* geboren 07.03.1933
in
Berlin
† gestorben 05.07.2001
in
Ludwigshafen-Oggersheim
Büroangestellte, Kuratoriumsvorsitzende, Gattin des Bundeskanzlers
1951 Abitur |
1953 Beginn der beruflichen Tätigkeit bei BASF |
1960 Heirat mit Helmut Kohl |
1963 Geburt des Sohnes Walter |
1965 Geburt des Sohnes Peter |
1969 Landesmutter von Rheinland-Pfalz |
1982 Kanzlergattin |
1983 Gründung des Kuratoriums für Menschen mit Schäden des Zentralen Nervensystems (ZNS) |
1988 Auszeichnung mit dem Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz |
1995 Auszeichnung mit der Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät der Universität Greifswald |
1999 Auszeichnung mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern durch Bundespräsident Roman Herzog |
Hannelore Renner wurde am 7. März 1933 in Berlin geboren. Von der Machtübertragung an die Nationalsozialisten und deren Folgen blieb sie als Kind bis in den Zweiten Weltkrieg hinein unberührt. Sie wuchs behütet in bürgerlichen Verhältnissen in Leipzig auf. Der Vater Wilhelm Renner, gelernter Elektroingenieur, hatte seit Ende 1933 eine führende Stellung als Betriebsdirektor und Leiter der Konstruktions- und Entwicklungsabteilung bei der Hugo Schneider AG, einer Leipziger Metallwarenfabrik, inne. Er war Mitglied der NSDAP und weiterer NS-Organisationen. Als führender Manager eines Unternehmens, das während des Zweiten Weltkriegs in der Rüstungsindustrie tätig war und zudem Zwangsarbeiter sowie KZ-Häftlinge beschäftigte, hatte er Anteil an den Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Mutter Irene Renner, geborene Merling, entstammte einer angesehenen Bremer Rechtsanwaltsfamilie. Ebenso wie ihre ältere Schwester Ilse, die später als Bühnenschauspielerin am New Yorker Broadway Karriere machen sollte, zog es Irene Renner Anfang der 1920er Jahre in das pulsierende Berlin, wo sie bis zu ihrer Heirat 1929 als Ansagerin beim jungen Berliner Rundfunk arbeitete.
Der Alltag der Schülerin Hannelore Renner wurde seit Anfang der 1940er Jahre zunehmend vom Krieg mitbestimmt, zunächst vor allem in Form sich häufender Luftalarme und vereinzelter Angriffe, im Herbst 1943 begannen schwere Luftangriffe auf Leipzig, am Jahresende zog die Mutter mit ihr aus Sicherheitsgründen zunächst in das 30 Kilometer von Leipzig entfernte Grimma, später in die mittelsächsische Stadt Döbeln. Anfang Mai 1945 floh Irene Renner mit ihrer Tochter vor der heranrückenden Roten Armee Richtung Westen, sie wurden jedoch von sowjetischen Truppen eingeholt. Als zwölfjähriges Mädchen wurde Hannelore Renner von sowjetischen Soldaten mehrfach vergewaltigt, was lebenslange sowohl körperliche als auch seelische Beschwerden zur Folge hatte.
Ziel der Flucht war Mutterstadt in der Pfalz, der Wohnort der Eltern von Wilhelm Renner, dem es unterwegs gelungen war, wieder zu Frau und Kind zu stoßen. Die bisher in bürgerlichen Verhältnissen lebende Familie musste eine neue Existenz als Flüchtlinge in von Armut, Platzmangel und Hunger geprägten Verhältnissen beginnen. Seit Herbst 1945 besuchte Hannelore Renner die Mädchenrealschule im nahe gelegenen Ludwigshafen am Rhein. 1948 machte sie dort die Bekanntschaft des Oberstufenschülers Helmut Kohl, der auch ihr Tanzpartner in den beginnenden Tanzschulkursen und bald darauf ihr Freund wurde.
Im Sommer 1951 bestand Hannelore Renner ihr Abitur. Fremdsprachen waren ihre Leidenschaft, besonders gern mochte sie Französisch, das sie wie Englisch fließend sprach, hinzu kamen Kenntnisse in Spanisch.
