„Ich bin Politiker geworden, weil man als Politiker der vorderen Reihe ein hohes Maß an Gestaltungsmöglichkeit hat. Das ist einer der wenigen Freiräume in einer Massengesellschaft, wenn man ein bißchen Mut und Entschlossenheit hat. Es gehört auch ein Stück männlicher Eitelkeit dazu.
Gestern war ich den ganzen Tag mit einem Hubschrauber der Bundeswehr hier in Rheinland-Pfalz unterwegs. Da sah ich, was sich alles in meiner Zeit seit 1961 verändert hat, als ich Fraktionsvorsitzender und mehr oder minder der entscheidende Mann wurde. Auch vieles zum Guten! Das beruhigt mich. Und deshalb brauche ich überhaupt nicht der Superstar zu sein. Wenn meine Leute zusammensitzen und sagen, der Vogel ist gut, der Geissler kann was, dann bringt mich das nicht eine Sekunde auf ängstliche Gedanken. Ich habe überhaupt keinen Nachholbedarf an Prestige. Und ich bin sehr gut dabei gefahren.“
In einem Interview mit Peter von Zahn für das Buch "Profil der CDU", Hamburg 1975.
„Ich lese immer noch sehr viel. Ich bin, wenn Sie so wollen, eine ausgesprochene Leseratte. Ich kann sehr schnell lesen. (...) Ich lese vor allem gerne in dem Bereich der Geschichte angesiedelte Bücher. Sehr gerne Memoiren, betreibe noch immer meine privaten Quellenstudien.“
In einem Interview mit Hans Rosenthal im Südwestfunk-TV.
„In einem Führungsamt ist Charakter oft wichtiger als Wissen oder Intelligenz. Wichtiger als Wissen ist vielleicht auch noch Humor. Er wird zwar nie ausdrücklich verlangt, ich halte Humor aber für sehr wesentlich. Und, daß man fähig ist, gute Leute zu finden und mit ihnen zusammenzuarbeiten.“
In einem Interview mit Peter von Zahn für das Buch "Profil der CDU", Hamburg 1975.
„Erstens, es muß einer charakterlich in Ordnung sein. Man kann immer was dazulernen, aber am Charakter kann man nichts verändern. Zweitens ist wichtig, daß einer eine schnelle Auffassungsgabe hat und nicht alles schon weiß und nichts dazulernen will. Beim Politiker ist es wichtig, daß er ein möglichst breites Allgemeinwissen hat. Wenn er ein historisches Denkvermögen besitzt, ist es ein unschätzbarer Vorteil. Er muß nicht Geschichte studiert haben, aber ich glaube, das historische Verständnis ist sehr wichtig.
Ich mag Leute, die lachen können. Nicht bloß grinsen. Mit denen man auch einen gemeinsam heben kann. Ich meine jetzt nicht Kameraderie, sondern Kameradschaft. Für mich ist lebensentscheidend, ob ich eine Atmosphäre um mich spüre, ob ich Leute um mich habe, denen ich sagen kann: Den X lassen wir nicht hängen, auch wenn er in der Sache eben einen Bock gebaut hat. Das wissen die Leute in meiner Partei. Darum stehen so viele zu mir und haben mich auch in schlechten Zeiten unterstützt.“
In einem Interview mit Peter von Zahn für das Buch "Profil der CDU", Hamburg 1975.
„Ich bin neugierig auf Menschen. Ich will nicht wissen, wer mit wem schläft. Das interessiert mich nicht. Aber wenn ich durchs Land ziehe, und es fällt mir irgendwo ein gescheiter Versammlungsleiter auf, der es gut macht, dann habe ich die Angewohnheit, mir einen Zettel zu schreiben. Den stecke ich mir ins Portemonnaie. Ein paar Tage danach, wenn die Zettelwirtschaft zusammengetragen wird, forsche ich nach, wer ist das. Dann verschaffe ich mir seinen Lebenslauf. Und dann kann es sein, daß ich ihn hierher einlade.
Einen Studenten aus Münster habe ich gerade auf diese Weise eingeladen. Den baue ich jetzt in meine Mannschaft ein, nicht als Minister. Sondern in die Mannschaft für die Wahlvorbereitung. Es ist mal ein Regierungsrat von einem Landratsamt hier zum Mittagessen gewesen. Der hat ein halbes Jahr lang gar nichts gehört. Dann mußte ich innerhalb von einer Nacht einen neuen Oberbürgermeister durchdrücken. Da habe ich den durchgedrückt. Er ist einer der erfolgreichsten Oberbürgermeister. Das hat sich herumgesprochen. Ich habe es inzwischen leicht mit dem Nachwuchs. Ich bin natürlich auch mal reingefallen. Aber wenn Sie von 10 Posten 6 gut besetzen, dann ist das ein Superergebnis.“
In einem Interview mit Peter von Zahn für das Buch "Profil der CDU", Hamburg 1975.
