„Wenn wir Sie, meine Herren, heute nach Berlin eingeladen haben, um die speziellen Probleme der Stadt zu erörtern, so ist das vorwiegend aus vier Gründen geschehen:
Erstens: Die konjunkturellen und strukturellen Probleme, die sich unserer gesamten Volkswirtschaft stellen, verdichten sich in dieser Stadt auf engstem Raum.
Zweitens: Der Arbeitsplatzabbau in der gewerblichen Wirtschaft hat in Berlin ein bedrohliches Ausmaß angenommen. Drittens: Wir haben die Vermutung - sie mag falsch sein, und das wäre gut -, daß nicht wenigen in der deutschen Wirtschaft zu wenig ins Bewußtsein gedrungen ist, daß der Investitionsplatz Berlin über Rahmenbedingungen verfügt, mit denen es so leicht keine andere deutsche Stadt aufnehmen kann. Das gilt sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht - unter Berücksichtigung der Fördermaßnahmen von Bund und Stadt - als auch in kultureller Hinsicht.
Viertens: Berlin ist der Brennpunkt - wir haben gestern darüber gesprochen -, in dem sich die deutschen Interessen für die Welt sichtbar bündeln. Die Erhaltung und der Ausbau der Lebensfähigkeit der Stadt ist die nationale Aufgabe, und ich brauche nicht zu betonen, daß ich davon ausgehe, daß wir alle daran mitarbeiten wollen.“
Am 11. Dezember 1982 zur Eröffnung der Berliner Wirtschaftskonferenz im Reichstag
„Ich sehe in der heutigen Zeit die große Chance für uns gegeben, den freiheitlichen Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland und unsere Verfassungs-, Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung zu dem Modellstaat der Deutschen auszubauen. Ein Modell für das wiedervereinigte Deutschland, wann immer es die Chance für die Wiedervereinigung geben wird.“
Abgedruckt in: Helmut Kohl: Bundestagsreden und Zeitdokumente. Hg. von Horst Teltschik. Bonn 1978, S. XVI.
„Man kann eigentlich unser Land und seine Lage nur begreifen, wenn man am Reichstag steht und einem Gast aus fernen Landen oder aus der Nachbarschaft erläutert hat, wie das ist, wenn eine Stadt geteilt ist, wie das wäre, wenn Paris an der Seine oder London an der Themse geteilt wären, wie die Menschen reagieren würden, wenn diese Teilung durch die Familien geht. Deswegen ist es nicht nur wichtig, daß wir möglichst vielen Gästen in Berlin Gelegenheit geben, das auch zu erfassen und zu erleben, sondern daß wir selbst nie vergessen, daß die Präambel des Grundgesetzes nicht irgendein Text ist, sondern der Auftrag unserer Generation.“
Am 18. Oktober 1982 auf einem Empfang des Regierenden Bürgermeisters von Berlin im Schloß Charlottenburg.
„Als einer, der das Kriegsende mit 15 Jahren erlebte, hatte ich zunächst gar keine Chance, aus dem deutschen Südwesten hierher zu kommen. So war ich einige Wochen oder Monate nach der Währungsreform zum ersten Mal in Berlin. Das geschah mit einer von jenen Reisen der Jungen Union Deutschlands, deren Verstärkung ich mir auch heute wieder als Parteivorsitzender der CDU wünsche. Denn an meinem Beispiel und an dem Beispiel vieler aus meiner Generation kann ich stets wieder feststellen, daß jene, die von diesen Tagen nach der Währungsreform an immer wieder und regelmäßig nach Berlin gekommen sind, ganz selbstverständlich offen sind für die Probleme der Stadt, daß sie sensibel geblieben sind für ihre geschichtliche Entwicklung.“
Am 18. Oktober 1982 auf einem Empfang des Regierenden Bürgermeisters von Berlin im Schloß Charlottenburg.
„Zunächst einmal fehlt es der Bundesrepublik Deutschland, fehlt es den Deutschen, die in dieser Republik leben, an nationaler Identität. Nach dem Selbstverständnis des Grundgesetzes, das ein Provisorium auf dem Boden eines geteilten Landes mit dem Auftrag der Wiederherstellung der deutschen Einheit gründen wollte, konnte es nicht anders sein. Dieses Dilemma bei der Gründung der Bundesrepublik ist nicht zu überwinden. Es ist um so schwerer lösbar, als der Verzicht darauf, die Identität des Gemeinwesens mit Hilfe der Idee der Nation zu bestimmen, nicht nur von der Teilung des Landes erzwungen wurde, sondern auch eine Reaktion auf eine Vergangenheit war, in der der Nationalismus sich in entsetzliche Exzesse hineingesteigert hatte. Schien es da nicht vernünftig zu sein, sich das Bewußtsein nationaler Identität, erst recht das Bekenntnis zu nationaler Identität zu untersagen?
Was dieser Versuch bedeutet, ist erst zu ermessen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Idee der Nation seit der französischen Revolution zunächst für die Staaten des europäischen Kulturkreises und dann weit darüber hinaus zum eigentlich tragenden Prinzip der Integration des Gemeinwesens geworden und es bis heute geblieben ist. Und dies in der engsten Verknüpfung mit dem Demokratiegedanken - das Bekenntnis zur Nation und das Verlangen nach demokratischer Teilhabe am Ganzen sind ursprünglich eins.“
In einem Beitrag zu dem Buch "Union alternativ", Stuttgart 1976.
„Dieser zweite deutsche Staat wird je länger, desto mehr eine Herausforderung für uns darstellen. Gewiß, dieser Staat hat mit seinem Bemühen, seine Bürger an sich zu binden, einstweilen nur sehr bescheidene Erfolge gehabt. Aber er versteht sich als Träger einer historischen Mission. Dieses Selbstverständnis erlaubt und befiehlt es ihm, alles daranzusetzen, um die vollkommene Identifikation des einzelnen mit dem Ganzen zu erreichen. Die DDR konfrontiert uns mit einem neuen Alleinvertretungsanspruch, den sie historisch begründet und offensiv durchzusetzen versucht.
Für die Bundesrepublik Deutschland ist es deshalb lebenswichtig, sich auf die Dauer einer tiefer und fester gegründeten Loyalität ihrer Bürger zu versichern. Die Bundesrepublik Deutschland ist unter allen Versuchen der Staatsgründung in Deutschland in den letzten beiden Jahrhunderten der erfolgreichste. Erfolgreich in vielfältiger Weise, vor allem aber darin, daß die Deutschen den Idealen von einer freiheitlichen, gerechten und humanen Ordnung menschlichen Zusammenlebens noch nie so nahe gekommen sind und daß noch kein anderer deutscher Staat in der internationalen Politik eine aufs Ganze gesehen so glückliche Rolle gespielt hat wie die Bundesrepublik Deutschland.“
In einem Beitrag zu dem Buch "Union alternativ", Stuttgart 1976.
„Wenn man sieht, wie die DDR gegenüber den Aussagen von Publikationen der Bundesrepublik Deutschland reagiert, muß man sich die Frage stellen, wie schwach das Regime dort sein muß. Für uns ergibt sich die Frage: Was ist das für ein Regime, das auf eine Zeitungsveröffentlichung so reagiert und das gleichzeitig unverfroren unentwegt Spione in die Vorzimmer der Politik und der Macht der Bundesrepublik plaziert; ob es sich dabei um Guillaume oder um das Ehepaar Lutze handelt. Zum Inhalt des Manifests: Die Verfasser treten für einen theoretisch und politisch total reformierten Kommunismus ein. Dabei ist besonders bemerkenswert die sogenannte Abschaffung des demokratischen Zentralismus in Partei, Staat und Gesellschaft. Das sind Forderungen, wie sie sich bisher noch niemals im Bereich des sogenannten Eurokommunismus gezeigt haben. Das Manifest bestätigt die enorme Sprengkraft der nationalen Frage in der DDR. Es beweist einmal mehr die Realitätsblindheit und den völligen Mangel an Information - oder, was noch viel schlimmer wäre - das völlige Unvermögen der Bundesregierung, wie es etwa die Kanzleramtsstudie aus dem Jahre 1976 dokumentierte.
In dieser Studie heißt es wörtlich: 'Wir müssen auf lange Sicht mit dem Schlimmsten rechnen. Mit dem Aufbau einer aggressiven Feindschaft auf Dauer auch zwischen der Bevölkerung der beiden Teilstaaten und einer Verlagerung des Prinzips der Erbfeindschaft von der West- auf die Ostpresse.' Wenn man die Studie jetzt neben das Manifest legte - es wäre besonders dankenswert, wenn das in wichtigen deutschen Magazinen auch einmal geschehen würde -, dann könnte man unschwer erkennen, wie absolut unfähig die Verfasser dieser Studie in der Einschätzung der wirklichen psychologischen Situation und der Entwicklungen in beiden Teilen Deutschlands sind. Wir gehen davon aus, daß diese Studie einmal mehr deutlich macht, daß die CDU im Blick auf die Identität der einen deutschen Nation völlig richtig liegt und daß wir auf diesem Wege, der eine wesentliche Grundlage unserer Politik ist, fortschreiten müssen.“
Im Januar 1978 über das zur Jahreswende 1977/78 vom Magazin "Der Spiegel" veröffentlichte "Manifest der Opposition in der DDR".
„Es bedrückt uns als Deutsche aber besonders, daß auch nach Abschluß des Grundvertrages an der innerdeutschen Grenze immer wieder Flüchtlinge ums Leben gekommen sind, und daß die SED-Justiz immer noch mit politisch Andersdenkenden und politisch 'Unzuverlässigen' kurzen Prozeß macht, obwohl diese Menschen nichts anderes getan haben und tun, als von ihren unveräußerlichen Menschenrechten Gebrauch zu machen. (...) Das bisherige Verhalten der DDR ist mit den völkerrechtlich verbindlichen Bestimmungen der internationalen Menschenrechtspakte unvereinbar.
Umso notwendiger ist es, daß die Bundesregierung aus ihrer gesamtdeutschen Verantwortung heraus die Erfüllung dieser Verpflichtungen von der DDR einfordert.“
Im Dezember 1978 im "Deutschen Monatsblatt".
„Jede Deutschlandpolitik bleibt, wie seit 35 Jahren, eingebunden in den fortdauernden, durch die sowjetische Besetzung Afghanistans wieder verschärften Ost-West-Konflikt. Jede Änderung im Gleichgewicht zwischen Ost und West hat Änderungen auch im Verhältnis beider deutscher Staaten zur Folge. Zugleich kann das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur DDR auch die globalen Ost-West-Beziehungen beeinflussen. Wir Deutschen tragen hierfür eine besondere Verantwortung. Der andere Teil Deutschlands ist uns durch Geographie und Geschichte, durch Familienbande und Freundschaften nahe; als Staat, als Parteidiktatur, als Teil des sowjetischen Imperiums ist er uns fern. Die Menschen in Leipzig, Dresden und Weimar gehören zu Deutschland genauso wie wir hier in Mannheim, in Frankfurt, in Hamburg zu Deutschland gehören; für uns gibt es nur eine deutsche Nation.“
Am 9. März 1981 auf dem Bundesparteitag der CDU in Mannheim.