Sie begann ein Fremdsprachenstudium am Dolmetscherinstitut der Universität Mainz in Germersheim, musste dieses nach nur einem Jahr aufgrund eines erneuten Schicksalsschlags jedoch wieder aufgeben. Für die Eltern hatte sich die materielle Situation gerade wieder deutlich verbessert – Wilhelm Renner erhielt eine Führungsposition beim Herren-Wäschehersteller „Mey&Edlich“ in Stuttgart –, da erlitt er im Herbst 1952 einen tödlichen Herzinfarkt. Hannelore Renner musste sich nun auch um ihre Mutter kümmern, die keinen Beruf hatte und mit Mitte fünfzig zunächst ohne eigenes Einkommen war, bis sie als Sekretärin zu arbeiten begann. Zunächst nahm Hannelore Renner eine Stelle als Korrekturleserin beim Kohlhammer-Verlag an, parallel besuchte sie mehrere Stenografiekurse und erlangte die Fähigkeit zum Stenografieren in mehreren Sprachen. Ab 1953 arbeitete sie als Kaufmännische Angestellte bei BASF in Ludwigshafen und erklomm bis zu ihrem Austritt aus der Firma im Jahr 1960 die Stelle der ersten Sekretärin und Assistentin einer Führungskraft des Unternehmens.
Am 27. Juni 1960 fand in der Ludwigshafener Pfarrkirche „St. Josef“ die kirchliche Trauung von Hannelore Renner und Helmut Kohl statt. In den Flitterwochen reiste das junge Ehepaar mit dem Auto durch Italien. Wie damals in bürgerlichen Kreisen üblich, gab Hannelore Kohl nach der Heirat ihren Beruf auf.
Seit seiner Wahl 1959 war Helmut Kohl der jüngste Abgeordnete im Landtag von Mainz. Darüber hinaus ging er weiterhin seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit als Referent beim Verband der Chemischen Industrie Rheinland-Pfalz nach. Das Ehepaar Kohl gründete eine Familie, im Jahr 1963 wurde der erste Sohn Walter und 1965 der jüngere Sohn Peter geboren. Parallel vollzog sich der politische Aufstieg Helmut Kohls, 1963 wurde er CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag und 1966 Landesvorsitzender der CDU Rheinland-Pfalz. Auch wenn sie die Leidenschaft ihres Ehemanns für Politik nicht teilte, begleitete Hannelore Kohl ihn häufiger zu politischen Terminen. Sie hatte keine Wahl, denn, so ihr Biograf Heribert Schwan, „ihr Einfluss auf Helmut Kohls politischen Werdegang blieb bis zu ihrem Tod 2001 äußerst gering. Der Pfälzer stieg auf seiner Karriereleiter unaufhörlich weiter, ohne dass er Einwände, Bedenken oder dringende Bitten seiner Frau in nennenswerter Weise bedacht oder gar berücksichtigt hätte.“ Am 19. Mai 1969 verfolgte Hannelore Kohl auf der Plenartribüne des Mainzer Landtags seine Wahl zum Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz. Als seine Ehefrau erfüllte sie fortan eine – wenn auch inoffizielle – zentrale Rolle als „Landesmutter“. Ein Schwerpunkt lag dabei in der Beantwortung von Petitionen. Viele Bürgerinnen und Bürger wandten sich mit ihren Sorgen und Nöten an sie. Hannelore Kohl nahm sich viel Zeit für die persönliche Beantwortung der einzelnen Briefe. Eigenes Personal stand ihr dabei nicht zur Verfügung. Nur, wenn es um konkrete politische Anliegen ging oder die Klärung einer Rechtslage notwendig war, schaltete sie die Staatskanzlei mit ein.
Wie wenig das bisweilen bis heute in der Öffentlichkeit vorherrschende Bild der angeblich biederen Hausfrau Hannelore Kohl gerecht wurde, zeigt bereits ein Blick auf ihre Hobbies und Vorlieben. Sie war eine leidenschaftliche Autofahrerin. Zu Beginn der politischen Karriere ihres Freundes und späteren Ehemannes war zumeist sie es, die ihn mit dem Auto über Land von Termin zu Termin fuhr. Darüber hinaus war Hannelore Kohl eine begeisterte Sportschützin, die das regelmäßige Schießtraining als Möglichkeit zur Fokussierung auf sich selbst und als Ausgleich zum stressigen Alltag schätzte. Als ihr besonderes Hobby einmal zum Thema einer Presse-Homestory wurde, drohte sogleich ein Skandal.