„Ich beanspruche keine Allkompetenz. Ich finde es auch nicht erstrebenswert. Ich halte es für ein Stück Dummheit. Ich habe Leute nie verstanden, die nicht in einer Wahlversammlung auf eine Zwischenfrage vor ein paar tausend Leuten zu antworten wagen: 'Ich weiß es nicht.' Ich sage dann: 'Das ist ein Geschäft, vom dem verstehe ich nichts. Ich halte es aber für eine wesentliche Frage. Ich schreibe sie mir auf. Sie kriegen in den nächsten acht Tagen von mir eine Antwort.“
In einem Interview mit Peter von Zahn für das Buch "Profil der CDU", Hamburg 1975.
„Ich bin hier in Ludwigshafen groß geworden, geboren, in die Schule gegangen. Meine Mutter ist Pfälzerin, mein Vater ist Unterfranke gewesen. Wenn Sie so wollen, sind das also beide bayerische Eltern. Wir haben sicherlich auch mancherlei Voreingenommenheiten des Südwestdeutschen in der Schule schon mitbekommen und gegen Preußen. Für mich hat sich das ganz und gar verloren im Studium. Ich verdanke meinen Professoren wichtige Einsichten in das Wesen Preußens und ich habe keinerlei Animosität, ich bin also richtiger Südwestdeutscher, ich bin Pfälzer, ich hänge an meiner Heimat und schätze sie sehr bei ihren Stärken und bei ihren Schwächen. Aber ich habe aus meinen geschichtlichen Erkenntnissen und Studien gelernt, wie wichtig auch der Anteil im guten Sinne, nicht des neupreußischen, sondern der großen preußischen Tradition für unser Vaterland ist.“
In einem Interview mit Hans Rosenthal im Südwestfunk-TV.
„Ich bin 1940 zum Jungvolk gekommen und das war ja bereits im Krieg, mit 10 Jahren. Und meine erste Erinnerung an Krieg ist das Bild der ersten Flüchtlinge des Zweiten Weltkrieges, als die Bauern und die Bewohner der Dörfer in der Südpfalz hier in Ludwigshafen im September 1939, als die ersten Evakuierten über den Rhein zogen. Und das war eine ernste, für mich nicht begreifbare, aber aus dem Verhalten der Erwachsenen sehr ernste, traurige Angelegenheit. Dann gingen bald hier die Fliegerangriffe los. Es gab so den Jungvolkdienst wie anderswo gar nicht, weil wir sehr früh alle im Löschtrupp tätig waren und wir hatten da keine Laufbahn vor uns, aber wir haben natürlich das alles auch mitgemacht. Bei mir war eben aber, wenn Sie so wollen, ein gewisser Zwiespalt zwischen dem, was sich in der Schule gehört, und dem, was zu Hause im Elternhaus war. Denn wie gesagt, mein Elternhaus stand gegen die Nationalsozialisten zu der Zeit.“
In einem Interview mit Hans Rosenthal im Südwestfunk-TV.
„Ich bin sehr, sehr jung in die Politik gekommen. Ich habe davon profitiert, daß ich sehr viele Freunde habe in der alten Generation der CDU, die heute abgetreten ist. Ich bin wahrscheinlich der einzige, der diese Beziehungen bewußt aufrecht hält, ob das nun Gerstenmaier ist oder Kurt Georg Kiesinger. Ich habe ein ganz enges Verhältnis zu Adenauer gehabt.“
In einem Interview mit Peter von Zahn für das Buch "Profil der CDU", Hamburg 1975.
„Ja, wir haben regelmäßig Klassentreffen. Wenn ich mal mit der Schule beginnen darf, wir haben eine sehr enge und intensive Beziehung und Bindung. Eine ganze Reihe meiner Klassenkameraden sind in Übersee, wenn sie nach Deutschland kommen, kommen sie hierher. Aber ich habe auch einen festen Freundeskreis, der sich nicht auf politische Beziehungen stützt, sondern es sind Pfarrer dabei, Künstler - also Leute aus ganz anderen Bereichen -, und das pflege ich sicher zu wenig, weil ich zu wenig Zeit habe, aber ich habe den guten Willen.“
In einem Interview mit Hans Rosenthal im Südwestfunk-TV.