„Deutschland ist durch seine geographische Lage und sein wirtschaftliches Gewicht ein Kernstück Europas. Die Freiheit in Europa ist ohne Deutschland nicht aufrechtzuerhalten. Ein neutralistisches Deutschland wäre nur so lange ein freies Deutschland, wie dies der Sowjetführung gefällt. Die deutsche Frage ist nicht auf alle Zeit aufgeschoben. Wir resignieren nicht. Wir finden uns nicht mit dieser Teilung ab. Entscheidend ist auch in diesem Betracht, daß die Bundesrepublik Deutschland ein Teil des Westens bleibt, daß sie für die Leistungsfähigkeit der politischen Kultur der Freiheit einsteht, daß sie im Bündnis bleibt. Dann gilt der Satz: Die sozialistische Parteidiktatur ist nicht das letzte Wort der Geschichte für die Menschen zwischen Elbe und Oder. Für die Union ergeben sich daraus klare Aufgaben für die Zukunft:
Erstens. Wir dürfen die deutsche Frage nicht als abgeschlossen ansehen. Wir müssen auf den Weiterbau der Vereinigten Staaten von Europa dringen, trotz wachsender Schwierigkeiten, und wir wollen Verständigung mit dem Osten. Wir wollen Vertrauen herstellen, wir wollen Zusammenarbeit auf vielen Feldern der Politik. Wir denken stets daran, daß die deutsche Frage nicht im nationalen Alleingang lösbar ist, sondern als Teil einer europäischen Friedensordnung, die alle Europäer als ihre eigene Sache, auch als die Sache der deutschen und europäischen Menschenrechte begreifen müssen.
Zweitens. Wir müssen die Arbeit für den Frieden fortführen, mit Unerschrockenheit und mit der Bereitschaft zu langen schwierigen Verhandlungen. Dabei geht es nicht um Antiamerikanismus oder um Amerikanismus, sondern es geht um die wohlverstandenen Lebensinteressen der Deutschen in der Mitte Europas. Wir brauchen dabei Verständnis für die überzeugten Pazifisten. Den Verstand aber brauchen wir für das unverzichtbare Prinzip des Gleichgewichtes.“
Am 3. November 1981 auf dem Bundesparteitag der CDU in Hamburg.
„Der Auftrag der Präambel unseres Grundgesetzes, die Einheit und Freiheit unseres Volkes zu vollenden, wird über schwierige Zeiten hinweg nur dann zu erfüllen sein, wenn wir uns alle in die Kontinuität unserer ganzen Geschichte stellen. Nur so werden wir erreichen, daß auch in unseren Kindern und Enkeln jenseits und diesseits der Mauer ein Gefühl der Verbundenheit, ja des Stolzes erhalten bleibt, als Deutsche gemeinsam Erben unserer politischen Geschichte und unserer kulturellen Tradition zu sein.“
Am 9. September 1982 im Deutschen Bundestag.
„Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl sind und können nicht das letzte Wort zwischen Ost und West sein, in Deutschland, in Europa und in der Welt. Menschlichkeit und Vernunft weigern sich, dies hinzunehmen.
Gedanken sind frei, und Menschen müssen von Deutschland nach Deutschland gehen können ohne Todesgefahr. Der Wille des Grundgesetzes hat in die vertraglichen Abmachungen mit unseren westlichen Freunden, aber auch in die Verträge mit den östlichen Nachbarn Eingang gefunden. Wir respektieren die Rechte und die Verantwortlichkeit der vier Mächte in Bezug auf Deutschland als Ganzes und auf Berlin. Die drei Westmächte unterstützen unsere Deutschlandpolitik. Mit dem Osten ist ein Modus vivendi vereinbart. Wir stehen zu diesen Verträgen, und wir werden sie nutzen als Instrumente aktiver Friedenspolitik.“
Am 13. Oktober 1982 in seiner ersten Regierungserklärung.
„Ich finde, es ist hohe Zeit, daß wir wieder beginnen - und das will ich heute sozusagen an den Anfang setzen -, für Berlin zu demonstrieren. Es sollten möglichst viele unserer Landsleute überall in deutschen Landen, in der Prestigegesellschaft, in der wir leben, es als Notwendigkeit empfinden, in Berlin gewesen zu sein. Sie sollten hier ein Stück mitnehmen von deutscher Geschichte und von deutscher Wirklichkeit. Und deutsche Wirklichkeit, das heißt natürlich jetzt in dieser Zeit in Berlin auch: Ausländerproblem, Arbeitslosigkeit, schwierige wirtschaftliche Verhältnisse und Zeiten.“
Am 18. Oktober 1982 auf einem Empfang des Regierenden Bürgermeisters von Berlin im Schloß Charlottenburg.
„Meine Grundvoraussetzung für alles Denken im Blick auf den anderen Teil Deutschlands, auf die DDR, geht von der Präambel des Grundgesetzes aus. Das ist für mich nicht irgendein Text, das ist die zentrale Aussage deutscher Politik: Daß wir an der Einheit unserer Nation, an der Einheit unseres Volkes festhalten, daß wir natürlich wissen, daß es in dieser jetzigen geschichtlichen Situation keine Chance für eine konkrete Änderung gibt. Das kann Generationen dauern. Aber ich möchte, daß unser Volk den langen Atem auf diesem Weg deutscher Geschichte aufbringt. Und das heißt: Wir wollen möglichst viele Menschen aus beiden Teilen Deutschlands zusammenbringen, wir wollen keine Politik der Abschottung betreiben.“
Am 3. November 1982 in einem Interview mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen.
„Liebe Freunde, liebe Landsleute, die Sie über Tausende von Kilometern aus der Sowjetunion zu uns gekommen sind, um hier bei uns eine neue Heimat zu finden; Landsleute, die Sie aus Polen gekommen sind, nachdem Sie fünf, zehn, fünfzehn Jahre darauf gewartet haben, den Boden der Bundesrepublik Deutschland zu betreten. Wir haben uns heute Vormittag hier zusammengefunden, um gemeinsam Advent zu feiern. Advent - das heißt für uns vorweihnachtliche Zeit. Das heißt für uns Christen warten auf den Herrn. Das heißt Verheißung, Hoffnung und Zuversicht.
Das alles, so finde ich, paßt gut in diese Stunde, weil sich in diesem Raum ein Stück Schicksal unseres Volkes bündelt. Der Aussiedler, mit dem ich gerade sprach, Jahrgang 1910, hat mit seiner Familie in seinem Leben einen weiten Weg machen müssen: vom Donez-Becken nach Sibirien und von dort jetzt hierher. Ein Schicksal, das für viele Zehntausende und Hunderttausende stehen mag, ein Schicksal, das uns, die wir das Glück hatten und haben - und die wenigsten von uns auf Grund eigenen Verdienstes -, unser ganzes Leben oder den größeren Teil unseres Lebens in einem freien Land, in der Bundesrepublik Deutschland, verbringen zu dürfen, nachdenklich stimmen muß. Ich habe mir in der letzten Stunde gewünscht, bei all den Sorgen, die wir auch in der Bundesrepublik haben, daß man diese Gespräche hätte übertragen können. Dann wäre mancher hierzulande in den Ansprüchen und in den Dimensionen seines Denkens vielleicht bescheidener geworden. Wir werden die Aussiedler, die jetzt neu hierhergekommen sind, beschenken. Aber ich füge hinzu: Sie beschenken uns auch. Sie beschenken uns dadurch, daß sie ein Signal der Hoffnung in sich tragen, daß sie nicht aufgegeben haben, daß sie über ein Jahrzehnt, zum Teil über Jahrzehnte hindurch das Ziel vor Augen hatten und als unverrückbares Ziel vor Augen behielten: in die alte Heimat, in ihr Vaterland zurückkehren zu wollen.“
Am 10. Dezember 1982 bei einem Besuch im Grenzdurchgangslager Friedland vor Aussiedlern aus dem Osten.
„Das Ja zur Einheit der deutschen Nation ist für mich ganz selbstverständlich immer auch das Ja zu der großen Fähigkeit und Herausforderung, zäh und unverdrossen dafür einzutreten, daß wir uns in Deutschland nicht auseinanderleben. Generalsekretär Honecker hat das Interesse der DDR an der Weiterentwicklung der Beziehungen und an gutnachbarschaftlichen Beziehungen mehrmals betont. Der Grundlagenvertrag, dessen Unterzeichnung in diesen Tagen zehn Jahre zurückliegt, ist, wie Herr Honecker sagte, die 'Säule der Beziehungen'. Ich kann das nur begrüßen. Auch wenn nach diesem Vertrag viele grundsätzliche Fragen zwischen uns und der DDR offengeblieben sind, so bietet dieser Vertrag doch eine Chance und die Grundlage dafür, in den praktischen Fragen weiterzukommen.“
Am 11. Dezember 1982 zur Eröffnung der Berliner Wirtschaftskonferenz im Reichstag.
„Unsere Deutschlandpolitik verfolgt zwei grundlegende Ziele, die zugleich Aufforderung zum politischen Handeln sind:
- die deutsche Teilung auf friedlichem Weg durch einen Prozeß der Verständigung und in Freiheit zu überwinden und
- die Folgen der Teilung für die Menschen in Deutschland erträglicher zu gestalten.
Die Regierung der Mitte hat unmißverständlich klargestellt, daß sie beide Zielsetzungen gleichermaßen als verbindlich ansieht. Für uns bleibt Deutschlandpolitik über die deutsch-deutschen Beziehungen hinaus immer die Frage nach der Einheit der deutschen Nation. Über diese Frage hat die Geschichte natürlich nicht das letzte Wort gesprochen. Sie ist und bleibt weiterhin offen, bis das deutsche Volk sein Selbstbestimmungsrecht frei ausgeübt hat.
Wir wissen, daß die Teilung Deutschlands in absehbarer Zeit nicht überwunden werden kann; aber wir weigern uns, diese Teilung als endgültig hinzunehmen. Wer dies tut, wer die gegenwärtige Lage in Deutschland - und damit auch in Europa - sozusagen in die Zukunft hinein verlängert, der beweist nicht nur politischen Kleinmut, sondern auch geschichtsloses Denken, und er dient nicht dem Frieden.“
Am 14. Dezember 1982 im Deutschen Bundestag.
„Die Berliner haben es nicht verschuldet, daß sie Auswirkungen deutscher Geschichte voll durchleiden müssen, daß für sie die Teilung ihrer Stadt und die Teilung des Vaterlandes mit allen Folgen und Konsequenzen zu ertragen ist. Niemand von uns, in keiner einzigen Stadt, in keinem einzigen Dorf der Bundesrepublik Deutschland, hat das Recht zu sagen: Mich geht das nichts an. Denn in Berlin entscheidet sich das Schicksal der Deutschen in Frieden und Freiheit.“
Am 18. Oktober 1982 auf einem Empfang des Regierenden Bürgermeisters von Berlin im Schloß Charlottenburg.
