrzehnten der Teilung unseres Kontinents vergessen - endet nicht an Oder und Neiße. Prag und Budapest, Warschau und Krakau sind mitteleuropäische Städte. Europa ist ihre Heimat. Das Haus Europa muß offen sein für diejenigen, die dort in dieser Gesinnung wohnen wollen. Natürlich müssen sie dafür selbst die notwendigen Voraussetzungen schaffen.“

Rede vor dem Wirtschaftsrat der CDU am 13. Juni 1996 in Bonn.

„Die politische Einigung Europas entscheidet über unsere Zukunft in Frieden und Freiheit. Als Land mit den meisten Nachbarn in Europa haben gerade wir Deutsche ein vitales Interesse daran, einen Rückfall in die machtpolitischen Rivalitäten früherer Zeiten, den nationalstaatlichen Egoismus und wechselnde Koalitionen zu verhindern. Es gilt unverändert der politische Leitgedanke Konrad Adenauers, daß deutsche Einheit und europäische Einigung zwei Seiten derselben Medaille sind.“

Vor der Industrie- und Handelskammer in Düsseldorf am 18. Januar 1994.

„Dieses Europa darf keine Festung werden, in der wir uns vor den anderen abschotten. Es muss offen sein.“

Rede auf dem 2. Parteitag der CDU am 15. Dezember 1991 in Dresden.

„Jetzt geht es darum, die politische Rolle des Bündnisses noch stärker zu entwickeln. (...) Eine weitere ganz wichtige, zentrale Aufgabe europäischer Politik bleibt es, den jungen Demokratien in Mittel-, Ost- und Südosteuropa beim Umbau ihrer Wirtschaft und Gesellschaft tatkräftig zu helfen. (...) Ich denke, auch im Blick auf spätere Entwicklungen der Europäischen Gemeinschaft ist es wichtig, dass die eben genannten Länder wissen, dass wir ihnen auf ihrem Weg nach Europa helfen wollen.“

Regierungserklärung zum Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der NATO in Rom sowie zur EG-Konferenz am 6. November 1991 in Maastricht, Deutscher Bundestag. Plenarprotokoll 12/53, 6. November 1991.

„Europa hört eben nicht an Oder oder Neiße auf. (...) Es kann jedoch nicht darum gehen, jetzt möglichst alle Länder unseres Kontinents in die Europäische Gemeinschaft aufzunehmen. Die Gemeinschaft könnte einen solchen Kraftakt nicht ohne Schaden bestehen. (...) Wer die politische Einigung Europas will, muss den Beitritt zur Gemeinschaft auf absehbare Zeit daher auf solche Länder beschränken, die zugleich bereit und in der Lage sind, ohne Vorbehalt die Europäische Union zu schaffen.“

Das vereinte Deutschland und Europas Architektur (Beitrag für die „Financial Times" am 29.Oktober 1990), Pressemitteilung Nr. 431/90 des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung (28. Oktober 1990).

„In der Logik des europäischen Einigungsprozesses liegt auch die Erweiterung der Europäischen Union nach Mittel- und Osteuropa. Die Westgrenze Poelens darf nicht auf Dauer die Ostgrenze der Europäischen Union bleiben. Ich wünsche mir, dass sie in Zukunft die gleiche Bedeutung erlangt wie etwa die Grenze hier zwischen dem Saarland und Frankreich oder Luxemburg. Ein vereintes Europa ohne Prag, Krakau oder Budapest, um nur diese zu nennen, wäre nur ein Torso - sie sind genauso europäisch wie etwa die Region hier an der Saar.“

Rede anlässlich der Festveranstaltung zum 250jährigen Firmenjubiläum der Villeroy&Boch AG am 3.Juli 1998 in Mettlach, Bulletin der Bundesregierung. Nr. 56. 17. August 1998.

„Die Politik der von mir geführten Bundesregierung steht fest in der Tradition der europäischen Einigung. (...) Wir müssen Europa auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten. (...) Die Europäische Union wird auch künftig kein exklusiver Klub sein; sie darf (...) nicht an Oder und Neiße enden! Deshalb wollen wir neben der Vertiefung auch die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten und Südosten (...) Ohne die Erweiterung nach Osten und Südosten bliebe die Europäische Union ein Torso. (...) Zur Politik der europäischen Einigung gibt es keine verantwortbare Alternative. Wer einem Rückfall in Nationalismus, den Gefahren machtpolitischer Rivalitäten und unheilvollen Konflikten vorbeugen will, wer Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand für alle Bürger unseres Kontinents auf Dauer sichern will, der wird für das geeinte Europa eintreten.“

Erklärung zum 40. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge am 25. März 1997, Bulletin der Bundesregierung. Nr. 27. 8. April 1997.