„Also ich falle nicht innerlich zusammen, wenn ich am Sonntag mal nicht in die Kirche gehe. Aber es ist mehr natürlich als eine Gewohnheit. Und ich muß Ihnen ganz offen sagen, da hat sich bei mir noch einiges entwickelt. Mich hat sehr stark das Kriegsende, da war ich fünfzehn, mit all den Erlebnissen, geprägt und ich hatte auch insofern keine großen Skrupel oder Zweifel, die mich von meiner Grundeinstellung abgebracht haben. Eine solche Krise habe ich in dieser Form, vielleicht Gott sei Dank, nicht erlebt. Aber die Entwicklung meines Lebens, die ungeheure Belastung, die sehr frühe Übernahme von Verantwortung für andere Menschen, die Notwendigkeit, Entscheidungen zu treffen und dann auch zu wissen, daß man sich bei Entscheidungen täuschen kann, daß man jemand weh tut, daß man jemand Unrecht tut, selbst wenn man es gar nicht will, aber aus der Leidenschaft heraus, etwa des politischen Kampfes, jemand Unrecht zu tun, und (...) die sehr persönliche Erfahrung der ganzen Heimsuchung mit dem Terrorismus: Ich habe erlebt, wie persönliche Freunde von mir Opfer des Terrorismus geworden sind, ich habe auch manche eigene Bedrängnis gehabt. Ich glaube, es ist eine große Hilfe, wenn man einen Punkt hat, an den man glauben kann. Und wenn man eben in die Kirche gehen kann und kann sich besinnen, auch auf sich selbst, dann kann man daraus Kraft gewinnen. Das muß man für sich persönlich suchen, das kann man nicht als Rezept billig an andere weitergeben. Aber ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Und für mich ist es in der Tat ein wichtiger Punkt, daß ich bei der ungeheuren Hast und was alles über mich die Woche einstürzt, die Möglichkeit habe, sozusagen selbst zu versuchen, zu mir selbst zu kommen.“
In einem Interview mit Hans Rosenthal im Südwestfunk-TV.
„Ich mache, was man hier zu sagen pflegt, gerne einen 'drauf'. Und zwar ganz ungeschützt, wo man nicht jedes Wort auf die Waage legt. Und da können ruhig Journalisten dabei sein, aber nicht solche, die über solche Bemerkungen ein Dossier anlegen, und in irgendeiner Postille liest man das ein Jahr später.“
In einem Interview mit Hans Rosenthal im Südwestfunk-TV.
„Ich habe eine ganz unglückliche Natur. Alles, was ich gerne esse, macht dick, und alles, was nicht dick macht, esse ich nicht so gerne. Sie haben also schon beispielsweise Süßigkeiten erwähnt. Bei einem richtigen guten Essen können Sie bei mir den Hauptgang streichen, aber die Vorspeise und die Nachspeise, das ist meines. Und wenn ich das noch angucke, habe ich schon das entsprechende Gewicht, und das ist ein Dauerkampf, ein Dauerelend, wenn Sie so wollen. Ich mache es immer so, daß ich einmal im Jahr abnehmen gehe, da trainiere ich was runter und dann geht der ganze Kampf für den Rest des Jahres.“
In einem Interview mit Hans Rosenthal im Südwestfunk-TV.
„Also, zunächst einmal ist es so, daß ich von - das sage ich ganz offen - von Natur aus, sehr desinteressiert bin, jedenfalls was meine eigene Kleidung betrifft. Ich habe aber ungeheure Schläge in der Öffentlichkeit bezogen, daß ich schlampig angezogen sei und nicht richtig und so weiter und so fort, und habe natürlich inzwischen die Erkenntnis gewonnen, daß ich so, wie ich da rumlaufen möchte, auch zu Hause rumlaufe, das das nicht geht - das eine geht nicht zum anderen. Das ist ein Preis, den man zahlen muß. Das mit den Maßanzügen hat einen ganz einfachen Grund: meine Proportionen sind halt nicht so, daß ich ohne weiteres von der Stange kaufen kann, also es ist nicht der Ehrgeiz, mit Maßanzügen rumzugehen, sondern das ist eben ein Punkt. Nun habe ich seit vielen Jahren in Berlin einen reizenden jungen Schneidermeister, und es macht mir auch Spaß, mit dem zusammen das zu machen.“
In einem Interview mit Hans Rosenthal im Südwestfunk-TV.