„Ich glaube, man sollte auch stärker betonen, wie sehr Berlin immer eine europäische Stadt war, eine europäische Kapitale. Wir haben vorhin hier im Schloß die Entwürfe der Porzellanmanufaktur vergangener Zeiten betrachtet. Da war von Petersburg bis London, von Lyon und Dijon bis nach Paris und Antwerpen alles von dieser großen europäischen Gesellschaft vergangener und untergegangener Zeiten selbstverständlich präsent. Berlin als europäische Kapitale und europäische Stadt hat natürlich heute noch seinen selbstverständlichen Rang und Platz. Und das alles fügt sich für mich zu der Chance zusammen, in Berlin zu erfahren, daß wir an den Dimensionen, die in dieser Stadt historisch festgelegt sind, vor der Geschichte des eigenen Volkes und im geschichtlichen Rückblick durch spätere Generationen unserer Kinder oder Kindeskinder gewogen werden, und daß wir uns hier ganz einfach in einer kritischen Zeit dem Maß und den Maßstäben der Geschichte zu stellen haben.“
Am 18. Oktober 1982 auf einem Empfang des Regierenden Bürgermeisters von Berlin im Schloß Charlottenburg.
„Niemand kann heute absehen, wie sich der Prozeß der Annäherung zwischen den beiden Staaten in Deutschland entwickeln wird. Daß aber die Einheit kommen wird, wenn die Menschen in Deutschland sie wollen, dessen bin ich sicher. Unser politisches Ziel bleibt - wie Konrad Adenauer es einmal formuliert hat -, ‚in einem freien und geeinten Europa ein freies und geeintes Deutschland‘. Wir nähern uns dem Ende eines Jahrhunderts, das so unendlich viel Leid und Elend sah. Im vor uns liegenden letzten Jahrzehnt haben wir die Chance, in einem Werk des Friedens den Menschen eine bessere Zukunft zu eröffnen. Nutzen wir sie, damit Frieden und Freiheit in Europa auf Dauer erhalten bleiben und damit das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung zur Einheit finden kann.“
WELT am SONNTAG, "Die Einheit wird kommen", 31. Dezember 1989.
„Nur wer die Ursachen der Teilung begreift, kann auch die Kraft finden, den historischen Auftrag anzunehmen, beim Ziel eines geeinten und freien Deutschland in einem geeinten und freien Europa mitzuwirken. Die Einheit Europas, aber auch die Einheit der deutschen Nation soll und muß sich zuerst in der Freiheit ihrer Menschen erfüllen. Wir haben nicht das Recht, den Anspruch auf Selbstbestimmung für alle Deutschen - den Auftrag der Präambel unseres Grundgesetzes einfach aufzugeben. Deshalb kommt eine Ausbürgerung unserer Landsleute durch die Anerkennung einer eigenen Staatsbürgerschaft der DDR ebenso wenig in Frage wie eine Änderung der Präambel des Grundgesetzes.
Diese Klarheit in den Grundsätzen bildet das Fundament der Deutschlandpolitik der von mir geführten Bundesregierung. Und daraus ergeben sich auch die Richtung und das Ziel unserer Politik. (...) Mit der Teilung Berlins, Deutschlands und Europas, mit Unfreiheit und Diktatur, mit Mauer und Stacheldraht werden wir uns niemals abfinden. Wir lassen nicht ab von der Einheit der Nation und dem Ziel aller Deutschen, wie es der Text des Liedes der Deutschen sagt: daß wir gemeinsam nach Einigkeit und Recht und Freiheit streben wollen.“
Ansprache im Berliner Reichstag, 13. August 1986 (Zum 13. August 1961).
„Das gemeinsame Erbe unserer Nation pflegen, die Anziehungskraft Berlins stärken und nach Freiheit für alle Deutschen streben - das ist Politik für Deutschland.
Uns leitet der Verfassungsauftrag, in einem vereinten Europa in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Wir halten fest an der Präambel unseres Grundgesetzes.
Die Einheit der Nation soll und muß sich zuerst in der Freiheit ihrer Menschen erfüllen. Diese Einheit gründet nicht zuletzt in der gemeinsamen Geschichte. Wir bekennen uns zur ganzen deutschen Geschichte mit ihren Höhen und ihren Tiefen. Für jedes Volk ist Geschichte Quelle der Selbstvergewisserung. Deshalb ist die Pflege von Kultur und Geschichte auch eine nationale Zukunftsaufgabe. (...) Wir halten fest an der Einheit unserer Nation. Auch vier Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist die deutsche Frage rechtlich, politisch und geschichtlich offen. Die deutsche Nation besteht fort, getragen durch das Bewußtsein der Deutschen in West und Ost. Sie schöpft ihre Kraft aus der gemeinsamen Geschichte, der gemeinsamen Kultur und aus der gemeinsamen Verantwortung der Deutschen für die Zukunft. Wir werden alles tun, das Bewußtsein für die Einheit der Nation lebendig zu halten, das Gemeinsame zu bewahren, das die Menschen in beiden Teilen Deutschlands verbindet.
Unser Ziel bleibt: Freiheit und Einheit für alle Deutschen. Alle rechtlichen und politischen Grundlagen, die ich in meiner Regierungserklärung vom 4. Mai 1983 und in den folgenden Berichten zur Lage der Nation im geteilten Deutschland genannt habe, sind auch in Zukunft selbstverständlich bindend.
Die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die wir heute in Europa erleben, gehen nicht an Deutschland vorbei. Das Interesse an der Überwindung der Teilung unseres Kontinents wächst. Auf beiden Seiten wollen gerade junge Menschen frei miteinander umgehen können. Zugleich müssen wir uns aber bewußt bleiben, daß das deutsche Schicksal eingebunden ist in das gesamte Ost-West-Verhältnis. Der Wunsch, die Teilung Europas zu überwinden, entspricht dem Willen der Deutschen, Einheit in Freiheit zu vollenden. Manche meinen, unser nationales Problem könne unabhängig vom West-Ost-Konflikt gelöst werden. Solchen Illusionen - ob von rechts oder links - müssen wir entschieden entgegentreten. Es gibt keinen deutschen Sonderweg!
Die Deutschen werden nur zusammenkommen können, wenn der Ost-West-Gegensatz in einer dauerhaften, übergreifenden europäischen Friedensordnung aufgehoben wird, in der die Menschenrechte tatsächlich verwirklicht sind, wie sie in der KSZE-Schlußakte vereinbart wurden. Bis die Teilung überwunden werden kann, ist es unsere Pflicht zu versuchen, Schritt für Schritt Erleichterungen für die Menschen zu erreichen. (...) Wir werden uns niemals mit Mauer und Schießbefehl und Stacheldraht abfinden!
Wir werden uns nichts abhandeln lassen, was die Grundsätze unserer Verfassung berühren würde oder unser Ziel gefährdet, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. So werden wir unverändert am Fortbestand der einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit festhalten.“
Regierungserklärung, 18. März 1987.
„Die Bundesregierung hält fest an der Einheit der Nation, und wir wollen, daß alle Deutschen in gemeinsamer Freiheit zueinander finden können. Diese Haltung hat im Grundlagenvertrag und im Brief zur deutschen Einheit ihren Niederschlag gefunden. Wir haben uns darin zugleich erneut zum Gewaltverzicht bekannt, der ein zentrales Element der Politik der Bundesrepublik Deutschland seit ihrer Gründung gewesen ist und bleiben wird. Wir achten die bestehenden Grenzen, aber die Teilung wollen wir auf friedlichem Weg durch einen Prozeß der Verständigung überwinden.“
Erklärung zur Eröffnung der Gespräche mit Generalsekretär Erich Honecker bei der ersten Delegationssitzung in Bonn, 7. September 1987.
„Das Bewußtsein für die Einheit der Nation ist wach wie eh und je, und ungebrochen ist der Wille, sie zu bewahren. Diese Einheit findet Ausdruck in gemeinsamer Sprache, im gemeinsamen kulturellen Erbe, in einer langen, fortdauernden gemeinsamen Geschichte. So tut sich heute mancher schwer mit seinen Empfindungen und mit der Überlegung, wie sich dieses Treffen in die Kontinuität deutscher Geschichte einfüge. Unser Zusammentreffen in Bonn ist aber weder Schlußstrich noch Neubeginn. Es ist ein Schritt auf dem Weg einer schon lange währenden Entwicklung. Sie ist gekennzeichnet durch das Bemühen um ein geregeltes Miteinander. (...)
An den unterschiedlichen Auffassungen der beiden Staaten zu grundsätzlichen Fragen, darunter zur nationalen Frage, kann und wird dieser Besuch nichts ändern. Für die Bundesregierung wiederhole ich: Die Präambel unseres Grundgesetzes steht nicht zur Disposition, weil sie unserer Überzeugung entspricht. Sie will das vereinte Europa, und sie fordert das gesamte deutsche Volk auf, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Das ist unser Ziel. Wir stehen zu diesem Verfassungsauftrag, und wir haben keinen Zweifel, daß dies dem Wunsch und Willen, ja der Sehnsucht der Menschen in Deutschland entspricht. Dieses Bestreben steht im Einklang mit dem Grundlagenvertrag und dem Brief zur deutschen Einheit. Wir haben dort auch den Gewaltverzicht bekräftigt. Auch dieser ist nicht allein Verfassungsgebot, sondern zentraler Bestandteil der Politik der Bundesrepublik Deutschland von Anfang an. Krieg und Gewalt dürfen nie wieder Mittel deutscher Politik sein.
Wir achten die bestehenden Grenzen, doch die Teilung wollen wir überwinden: auf dem Weg friedlicher Verständigung und in Freiheit. Die deutsche Frage bleibt offen, doch ihre Lösung steht zur Zeit nicht auf der Tagesordnung der Weltgeschichte, und wir werden dazu auch das Verständnis unserer Nachbarn brauchen.
Die Menschen in Deutschland leiden unter der Trennung. Sie leiden an einer Mauer, die ihnen buchstäblich im Wege steht und die sie abstößt. Wenn wir abbauen, was Menschen trennt, tragen wir dem unüberhörbaren Verlangen der Deutschen Rechnung: Sie wollen zueinander kommen können, weil sie zusammengehören.“
Rede bei einem Abendessen zu Ehren von Generalsekretär Erich Honecker in der Redoute in Bonn-Bad Godesberg, 7. September 1987.
„Die Einheit der Nation soll und muß sich zuallererst in der Freiheit ihrer Menschen erfüllen. Das Grundgesetz fordert das gesamte deutsche Volk auf, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. An diesem Auftrag halten wir selbstverständlich fest, weil er unserer Überzeugung, weil er dem Wunsch und Willen der Menschen in Deutschland entspricht. Dabei ist Freiheit Bedingung der Einheit; sie kann nicht ihr Preis sein. Das Verlangen nach Freiheit und Selbstbestimmung ist unzerstörbar. Es verbindet die deutsche Nation mit allen Völkern Europas und der Welt. Denn es ist Teil der menschlichen Natur.