„Deutsche und Polen und Polen und Deutsche dürfen nicht aufhören, gemeinsam neue Wege für ein geeintes Europa - geeint in Demokratie, Frieden und Sicherheit - zu suchen. Auch das füge ich hinzu: Für mich und für die von mir vertretene Politik ist die Aufnahme von Staaten Mittel- und Osteuropas, die Aufnahme Polens in die Europäische Union nicht in erster Linie eine Frage der Abwägung wirtschaftlicher Interessen. Die Integration in die euroatlantischen Strukturen ist vielmehr ein Gebot der Solidarität zwischen den Völkern Europas - einer Solidarität, die gewachsen ist auf dem Boden gemeinsamer Werte.“

Rede vor Sejm und Senat im polnischen Parlament am 6. Juli 1995, Bulletin des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung Nr. 58 (14. Juli 1995).

„Zentrale Aufgabe dieser Legislaturperiode wird es sein, die politische Einigung Europas weiter zu festigen und entscheidend voranzubringen. (...) Die Bundesregierung wird sich deshalb mit großer Entschiedenheit dafür einsetzen, daß in den kommenden Jahren entscheidende Schritte zur endgültigen Überwindung der Teilung Europas und damit zur dauerhaften Sicherung von Frieden und Freiheit getan werden. Auf dem in wenigen Wochen stattfindenden Europäischen Rat in Essen wollen wir eine Strategie zur weiteren Heranführung der jungen Demokratien Mittel-, Ost- und Südosteuropas verabschieden.“

Regierungserklärung von Bundeskanzler Kohl am 23. November 1994, Verhandlungen des Deutschen Bundestages. Stenogr. Berichte. Bd. 176. Plenarprotokoll 13/5. 23. November 1994, S. 45f.

„Wir müssen jetzt die historische Chance nutzen und die Europäische Union schaffen - erreichen wir dies nicht, versagen wir vor der Zukunft, ja wir gefährden das, was wir bisher erreicht haben.“

Ansprache bei einem Festakt anlässlich des 30. Jahrestags der Unterzeichnung des Vertrags über die deutsch-französische Zusammenarbeit in Anwesenheit des französischen Staatspräsidenten François Mitterrand in der Kunst- u. Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland am 21. Januar 1993 in Bonn.

„Der historische Auftrag an unsere Generation ist, nach der Verwirklichung dieser europäischen Idee zu streben.“

Ansprache bei dem Festakt zum 25. Jahrestag des Deutsch-Französischen Vertrages am 22. Januar 1988 in Paris.

„Die Verwirklichung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ist in ihren Konsequenzen die bedeutendste Entscheidung seit der deutschen Wiedervereinigung. (...) Und sie ist zugleich der wichtigste Meilenstein im europäischen Einigungsprozeß seit Gründung der Montanunion 1951 und seit Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft im Jahre 1957. (...) Das zweite große Ziel, vor dessen Verwirklichung wir jetzt stehen, ist die gemeinsame europäische Währung. Sie wird der europäischen Einigung eine neue Qualität verleihen. (...) Die gemeinsame europäische Währung ist ein tragendes Element beim Bau eines stabilen und wetterfesten Hauses Europa. Sie wird - dessen bin ich sicher - das Miteinander, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Europäer stärken. Der Euro wird das Bewusstsein dafür fördern, dass die Völker Europas die großen Aufgaben der Zukunft nur gemeinsam lösen können. (...) Meine Damen und Herren, der Euro ist eine der wichtigsten Antworten auf die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. (...) Von dieser Entscheidung hängt ganz wesentlich ab, ob künftige Generationen in Deutschland und Europa dauerhaft in Frieden und Freiheit, in Wohlstand und sozialer Stabilität leben können. (...) Die Einführung des Euro ist eine zwingende Notwendigkeit. Sie liegt im ureigensten deutschen Interesse. Die neue gemeinsame Währung wird Europa als einen Raum wirtschaftlichen Wohlstands und monetärer wie sozialer Stabilität weiter festigen können. „Der historische Auftrag unserer Generation ist die Verwirklichung der europäischen Idee.“

Erklärung der Bundesregierung zur Festlegung des Teilnehmerkreises an der Europäischen Währungsunion, abgegeben von Bundeskanzler Kohl am 2. April 1998 vor dem Deutschen Bundestag.

„Meine Generation hat auf den Fundamenten ihrer Vorgänger mit Mut und Beharrlichkeit das Haus Europa weitergebaut. Auf die Bilanz können wir stolz sein. Es ist der Auftrag an die Jüngeren und die Kommenden, das Werk mit Optimismus und Leidenschaft weiterzuführen.“

Die Politische Meinung Nr. 450 (2007).

„Die deutsche Einheit, die europäische Einigung waren immer unsere Visionen. Jetzt realisieren wir die europäische Einigung, weil es dem Frieden, weil es der Freiheit, weil es der Zukunft dient. Dieses Europa darf keine Festung werden, in der wir uns vor den anderen abschotten. Es muss offen sein.“

Rede auf dem 2. Parteitag der CDU am 15. Dezember 1991 in Dresden.

„Die CDU ist und bleibt die Europa-Partei in Deutschland. Für uns ist die Entwicklung Europas nicht irgendein Thema der Tagespolitik. Europa ist für Deutschland eine Schicksalsfrage; ich behaupte: die Schicksalsfrage.“

Grundsatzrede auf dem 3. Parteitag der CDU am 27. Oktober 1992 in Düsseldorf.