(...) Unsere Deutschlandpolitik ist Bekenntnis zur Kontinuität unserer langen, wechselvollen und eben auch fortdauernden Geschichte. Wir haben die Zuversicht, daß die deutsche Frage, wann immer dies sein wird, wieder auf die Tagesordnung der Weltgeschichte kommen wird. Die deutsche Frage bleibt historisch, aber auch rechtlich und politisch offen. (...) Wir achten die bestehenden Grenzen, aber die Teilung Deutschlands und Europas wollen wir überwinden: auf dem Weg friedlicher Verständigung und in Freiheit sowie im Einvernehmen mit allen unseren Nachbarn.
(...) Mit den Pariser Verträgen haben wir unser Bekenntnis zur Gemeinschaft des Westens auf Dauer festgeschrieben. Umgekehrt haben sich aber auch die drei Mächte, unsere wichtigsten Bündnispartner, auf das Ziel der Einheit Deutschlands in Freiheit verpflichtet. Diese wechselseitige Solidarität ist die Frucht geschichtlicher Erfahrung und eines gemeinsamen Werteverständnisses, aber auch ein Gebot wohlverstandenen Eigeninteresses aller beteiligten Partner. Wer die deutsche Frage wie ein lästiges Problem beiseiteschieben will, der muß wissen: Es stehen andere bereit, sich dieses Themas zu bemächtigen - zu Lasten westlicher Interessen, zu Lasten von Freiheit und Selbstbestimmung. (...) Selbstbestimmung und zukunftsweisende Weiterentwicklung gehören zusammen. Das ist unsere Vision für ein geeintes, ein freies und friedliches Europa, in dem auch wir Deutschen in Freiheit vereint sein können.“
Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation im geteilten Deutschland, 15. Oktober 1987.
„Es geht uns (...) immer auch um die Schärfung des Bewußtseins für die Einheit der Nation. Wir finden uns mit der Teilung unseres Vaterlandes nicht ab. Wer dies behauptet, hat nicht begriffen, daß eine verantwortungsvolle Deutschlandpolitik immer zwei Ziele gleichzeitig im Auge behalten muß: die Teilung zu überwinden und bis dahin den Zusammenhalt der Nation zu bewahren.
(...) Solange der Gegensatz von Freiheit und Unfreiheit die Überwindung der Teilung Europas und damit Deutschlands verhindert, ist es unsere Aufgabe, das heute Mögliche und Verantwortbare zu tun, um den Ost-West-Konflikt in Deutschland und in Europa zu mildern und auf seine Überwindung hinzuwirken. (...) Wir halten insbesondere fest am Auftrag des Grundgesetzes, ‚in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden‘. Dieser Auftrag verpflichtet und berechtigt uns, Freiheit und Selbstbestimmung für alle Deutschen einzufordern. Er entspricht dem Wunsch und dem Willen, ja der Sehnsucht der Menschen in unserem geteilten Vaterland. Niemand kann von den Deutschen verlangen, ihr Selbstbestimmungsrecht aufzugeben. Wir streben die Einheit um der Freiheit der Menschen willen an. Deshalb kann die Freiheit auch niemals der Preis der Einheit sein. (...) Mauer und Stacheldraht werden nicht auf Dauer Bestand haben. Denn sie stehen gegen jene historische Grundströmung, die weite Teile Europas schon seit langem erfaßt hat und die jetzt auch im östlichen Teil unseres Kontinents auf Umgestaltung drängt.
(...) Die europäische Dimension der deutschen Frage bedeutet für uns nicht die Schein-Alternative: nationale Einheit der Deutschen oder europäische Einigung. Das Grundgesetz verpflichtet uns vielmehr auf beides: auf die Einheit Deutschlands und auf ein vereintes Europa. Wir streben beide Ziele an. Für uns liegt die Zukunft Deutschlands in einer übergreifenden Friedensordnung, die die Menschen und Völker unseres Kontinents in gemeinsamer Freiheit zusammenführt.“
Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation im geteilten Deutschland, 1. Dezember 1988.
„Was sich auf unserem alten Kontinent entwickelt, schlägt Menschen weltweit in den Bann. Soziale Marktwirtschaft (...) findet heute selbst in den sozialistisch-kommunistischen Staaten wachsende Zustimmung. Die freiheitlichen Ideen von Ludwig Erhard verdrängen mehr und mehr die alte Ideologie von Karl Marx. Bei unseren Nachbarn im Osten und Südosten bricht sich der Wille nach Menschenrechten, nach mehr Freiheit Bahn. Welches Volk könnte an diesem Fortschritt stärkeres Interesse haben als das unsere? Das Zerbröckeln jahrzehntelanger Verkrustungen in Europa schafft neue Hoffnung für die Einheit unseres Vaterlandes.
Ich beklage, daß Teile der Opposition den jetzt bestehenden Zustand festschreiben möchten und sich in Wahrheit längst von der Präambel unseres Grundgesetzes verabschiedet haben. Spätere Generationen werden dies unbegreiflich finden. Ich sage für mich, ich sage für die Bundesregierung und die Koalition: Unser Ziel bleibt ein freies und geeintes Deutschland in einem freien und geeinten Europa.“
Regierungserklärung "Arbeitsprogramm der Bundesregierung -Perspektiven für die neunziger Jahre", 27. April 1989.
„Es geht um Deutschland, es geht um Einigkeit und Recht und Freiheit. Es lebe ein freies deutsches Vaterland! Es lebe ein freies, einiges Europa!“
Rede auf der Kundgebung vor dem Schöneberger Rathaus, Berlin, 10. November 1989.
„Die Deutschen, die jetzt im Geist der Freiheit wieder zusammenfinden, werden niemals eine Bedrohung sein, dafür aber umso mehr ein Gewinn für die Einheit Europas.
Auch um diese Einheit geht es jetzt bei den Ereignissen in der DDR. Die Teilung Deutschlands war seit jeher sichtbarer und besonders schmerzlicher Ausdruck der Teilung Europas. Umgekehrt wird sich auch die Einheit Deutschlands nur vollenden können, wenn die Einigung unseres alten Kontinents voranschreitet. Deutschlandpolitik und Europapolitik lassen sich in keiner Weise voneinander trennen: Sie sind wie zwei Seiten derselben Medaille. Das Recht aller Deutschen auf Selbstbestimmung ist noch nicht verwirklicht. Dieses Recht steht den Deutschen in der DDR ebenso selbstverständlich zu wie den Deutschen in der Bundesrepublik.
Freiheit war, ist und bleibt der Kern der deutschen Frage. Das heißt vor allem: Die Menschen in der DDR müssen selbst entscheiden können, welchen Weg in die Zukunft sie gehen wollen. Sie haben dabei keine Belehrungen nötig - von welcher Seite auch immer. Sie wissen selbst am besten, was sie wollen. Das gilt auch für die deutsche Einheit, die Frage der Wiedervereinigung. Jeder - in Europa und in der Bundesrepublik Deutschland - wird die Entscheidung respektieren müssen, die die Menschen in der DDR in freier Selbstbestimmung treffen.
Dies entbindet uns nicht von der Pflicht, klar zu sagen, was wir in der Bundesrepublik Deutschland wollen. Die Bundesregierung hält fest an dem Ziel, wie es Konrad Adenauer einmal formuliert hat: in einem freien und geeinten Europa ein freies und geeintes Deutschland. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet zu beidem: Es fordert das deutsche Volk auf, ‚in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden‘, und es bekundet den Willen des deutschen Volkes, ‚in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen‘. Beides gehört zusammen, dies ist kein Gegensatz, es ist als gemeinsamer Auftrag für die Zukunft der Deutschen zu verstehen.“
Erklärung in einer Sondersitzung des Europäischen Parlaments in Straßburg im Rahmen der Aussprache "über die Ereignisse in Mittel- und Osteuropa sowie über deren Auswirkungen auf die Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft", 22. November 1989.
„Ministerpräsident Modrow hat in seiner Regierungserklärung von einer Vertragsgemeinschaft gesprochen. Wir sind bereit, diesen Gedanken aufzugreifen. Denn die Nähe und der besondere Charakter der Beziehungen zwischen den beiden Staaten Deutschlands erfordern ein immer dichteres Netz von Vereinbarungen in allen Bereichen und auf allen Ebenen.
Diese Zusammenarbeit wird zunehmend auch gemeinsame Institutionen erfordern. Bereits bestehende Kommissionen könnten neue Aufgaben erhalten, weitere könnten gebildet werden. Ich denke dabei insbesondere an die Bereiche Wirtschaft, Verkehr, Umweltschutz, Wissenschaft und Technik, Gesundheit und Kultur.
Ich brauche nicht zu betonen, daß bei all dem, was jetzt zu geschehen hat, für uns Berlin voll einbezogen bleiben muß. Das war, ist und bleibt unsere Politik. (...) Wir sind aber auch bereit, noch einen entscheidenden Schritt weiterzugehen, nämlich konföderative Strukturen zwischen beiden Staaten in Deutschland zu entwickeln mit dem Ziel, eine Föderation, daß heißt eine bundesstaatliche Ordnung, in Deutschland zu schaffen. Das setzt aber eine demokratisch legitimierte Regierung in der DDR zwingend voraus.
Dabei könnten wir uns nach schon bald freien Wahlen folgende Institutionen vorstellen:
einen gemeinsamen Regierungsausschuß zur ständigen Konsultation und politischen Abstimmung,
gemeinsame Fachausschüsse,
ein gemeinsames parlamentarisches Gremium
und manches andere mehr angesichts einer völlig neuen Entwicklung.
Die bisherige Politik gegenüber der DDR mußte sich angesichts der Verhältnisse im Wesentlichen auf kleine Schritte beschränken, mit denen wir vor allem versuchen, die Folgen der Teilung für die Menschen zu mildern und das Bewußtsein für die Einheit der Nation wachzuhalten und zu schärfen. Wenn uns künftig eine demokratisch legitimierte, das heißt frei gewählte Regierung als Partner gegenübersteht, eröffnen sich völlig neue Perspektiven.
Stufenweise können neue Formen institutioneller Zusammenarbeit entstehen und ausgeweitet werden. (...) Ein solches Zusammenwachsen liegt in der Kontinuität der deutschen Geschichte. Staatliche Organisation in Deutschland hieß in unserer Geschichte fast immer auch Konföderation und Föderation. Wir können doch auf diese historischen Erfahrungen zurückgreifen. Wie ein wiedervereinigtes Deutschland schließlich aussehen wird, das weiß heute niemand. Daß aber die Einheit kommen wird, wenn die Menschen in Deutschland sie wollen, dessen bin ich sicher. (...) Die Wiedervereinigung, das heißt die Wiedergewinnung der staatlichen Einheit Deutschlands, bleibt das politische Ziel der Bundesregierung.“
Rede vor dem Deutschen Bundestag anläßlich der zweiten Beratung des Haushaltsgesetzes 1990, "Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas", 28. November 1989.
„Es ist eine Demonstration für Demokratie, für Frieden, für Freiheit und für die Selbstbestimmung unseres Volkes. Und, liebe Freunde, Selbstbestimmung heißt für uns - auch in der Bundesrepublik -, daß wir Ihre Meinung respektieren. Wir wollen und wir werden niemanden bevormunden. Wir respektieren das, was Sie entscheiden für die Zukunft des Landes. (...) Und auch das lassen Sie mich hier auf diesem traditionsreichen Platz sagen: Mein Ziel bleibt - wenn die geschichtliche Stunde es zuläßt - die Einheit unserer Nation. (...) Das ‚Haus Deutschland‘ - unser gemeinsames Haus - muß unter einem europäischen Dach gebaut werden. Das muß das Ziel unserer Politik sein.
(...) Jetzt kommt es darauf an, daß wir diesen Weg in der Zeit, die vor uns liegt, friedlich, mit Geduld, mit Augenmaß und gemeinsam mit unseren Nachbarn weitergehen. Für dieses Ziel lassen Sie uns gemeinsam arbeiten, lassen Sie uns einander in solidarischer Gesinnung helfen. Ich grüße hier von Dresden aus alle unsere Landsleute in der DDR und in der Bundesrepublik Deutschland. Ich wünsche Ihnen und uns allen ein friedvolles Weihnachtsfest, ein glückliches Jahr 1990.
Gott segne unser deutsches Vaterland!“
Rede auf der Kundgebung vor der Frauenkirche in Dresden, 19. Dezember 1989.
„Die Toten des 17. Juni 1953 und die Toten an Mauer und Stacheldraht mahnen uns an unsere nationale Sorgepflicht, an unsere Pflicht, Sachwalter aller Deutschen zu sein.
Die Deutschen jenseits von Mauer und Stacheldraht schauen auf uns und hoffen auf uns. Sie bauen darauf, daß wir, die wir das Glück haben, in Freiheit leben zu können, vor täglich und tausendfach mißachtetem Bürgerrecht nicht die Augen verschließen. Und sie erwarten, daß wir die Stimmen derer, die im anderen Teil unseres Vaterlandes, in der Sowjetunion, in Polen oder in der Tschechoslowakei für sich und ihre Mitbürger die Menschenrechte fordern, nicht ungehört verhallen lassen.
Demokraten sind dazu da, für die Menschenrechte einzustehen - wann und wo immer sie verletzt oder mißachtet werden. Unrecht und Unterdrückung mit Schweigen zu übergehen oder zu bemänteln, ist eines Demokraten unwürdig, Denn die Politik eines jeden Staates mit freiheitlich-demokratischer Grundordnung ruht auf moralischen Fundamenten. Und kein demokratischer Staat darf diese moralischen Fundamente leugnen oder verschweigen, wenn er nicht unglaubwürdig werden will. (...)
Entspannung und Menschenrechte sind nicht voneinander zu trennen. Wir wehren uns gegen die immer wieder zu beobachtenden Vorstöße der Regierungen in Moskau, Ost-Berlin und Prag, die Entspannungspolitik gegen die Forderung nach Verwirklichung der Menschenrechte auszuspielen. Wir wären schlechte Verwalter des politischen Erbes, das uns Konrad Adenauer hinterlassen hat, wenn wir nicht ständig bestrebt wären, Entspannung zwischen Ost und West zu suchen - Wege zu finden, die einmal in gute Nachbarschaft einmünden könnten.
Aber wir wären dabei, Konrad Adenauers Erbe zu verraten, wenn wir über unseren Bemühungen um Entspannung und gute Nachbarschaft vergäßen, welches der eigentliche Inhalt der Entspannungspolitik ist: Es geht um den Menschen - und nur um ihn.
Solange die Menschenrechte im anderen Teil unseres Vaterlandes und in den Ländern Osteuropas immer noch mißachtet werden - solange kann von einer wirklichen Entspannung in Deutschland und Europa keine Rede sein. Und solange die kommunistischen Regierungen ihren Bürgern ein Leben in Freiheit und Menschenwürde vorenthalten - solange dürfen wir diesen Regierungen nicht die Handhabe liefern, sich hinter der Formel von der ‚Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates‘ zu verschanzen und in der Unterdrückung der Menschen fortzufahren. Die Menschenrechte bilden die Grundlage der Entspannung. Nicht derjenige sorgt für Spannung, der für die Achtung der Menschenrechte eintritt, sondern derjenige, der die Menschenrechte verweigert.
Der 17. Juni 1953 macht uns auf diese einfachen Wahrheiten aufmerksam. Er erinnert uns an unsere moralische Pflicht, Menschenrechte für alle Deutschen zu fordern. Und er führt uns vor Augen, daß wir (...) einen Auftrag unserer Verfassung erfüllen, wenn wir unserem Willen Ausdruck geben, als Nation nicht auf immer gespalten, sondern einmal in Freiheit wiedervereinigt zu sein. (...) Wir halten fest an einem Gedenktag, der wie kein anderer geeignet ist, den Willen zur Einheit der Nation in allen Deutschen lebendig zu erhalten. Wir bekennen uns zum 17. Juni, weil wir uns der Verantwortung bewußt sind, die wir als Demokraten und Patrioten vor der Geschichte unseres Volkes tragen.“
Deutschland-Union-Dienst: "Den Willen zur Einheit der Nation lebendig halten", 15. Juni 1978 (Zum 17. Juni 1953).
„Wir können nicht die Menschenrechte in anderen Teilen unserer Erde einfordern, wenn wir nicht zuallererst um die Verwirklichung der Menschenrechte in der DDR kämpfen. Das ist die Pflicht aller Demokraten. Wir können nur auf die Überwindung der Mauer hoffen, wenn wir selbst alle Chancen nutzen, um die Zusammengehörigkeit zu intensivieren. Die CDU fordert erneut alle Bürger auf, möglichst oft in die DDR zu reisen, um neue Kontakte zu knüpfen. Der Wille zur einen deutschen Nation erfordert aber auch die Bereitschaft aller im freien Teil Deutschlands, sich Kenntnisse über die gemeinsame Geschichte, aber auch über das Schicksal und die Lebensbedingungen der Deutschen in der DDR zu erarbeiten.“
Deutschland-Union-Dienst, 11. August 1978 (Zum 13. August 1961).
„Ich appelliere an die Bundesregierung, die unlösliche Verbindung von wirklichem Frieden und tatsächlichen Menschenrechten immer wieder als bestimmenden Maßstab der deutschen Politik in den Vereinten Nationen zur Geltung zu bringen. Nachdem der erste Artikel der beiden Internationalen Menschenrechtspakte die herausragende Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts der Völker verbrieft hat, ist es dabei die Pflicht aller Organe der Bundesrepublik Deutschland, vor allem der Bundesregierung, nicht nur in Worten, sondern auch im politischen Alltag auf allen Ebenen des internationalen und europäischen Zusammenwirkens auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit in Tat und Wahrheit wiedererlangt.“
Deutschland-Union-Dienst, "Menschenrechte sind unteilbar - Zum 30. Jahrestag der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen", 7. Dezember 1978.
„Die Verwerfung der Begriffe ‚Wiedervereinigung‘ und ‚deutsche Frage‘ durch den Vorsitzenden der SPD, Willy Brandt, und durch den Vorsitzenden der Fraktion der SPD, Herbert Wehner, ist (...) nichts anderes als der Verzicht auf die deutsche Einheit und auf das Recht aller Deutschen auf Selbstbestimmung. Keiner von uns darf sich doch in hämischer Weise über Begriffe hinwegsetzen, die in den zentralen Dokumenten und Verträgen seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland verankert sind, in der Präambel des Grundgesetzes und in anderen wesentlichen Bestimmungen unserer Verfassung im Bund wie in den Ländern, im Deutschlandvertrag mit den drei Westmächten, im Brief zur deutschen Einheit, in der gemeinsamen Entschließung aller Bundestagsfraktionen, auf den Tag genau vor sieben Jahren, am 17. Mai, gefaßt, im Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das ich erwähnt habe.
(...) Herr Wehner, Herr Brandt und Herr Bundeskanzler, wenn wir nicht mehr über Wiedervereinigung und deutsche Frage sprechen, wenn wir das aus unserem Sprachgebrauch streichen, dann verschweigen wir doch Entscheidendes, nämlich die Tatsache, daß die Teilung Deutschlands durch die unmenschlichste Grenze der Erde ein ständiger Akt der Unmenschlichkeit ist. (...) Das ausdrückliche Offenhalten der deutschen Frage und der Wille zur Wiedervereinigung sind für die westlichen Rechte in Berlin von grundlegender Bedeutung. Wer beide Begriffe preisgibt, rüttelt an den Fundamenten des freien Berlin. Das ist keine Wortklauberei, das ist die realistische Betrachtung der politischen Lage am Ende des achten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts.“
Rede während der Bundestagsdebatte über den Bericht zu Lage der Nation, 17. Mai 1979.
„Die Christlich Demokratische Union Deutschlands ist nicht bereit, die deutsche Frage auch nur zeitweise nicht zu erörtern. Die Frage der deutschen Einheit ist offen und bleibt unverrückbares Ziel deutscher Politik. Dieses Ziel kann nur in einem geeinten Europa in Frieden und Freiheit verwirklicht werden. Selbstbestimmung in Freiheit gehört zu einem Frieden, der mehr ist als Verzicht auf Gewalt. Wir setzen auf die Kraft des Rechts. Wir halten an der einen, ungeteilten deutschen Staatsangehörigkeit fest. Berlin ist die Hauptstadt Deutschlands. Wir werden das Bewußtsein von Deutschland in allen seinen Teilen bewahren und lebendig erhalten. Vor unserer Jugend und vor unserer Geschichte tragen wir die Verantwortung für die Vollendung der Einheit unseres Vaterlandes in Freiheit. Die CDU bekennt sich mit Nachdruck zu dieser nationalen Verpflichtung und zu der Verbundenheit mit allen Deutschen, die immer noch in Unfreiheit leben müssen und denen die Menschenrechte verweigert werden.“
Deutschland-Union-Magazin, 6. Juni 1979 (Zum 17. Juni 1953).
„Gerade in der jetzigen Situation, da eine Chance für die Wiedervereinigung vorerst nicht zu sehen ist, ist es unsere Aufgabe und unsere Pflicht, uns an den Auftrag des Grundgesetzes zu erinnern, unsere ‚nationale und staatliche Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen‘.
Politische Ideale und Gebote der Verfassung werden nicht dadurch hinfällig, daß das Ziel fern und der Weg nicht sichtbar ist.“
Eichholz Brief 2/79, 10. Juni 1979 (Zum 23. Mai 1949).
„Die Christlich Demokratische Union Deutschlands ist nicht bereit, die deutsche Frage auch nur zeitweise nicht zu erörtern. Die Frage der deutschen Einheit ist offen und bleibt unverrückbares Ziel deutscher Politik. (...) Selbstbestimmung in Freiheit gehört zu einem Frieden, der mehr ist als Verzicht auf Gewalt. Wir setzen auf die Kraft des Rechts. Wir halten an der einen, ungeteilten deutschen Staatsangehörigkeit fest. Berlin ist die Hauptstadt Deutschlands. Wir werden das Bewußtsein von Deutschland in allen seinen Teilen bewahren und lebendig erhalten. (...) Vor unserer Jugend und vor unserer Geschichte tragen wir die Verantwortung für die Vollendung der Einheit unseres Vaterlandes in Freiheit. Die CDU bekennt sich mit Nachdruck zu dieser nationalen Verpflichtung und zu der Verbundenheit mit allen Deutschen, die immer noch in Unfreiheit leben müssen und denen die Menschenrechte verweigert werden.“
Deutschland-Union-Dienst, 15. Juni 1979 (Zum 17. Juni 1953).
„Die politischen Parteien zeigen seit Jahren keine nationale Geschlossenheit, wenn es um den nationalen Gedenktag unseres Volkes geht. Für manche ist er auch nur noch ein zusätzlicher Feiertag. Die Unionsparteien aber bekunden ihre Entschlossenheit, die Frage der Einheit ganz Deutschlands und den Tag der Deutschen Einheit fest miteinander zu verbinden.
Es gibt kein Datum in der jüngeren deutschen Geschichte, das geeigneter sein könnte, als den 17. Juni, um der Forderung nach Freiheit und Frieden Nachdruck zu verleihen.“
Union in Deutschland, 11. Juni 1980 (Zum 17. Juni 1953).
„Wir brauchen langen Atem, um an Idee und Verpflichtung der deutschen Nation festzuhalten. Wir brauchen Mut zu Mißerfolgen und die Fähigkeit zum Bohren dicker Bretter. Vor allem aber bedürfen wir der Einsicht, daß die deutsche Frage einer Lösung nur näherrücken wird, wenn unsere Nachbarn ihr Interesse darin aufgehoben sehen.
Die deutsche Einheit wird erst dann wieder in das Stadium der Wirklichkeit treten können, wenn sie in Ost und West nicht als Ausdruck eines deutschen Nationalegoismus erscheint, sondern als Teil eines europäischen Friedensgefüges. (...) Das Buch der deutschen Einheit ist nicht abgeschlossen. Die künftigen Seiten indes müssen anders beschrieben werden als die zurückliegenden. Wir haben auszugehen von der Geographie, die Deutschland in die Mitte Europas rückte, und von der Geschichte. Deutsche Geschichte ist in höherem Maße seit Jahrhunderten europäische Geschichte gewesen, im Guten wie im Bösen, als die unserer Nachbarn, und die deutsche Zukunft wird in eben dem Maße auch europäische Zukunft sein.“
Lutherische Monatshefte (Hamburg): "Europa und die deutsche Frage", Mai 1981.
„Wir dürfen die in der Mauer zementierte prinzipielle Menschenfeindlichkeit nicht ignorieren, noch dürfen wir vergessen, daß an Mauer und Grenze jeden Tag Menschen auf Menschen Jagd machen, daß Todesfallen lauern und Hunde Flüchtlinge hetzen, deren einziges Verbrechen darin besteht, von Deutschland nach Deutschland zu streben.
Die Lage an der deutsch-deutschen Grenze ist Tag für Tag eine moralische Widerlegung des Kommunismus, wie sie keiner seiner Gegner hätte erdenken können. Ihr unveränderter Fortbestand birgt unübersehbare Risiken für den Frieden in Europa und der Welt, und ihre Überwindung bleibt eine politische Aufgabe hohen Ranges.
(...) Von uns ist beides gefordert: das wache Bewußtsein des Unrechts, das hier geschieht, und der tödlichen Bedrohung aller Werte eines freien Gemeinwesens, und zugleich ein durch die Einbindung der deutsch-deutschen Grenze in den Ost-West-Gegensatz und das europäische Gleichgewicht geschärfter Sinn für das Notwendige und das Mögliche oder - mit anderen Worten - die Fähigkeit zum realpolitischen Handeln. Es geht noch auf lange Zeit in den deutsch-deutschen Dingen nicht um das, was wünschbar wäre, sondern um das, was erreichbar ist. Realpolitik bedeutet, mit dem Teufel Kirschen essen, ohne zu vergessen, mit wem man es zu tun hat.
(...) Wir müssen heute fragen, ob in der Bundesrepublik alles Notwendige und Mögliche geschah, den Begriff der deutschen Nation lebendig zu erhalten und zugleich ihm eine Form zu geben, die nicht quer liegt zu den Mächten und Interessen der Weltpolitik. Unverändert liegt die deutsche Frage wie seit Jahrhunderten dort, wo sich die Kraftlinien der Weltpolitik gefährlich schneiden. Unsere Aufgabe bleibt es, die richtige Mitte zu finden zwischen unserem Wunsch, die Nation als geistige Wirklichkeit zu erhalten, und der Notwendigkeit, im europäischen Haus dauerhaft zu leben.“
Politik und Kultur Nr. 8/1981: "Die Disziplin der Realpolitik" (Zum 13. August 1961).
„Der Wunsch nach Zusammengehörigkeit ist eine der wichtigen Voraussetzungen dafür, daß unsere Kinder und unsere Enkel einmal wieder ohne Visum und ohne Grenzkontrollen von Dresden nach Dortmund, von Ludwigshafen nach Leipzig und von Weimar nach Würzburg reisen können. Wir wissen nicht, wann dies sein wird, aber wir wissen, daß es eines Tages sein wird. Der Wille zur Einheit unserer Nation ist auf Dauer stärker als Mauer und Stacheldraht, wenn wir alle dazu beitragen, daß dieser Wille zur Freiheit und Einheit aller Deutschen niemals erlahmt.“
Deutschland-Union-Dienst, 11. August 1982 (Zum 13. August 1961).
„Der Nationalstaat der Deutschen ist zerbrochen. Die deutsche Nation ist geblieben, und sie wird fortbestehen. Wir alle wissen: die Überwindung der Teilung ist nur in historischen Zeiträumen denkbar. (...) Wir alle können die Einheit der Nation nicht erzwingen; aber für uns alle gilt die Präambel des Grundgesetzes: ,Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.'
Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl sind und können nicht das letzte Wort zwischen Ost und West sein, in Deutschland, in Europa und in der Welt. Menschlichkeit und Vernunft weigern sich, dies hinzunehmen.“
Regierungserklärung, 13. Oktober 1982.
„(...) eine gefährliche Grenze verläuft quer durch Deutschland - dort, wo noch immer die Mitte Europas liegt. Diese Grenze trennt die Deutschen, sie trennt die Europäer, sie trennt Ost und West. Vernunft und Menschlichkeit können sich nicht damit abfinden, daß an dieser Linie das Selbstbestimmungsrecht aufhören soll. Die geschichtliche Erfahrung zeigt: Der gegenwärtige Zustand ist nicht unabänderlich. Realpolitik: ja, Resignation: nein!
(...) Wir wissen: Aus eigener Kraft allein können wir Deutschen den Zustand der Teilung nicht ändern. Wir können und müssen ihn aber, wenn möglich, erträglicher und weniger gefährlich machen. Ändern kann er sich in Wahrheit auf Dauer nur im Rahmen einer dauerhaften Friedensordnung in Europa. Für die Überwindung der deutschen Teilung haben wir den Rückhalt im Bündnis und in der Europäischen Gemeinschaft nötig. Sie garantieren uns Sicherheit und Freiheit, sie stützen die Hoffnung auf Einheit - nicht nur Deutschlands, sondern auch Europas. Das Bündnis und das geeinte Europa - wir brauchen sie mehr als andere.
Die Deutschlandpolitik der Bundesregierung bleibt bestimmt durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, den Deutschlandvertrag, die Ostverträge, die Briefe zur Deutschen Einheit sowie die Entschließung des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 1972, der alle Fraktionen - CDU/CSU, SPD und FDP - zugestimmt haben, den Grundlagenvertrag und die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 1973 und vom Juli 1975.“
Regierungserklärung, 4. Mai 1983.
„Wir Deutsche finden uns mit der Teilung unseres Vaterlandes nicht ab. Wir werden den Auftrag des Grundgesetzes zielstrebig und beharrlich weiter verfolgen, ‚in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden‘. Wir resignieren nicht, denn wir wissen die Geschichte auf unserer Seite. Der gegenwärtige Zustand ist nicht unabänderlich.
Aus geschichtlicher Erfahrung sind wir uns bewußt, daß die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands in Frieden und Freiheit nur im Rahmen einer gesamteuropäischen Friedensordnung zu verwirklichen ist. (...) Die Teilung Deutschlands ist immer zugleich die Teilung Europas. Deutschlandpolitik muß sich deshalb immer auch als Beitrag zum europäischen Einigungswerk und damit als europäische Friedenspolitik verstehen. (...) Nicht nur die Rechtslage, sondern auch die geschichtliche Kraft dieses Willens unseres Volkes (zur Einheit) hält die deutsche Frage offen. Wer anderes spricht, kann weder für unsere Freunde im Westen noch für unsere Nachbarn im Osten glaubwürdig sein.
(...) Deutschlandpolitik ist europäische Friedenspolitik. Sie ist eine Politik für das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen, für die Überwindung der Teilung Deutschlands und der Spaltung Europas. Unsere Rolle in Europa, aber auch die Lage des geteilten Deutschlands erfordern historische Einsicht, damit sich die politische Gestaltung von der Wirklichkeit nicht trennt. Sie erfordert einen zuverlässigen Kompaß für den hindernisreichen Weg, bis sich Deutschlands Einheit in einer europäischen Friedensordnung vollenden kann.
Die geschichtliche Leistung unserer Generation wird später daran gemessen werden, ob es uns gelingt, die politische Einigung Europas, die Freiheit der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland und den Fortbestand der deutschen Nation zusammenzudenken und in die politische Wirklichkeit unseres Volkes umzusetzen.“
Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation im geteilten Deutschland, 23. Juni 1983.
„Der nationale Auftrag bleibt gültig und erfüllbar; in einem vereinten Europa in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.
Unsere wichtigste rechtliche und moralische Position bleibt der Anspruch aller Deutschen auf Freiheit und Selbstbestimmung. Die Einheit der Nation soll und muß sich zuallererst in der Freiheit der Menschen erfüllen.
(...) Europa muß sich politisch einigen, sonst geht auch die Perspektive der Deutschen verloren, ihre Einheit in einer europäischen Friedensordnung zu verwirklichen. (...) Freiheit ist die Bedingung der Einheit. Sie kann nicht ihr Preis sein. Ich warne nachdrücklich vor jeder Illusion, als könnten unsere Freiheit und unsere Sicherheit gegen unseren Wunsch nach Einheit ausgespielt werden. (...) In fester Bindung an die freie Welt und mit der Unterstützung unserer Freunde haben wir die Deutsche Frage offengehalten.
Das gesamte deutsche Volk bleibt aufgefordert - so sagt es die Präambel des Grundgesetzes -, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa wollen wir dem Frieden der Welt dienen.
In diesem Ziel der gemeinsamen Freiheit liegt der Auftrag aller Deutschen.“
Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation im geteilten Deutschland, 15. März 1984
„Wir Deutschen wissen, (...) daß die uns so sehr am Herzen liegende Frage der Einheit unseres Volkes für eine friedliche demokratische Lösung eines europäischen Rahmens bedarf. Ich weiß mich in der Erkenntnis dieser drängenden Notwendigkeit mit vielen unserer Partner einig. Wir werden deshalb im geeigneten Moment Initiativen ergreifen, um auf diesem Wege zur politischen Einigung einen großen Schritt voranzukommen.“
WELT am SONNTAG, 18. März 1984.
„Deutschland ist geteilt, ungeteilt aber ist der Wille des deutschen Volkes zur Einheit in Freiheit.
Ob vor vierzig Jahren, ob heute, ob morgen: die Freiheit bleibt Kern der deutschen Frage. Die Einheit der Nation soll und muß sich zuallererst in der Freiheit ihrer Menschen erfüllen. (...) Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und in den Pariser Verträgen - einschließlich des damals neugefaßten Deutschlandvertrages - haben wir uns definitiv auf die Idee der europäischen Einigung festgelegt: im europäischen Rahmen wollen wir unsere Zukunft gestalten und als Friedenswerk in Europa die nationale Frage der Deutschen lösen.
(...) Wer heute in resignierter Schicksalsfügung einen Schlußstrich unter die deutsche Frage ziehen will, formuliert eine Absage an das Selbstbestimmungsrecht und an die Verwirklichung von Menschenrechten. Er gibt der Freiheit aller Europäer für die Zukunft keine Chancen. Und er hat die Geschichte nicht begriffen - ihre Kontinuität so wenig wie den vielfältigen Wandel auf deutschem Boden in der Mitte Europas. Auch als europäische Zentralfrage ist die deutsche Frage nicht von der Art, daß sie für abgeschlossen erklärt werden könnte, nicht von Politikern und auch nicht von Historikern. Sie gehört zu den großen Gestaltungsaufgaben unseres Kontinents, seit vor Jahrhunderten in Europa ein Mächtesystem entstand. Sie hatte immer zum Gegenstand und hat es noch, wie Deutschland in Europa eingefügt wird und wie die Deutschen sich einfügen und ihre europäische Verantwortung annehmen oder verweigern.
Der freiwillige Zusammenschluß der europäischen Völker, mit dem wir im westlichen Teil Europas begonnen haben, ist ein zwar mühsamer, aber hoffnungsvoller Ansatz. Wir meinen es ernst damit, und ich werde selbst meine ganze Kraft darin einsetzen, 1985 zu einem Jahr wichtiger Weichenstellungen für Europa zu machen.
Indem wir das europäische Einigungswerk weiter voranbringen, bereiten wir in historischer Perspektive den Weg für eine spätere Aufhebung der Teilung unseres Kontinents. (...) unsere geschichtliche Leistung wird einmal daran gemessen, daß wir Nation und Freiheit bewahren und zugleich in Europa das größere Vaterland finden.
Wir suchen die Antwort auf die deutsche Frage nicht in Alleingängen, nicht gegen unsere Nachbarn, nicht gegen unsere Nachbarn im Westen und nicht gegen unsere Nachbarn im Osten, und nicht in einer Auflehnung gegen die Geschichte. Das deutsche Haus ist nur zu bauen auf dem Fundament der Menschen- und Bürgerrechte und unter dem Dach eines vereinten Europa. Dabei wissen wir: Die Überwindung der Teilung Europas ist ein gesamteuropäischer Auftrag und nicht nur eine Aufgabe Westeuropas.“
Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation im geteilten Deutschland, 27. Februar 1985.
„Die Deutsche Frage bleibt geschichtlich, rechtlich und politisch offen. Die Bundesregierung steht ganz selbstverständlich zur Präambel unseres Grundgesetzes: Die Präambel will das vereinte Europa, und sie fordert das gesamte deutsche Volk auf, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.
(...) Aber wir wissen auch, daß es ohne Freiheit für die Menschen keinen wirklichen Frieden gibt. Und wir bleiben dabei, daß die künftige europäische Friedensordnung und damit die Lösung der deutschen Frage auch vom deutschen Volk in freier Selbstbestimmung angenommen werden muß. (...) Das gemeinsame Ziel aller Demokraten in Deutschland ist es, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt.“
Bericht der Bundesregierung zur Lage der Nation im geteilten Deutschland, 14. März 1986.
„Die deutsche Frage bleibt geschichtlich, rechtlich und politisch offen. Die Freiheit ist und bleibt der Kern der deutschen Frage. Dies ist ein unverrückbarer Grundsatz unserer Deutschlandpolitik. Wir stehen ganz selbstverständlich zur Präambel des Grundgesetzes, nämlich zu dem festen Willen, die nationale und staatliche Einheit des deutschen Volkes zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, sowie zu dem Auftrag, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Wir halten auch daran fest, daß es nur eine deutsche Staatsangehörigkeit gibt.“
Deutschland-Union-Dienst, "Die Freiheit ist und bleibt der Kern der deutschen Frage", 13. Juni 1986 (Zum 17. Juni 1953).
„Es besteht die Gefahr, daß man sich mancherorts an den Anblick von Mauer und Stacheldraht gewöhnt. Wir werden uns jedoch nicht mit ihrer Existenz abfinden. Für uns hat sich die Situation in Deutschland nicht normalisiert. Denn die Hinnahme von Grundrechtsverletzungen kann nicht als ‚Normalisierung‘ bezeichnet werden. Ebenso wenig werden wir den uns vom Grundgesetz auferlegten Auftrag nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit aufgeben.“
Deutschland-Union-Dienst, 12. August 1977 (Zum 13. August 1961).
„Die DDR ist rechtlich für die Bundesrepublik Deutschland nicht Ausland. Die innerdeutsche Grenze bleibt für uns eine staatsrechtliche Grenze besonderer Art. Wir werden jedes Abkommen und jeden Vertrag mit der DDR ablehnen, der diese Rechtsposition in Zweifel zieht. (...) Im Kern der deutschen Frage geht es für uns um die politische Freiheit unseres ganzen Volkes. Die Bundesrepublik Deutschland steht in der Pflicht gesamtdeutscher Verantwortung, von der sie sich nicht lösen kann. Jede durch freie Wahl legitimierte deutsche Regierung hat die Pflicht, vor den Völkern der Welt zu garantieren, daß es auch für einen zukünftigen gesamtdeutschen Staat keinen anderen Weg als den der freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratie gibt. (...)
Wenn das so ist, wenn wir aus dieser Bindung an Freiheit und Volkssouveränität die Einheit der Nation praktizieren wollen, dann besitzen wir eine wesentliche Sicherheit:
Dieser Wille zur Nation ist eine Tatsache, die von keiner politischen Führung und von keiner Diktatur - auch nicht von einer kommunistischen - verbannt oder gelöscht werden kann. Dieser Wille zur Nation lebt in den Herzen der Menschen, in den Herzen der Menschen vieler Nationen auf dieser Erde, ganz gewiß auch in den Herzen in beiden Teilen Deutschlands.
Insofern wird und muß der Versuch der Führung der DDR scheitern, den Begriff der Nation mit dem des Klassenkampfes und dem des Sozialismus gleichzuschalten.
Die sogenannte sozialistische Nation der DDR ist ein Widerspruch in sich. Denn der Klassengedanke und der Nationalgedanke sind unvereinbar. Nur eines von beiden kann das Fundament politischer Ordnungsvorstellungen sein: entweder die Nation oder die Klasse. (...) Freiheit und Nation sind untrennbar. Dies ist keine neue Erkenntnis, aber es ist an der Zeit, sie wieder deutlicher und auch häufiger auszusprechen.
Für uns ist die Forderung, die Sehnsucht nach der Einheit der Nation nicht irgendeine beliebige abstrakte Formel. Sie beschreibt für uns ein wichtiges Stück der Identität unseres Volkes, ein wichtiges Stück der Ortsbestimmung, des Wir-Bewußtseins unserer Mitbürger, sei es in der Bundesrepublik Deutschland, sei es in der DDR.
Für unsere Mitbürger in der DDR (...) setzt die Forderung nach Einheit der Nation geradezu ein Fanal der Hoffnung. Diese Hoffnung entspringt aus der Erfahrung der deutschen und der europäischen Geschichte, in der die nationalstaatlichen Zielvorstellungen in engem Einklang mit der republikanischen und der demokratischen Zielvorstellung standen.
(...) Deutschlandpolitik geht an den Nerv, berührt die geschichtliche Überlieferung unseres Volkes. Deutschlandpolitik verlangt Geduld, Stehvermögen, Mut - Tugenden, die historische Epochen prägten. Unsere polnischen Nachbarn haben in einer großen Geschichte auch uns gelehrt, welches Durchhaltevermögen möglich und notwendig ist, um das Ziel der nationalen Einheit wieder zu erreichen. Deswegen möchte ich ganz bewußt mit einem Appell an uns alle schließen: Lassen wir die Frage nach dem gemeinsamen Schicksal unseres Volkes nicht zum bloßen Waffenarsenal parteipolitischer Auseinandersetzungen werden.“
Rede während der Bundestagsdebatte über den Bericht zur Lage der Nation, 9. März 1978.
„Eine neue gemeinsame Deutschlandpolitik muß von folgenden Grundsätzen ausgehen:
Persönliche Freiheit sowie rechts- und sozialstaatliche Verfassung sind die Lebensgrundlage für alle Deutschen. Wir im freien Teil des Vaterlandes haben die Pflicht, diese Prinzipien zu wahren und weiterzuentwickeln. Die moderne Nation erfüllt sich in der Freiheit ihrer Bürger.
Jede konstruktive Deutschlandpolitik setzt die Solidarität des freien Deutschland mit der freien Staatenwelt voraus. Die moderne Nation kann sich nicht in der Isolation entwickeln. Sie beruht auf internationaler Zusammenarbeit und Bündnispolitik.
Eine erfolgreiche Wiedervereinigungspolitik setzt eine politische Ordnung Europas voraus, in der das wiedervereinigte Deutschland seinen natürlichen Platz hat. Daher besteht zwischen der Europa-Politik der Union und dem Ziel der Wiedervereinigung ein unauflösbarer Zusammenhang.
Die Wiedervereinigung Deutschlands steht im Zeichen einer historischen Notwendigkeit. Nationen bleiben nicht geteilt. Wenn ein Teil den Anspruch auf die Einheit aufgibt, zieht der andere Teil diese Mission an sich. Der Anspruch, für die ganze Nation zu sprechen, findet stets eine Stimme.
Entscheidend ist also nur die Frage, wer letzten Endes die Wiedervereinigung vollzieht: Die Kräfte der Freiheit oder die Kräfte der Unfreiheit. Wie können wir unseren Verfassungsauftrag erfüllen, wie können wir etwas für die Einheit tun, wenn wir untereinander uneins sind? Also müssen wir wieder gemeinsam für Deutschland handeln. Unser Patriotismus ist die Freiheit für das ganze Deutschland. Wir sind guten Mutes. In zehn Jahren wird es in Europa mehr Freiheit als Sozialismus geben.“
Bonner Rundschau, 12. August 1976 (Zum 13. August 1961).
„Solange sich die Deutschen durch ein politisches Sonderbewußtsein individualisieren, sich gegenüber anderen Nationen als Deutsche verstehen, ist ihre Nation eine faktische Gegebenheit. Die Menschen, die in beiden Teilstaaten leben, gehören unstreitig zum deutschen Volk, auch wenn sie als Deutsche in verschiedenartigen Gesellschaftsordnungen leben. Sie sind nach wie vor deutscher Nationalität, auch wenn die Faktoren, die es bewirken, daß ein Volk sich als eine Einheit empfindet, durch die Trennung eines Volkes in zwei sich in so grundsätzlicher Weise unterscheidende Systeme stark geschwächt werden.
Doch dieser Erosionsprozeß ist weder so weit fortgeschritten, daß die These von einem deutschen Volk, einer deutschen Nation, bereits wirksam entkräftet wäre, noch kann davon die Rede sein, daß dieser Prozeß unaufhaltsam sei. Voraussetzung ist jedoch, daß der Wille zur Einheit der Nation ständig aktualisiert wird, und dazu gehört nach unserem Verständnis, nach dem Verständnis des Grundgesetzes, die staatliche Einheit, die Wiederherstellung der Identität von Nation und Staat.
Die eine deutsche Nation, welche die zwei deutschen Staaten übergreift, ist vor allem das bleibende, beharrende Nachbild jener historischen Staatlichkeit, wie wir es im Bismarckschen und Weimarschen Deutschen Reich erfahren haben. Auch das ist eine Realität. Ohne diese Geschichtlichkeit, ohne Erinnerung, wie es einmal gesagt worden ist, können wir nicht leben.“
Allgemeine Zeitung, Mainz, 17. März 1973.
„Der 3. Oktober ist ein Tag der Freude, des Dankes und der Hoffnung.“
Fernseh- und Hörfunkansprache am Vorabend des Tags der Deutschen Einheit, 02.10.1990.
„In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 wurden die Berliner Mauer und die innerdeutsche Grenze geöffnet. Die Deutschen in der damaligen DDR konnten ihr Menschenrecht auf Freizügigkeit, das die SED-Machthaber jahrzehntelang mit Füßen getreten hatten, endlich ausüben. Mit diesem Ereignis beschleunigte sich auf dramatische Weise der Zusammenbruch der kommunistischen Diktatur. Nur knapp elf Monate später war Deutschland in Frieden und Freiheit wiedervereinigt. Wir erinnern uns heute in Dankbarkeit an alle, die diesen Weg ermöglicht oder uns dabei unterstützt haben. Besondere Hochachtung verdienen jene tapferen Frauen und Männer, die wegen ihres Einsatzes für die Achtung der Bürger- und Menschenrechte in der DDR bespitzelt und verfolgt, eingekerkert oder ausgebürgert worden waren. Ihr Vorbild sollte uns Mut machen, mit unserer gemeinsamen Freiheit verantwortlich umzugehen.“
Erklärung zum 6. Jahrestag der Öffnung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze am 9. November 1995.
„Ich glaube, wer täglich Umgang mit den Menschen aus den Betrieben in den neuen Bundesländern hat, weiß, wie viele mit persönlichen Belastungen fertig werden müssen. Ich sage das nicht, weil ich heute hier in Leipzig bin, sondern ich sage es jeden Tag: ich bin voller Bewunderung für die, die in den Betrieben Verantwortung tragen und mit Schwierigkeiten fertig werden müssen, von denen die meisten in der alten Bundesrepublik nicht einmal eine Ahnung haben. Alle, die diese Verantwortung tragen, verdienen unser Verständnis und unsere Solidarität. Solidarität erweist sich vor allem auch dadurch, daß wir auf unsere Mitbürger in den neuen Bundesländern zugehen. Wir dürfen weder in der Sprache noch im Denken und noch weniger im Handeln neue Mauern zulassen. Es ist die Aufgabe aller Deutschen, die innere Einheit unseres Vaterlandes zu vollenden. Dies kostet eine große Kraftanstrengung und schafft Probleme. Ich mache keinen Hehl daraus: ich wollte die deutsche Einheit und sage deshalb auch Ja zu den Problemen. Ich finde, wir alle sollten Ja dazu sagen.“
Rede anläßlich der Eröffnung der Leipziger Frühjahrsmesse am 8. März 1993.
„Wir finden als Volk nur dann ein neues und bleibendes nationales Selbstverständnis, wenn wir im Bewußtsein einer für dieses unser Volk verpflichtenden Rangordnung der Werte unseren Platz in der Geschichte suchen. Ob es uns gelingt, diese Orientierung und damit die geistigen Grundlagen für die noch immer nicht gewonnene Einheit der Nation und ihre Orientierung im weltpolitischen Geschehen zu finden, entscheidet über unsere Geschichtsfähigkeit. Nach meiner Ansicht liegt hier gleichzeitig die elementare Voraussetzung für die Wiedervereinigung und für das, was wir unter Europapolitik verstehen.“
Die Rheinpfalz, 7. Mai 1966.
„In freier Selbstbestimmung haben wir Deutschen die staatliche Einheit unseres Vaterlands vollenden können - ohne Gewalt und Blutvergießen, in vollem Einvernehmen mit allen unseren Nachbarn.“
Fernseh- und Hörfunkansprache anlässlich des Jahreswechsels am 31.12.1990.
„Gehen wir ohne Zögern gemeinsam ans Werk. Es geht um unsere gemeinsame Zukunft - in einem vereinten Deutschland und einem vereinten Europa.“
Fernsehansprache anlässlich des Inkrafttretens der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990.
„Das Jahr 1990 wird uns als eines der glücklichsten in der deutschen Geschichte in Erinnerung bleiben. In freier Selbstbestimmung haben wir Deutschen die staatliche Einheit unseres Vaterlands vollenden können - ohne Gewalt und Blutvergießen, in vollem Einvernehmen mit allen unseren Nachbarn. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen.“
Fernseh- und Hörfunkansprache anlässlich des Jahreswechsels am 31.12.1990.
„(...) dass deutsche Einheit und Wiedervereinigung eine gleichwertige Partnerschaft in der internationalen Politik erforderten, mehr außenpolitische Verantwortung.“
Erinnerungen 1990-1994.
„Mein Ziel bleibt, wenn die geschichtliche Stunde es zulässt, die Einheit unserer Nation.“
Rede am 19. Dezember 1989 vor der Frauenkirche in Dresden.
„Und nun war sie da, unsere historische Chance auf ein geeintes deutsches Vaterland.“
Die Politische Meinung Nr. 479 (2009).
„Politik braucht Gespür für das Machbare, auch für das dem anderen Zumutbare. Dies galt in besonderer Weise für die deutsche Frage.“
Die Politische Meinung Nr. 479 (2009).
„Wenn wir das 40jährige Bestehen unserer freiheitlichen Demokratie feiern, dann vergessen wir darüber niemals, dass die Bundesrepublik nicht unser ganzes Vaterland ist: Auch die DDR wird in diesem Jahr vierzig Jahre alt. Um so mehr bekräftigen wir (...) unsere Verbundenheit mit all jenen Deutschen, denen ein Leben in Freiheit bislang versagt blieb. (...) In dieser europäischen Perspektive liegt Deutschlands Zukunft - und wenn ich Deutschland sage, meine ich nicht nur die Bundesrepublik allein. Die europäische Einigungspolitik bildet nach wie vor die einzig sinnvolle Antwort auf die ungelöste deutsche Frage. Europa muss den Rahmen bilden, in dem alle Deutschen in Einheit und Freiheit zusammenkommen können. (...) Die Wiedervereinigung Deutschlands ist Verfassungsauftrag; Friedenspolitik und europäische Einigung sind es ebenfalls. (...) Es geht um beides: um Einheit und Freiheit. Freiheit ist Bedingung der Einheit, sie darf nicht ihr Preis sein. (...) Wir vertrauen auf die große Anziehungskraft des europäischen Einigungswerkes.“
Rede zur Eröffnung des CDU-Kongresses „40 Jahre Bundesrepublik Deutschland" am 18. Januar 1989 in Bonn, Redemanuskript. Bandesgeschäftsstelle der CDU.
„Solange es Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl gibt, kann von Normalität in Deutschland keine Rede sein. (...) Solange Deutschen die Freiheit vorenthalten wird, solange grundlegende Menschen- und Bürgerrechte mitten in Deutschland verletzt werden - solange bleibt auch die deutsche Frage offen. (...) Trotz unvereinbarer Grundpositionen und Grundsätze und unterschiedlicher Zielsetzungen sind wir zur Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen in der DDR und zu einer Politik der kleinen Schritte zum Wohle der Menschen bereit. (...) Mit der Teilung Berlins, Deutschlands und Europas, mit Unfreiheit und Diktatur, mit Mauer und Stacheldraht werden wir uns niemals abfinden. Wir lassen nicht ab von der Einheit der Nation und dem Ziel aller Deutschen, wie es der Text des Liedes der Deutschen sagt: dass wir gemeinsam nach Einigkeit und Recht und Freiheit streben wollen.“
Ansprache bei der Gedenkstunde zum 25. Jahrestag des Mauerbaus am 13. August 1986 in Berlin, Bulletin des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung Nr.93 (15. August 1986).
„Das Bewußtsein für die Einheit der Nation ist wach wie eh und je, und ungebrochen ist der Wille, sie zu bewahren.“
Rede aus Anlass des offiziellen Besuchs von Generalsekretär Erich Honecker am 7. September 1987 in Bonn Quelle, Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. Nr. 83. 10. September 1987, S. 705-707.
„Ich bin zutiefst überzeugt, dass ohne den NATO-Doppelbeschluss 1989 nicht die Mauer gefallen wäre und wir 1990 nicht die Wiedervereinigung erreicht hätten. Die Welt hätte eine ganz andere Entwicklung genommen.“
Helmut Kohl, Vom Mauerfall zur Wiedervereinigung. Meine Erinnerungen, München 2009, S. 15.