Mit der Wahl zum CDU-Bundesvorsitzenden 1973 stieg Helmut Kohl endgültig in die Riege der westdeutschen Spitzenpolitiker auf. Das beherrschende Thema für die Kohls, das zunehmend den Lebensalltag auch von Hannelore und den Söhnen Walter und Peter bestimmte, war in den 1970er Jahren das der persönlichen Sicherheit. Mit der linksextremen Terrororganisation „Rote-Armee-Fraktion“ (RAF) existierte eine konkrete Bedrohung für Leib und Leben. „[W]ie ein schleichendes Gift“, so beschreiben es ihre Biografin Dona Kujacinski und der jüngere Sohn Peter rückblickend, „sickert der Terrorismus […] in das Leben der Familie Kohl ein.“ Bei Hannelore Kohl wurden hierdurch Erinnerungen an die traumatischen Erlebnisse der Flucht und der Angst um ihre Angehörigen wachgerufen. Die im Verlauf der 1970er Jahre immer umfangreicher werdenden Schutzmaßnahmen brachten notwendigerweise einen teilweisen Rückzug aus der Öffentlichkeit für sie und ihre Kinder mit sich, der vor allem von den heranwachsenden Söhnen als Belastung und als Einschränkung ihrer Entfaltungsmöglichkeiten empfunden wurde. Sie sprachen sarkastisch von ihrer Umgebung als einem „Sicherheitscamp mit öffentlichem Schulanschluss“.
Dass die Gefahr jedoch keineswegs abstrakt war, zeigten unter anderem die Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz, der Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback sowie die Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer – Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die mit der Familie Kohl bekannt und teils auch befreundet waren. Noch in der Woche vor seiner Entführung hatten Schleyer und Helmut Kohl sich in Bonn getroffen.
Eine deutliche Veränderung auch für Hannelore Kohl bedeutete die Aufgabe des Ministerpräsidentenamtes durch Helmut Kohl nach der Bundestagswahl 1976, bei der die Unionsparteien mit ihm als Kanzlerkandidaten 48,6 Prozent errangen und die absolute Mehrheit nur knapp verfehlten. Er übernahm neben dem CDU-Parteivorsitz nun auch den Vorsitz der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag und damit die Rolle des Oppositionsführers in der Bundeshauptstadt. Dieser Schritt war nicht ohne Risiko, denn er tauschte das sichere und einflussreiche Staatsamt gegen das eines reinen Partei- und Oppositionspolitikers ein. Und das Bonner Parkett war rauer als das Mainzer, die Hauptstadtpresse schoss sich schon bald auf den „Provinzpolitiker“ aus der Pfalz ein. Entsprechend schwer tat sich seine Ehefrau zunächst mit diesem Wechsel mit ungewissem Ausgang. Sie hatte die Rolle der „Landesmutter“ von Rheinland-Pfalz sehr gern ausgeübt. „Das Weggehen von Mainz ist für sie ganz bitter gewesen“, erläuterte Helmut Kohl rückblickend.
Der frühzeitige Verzicht auf die Kanzlerkandidatur für die Bundestagswahl 1980 schien zeitgenössisch betrachtet den machtpolitischen Abstieg Helmut Kohls einzuläuten, im Rückblick erwies er sich als geschickter Schachzug. Nach der Wahlniederlage des CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß verblieb Kohl im Amt des Fraktionsvorsitzenden und nutzte seine Chance, als die sozialliberale Koalition zerbrach, um als Bundeskanzler an die Spitze einer christlich-liberalen Koalition zu treten. Hannelore Kohl, Walter und Peter verfolgten am 1. Oktober 1982 die dramatischen Ereignisse dieses Tages – das erfolgreiche konstruktive Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt und die Wahl eines neuen Bundeskanzlers – von der Tribüne des Deutschen Bundestages aus.
Auch wenn sie Mainz Bonn atmosphärisch vorgezogen hatte, als Ehefrau des Bundeskanzlers konnte Hannelore Kohl nun wieder stärker Repräsentationspflichten ausüben. Hinzu kam in einem weitaus stärkeren Umfang als früher die Begleitung ihres Mannes zu Staatsbesuchen im Ausland sowie die Begrüßung und Betreuung von Staatsgästen, die Westdeutschland besuchten. Mit ihren außerordentlichen Fremdsprachenkenntnissen war sie ihrem in diesem Bereich weniger versierten Ehemann eine große Hilfe, gerade wenn es am Rande offizieller Termine um informelle Absprachen ohne Dolmetscher ging. Auch beim so genannten – den Begriff mochte sie nicht – „Damenprogramm“, also der Betreuung der Ehefrau des jeweiligen Staatsgastes, von der geschlechterspezifisch damals wohl nur Denis Thatcher, der Ehemann der britischen Premierministerin Margaret Thatcher, eine Ausnahme machte, kamen ihr diese Fähigkeiten sehr zugute und sie legte bei der Programmplanung großen Wert auf inhaltliche Substanz.
Bereits seit den 1970er Jahren begleitete Hannelore Kohl ihren Mann zu größeren Wahlkampfauftritten und nahm bisweilen auch eigene Termine wahr, zumeist in Form von Treffen und Gesprächen mit ausgewählten Personengruppen. Sie pendelte zwischen Mainz und Bonn hin und her und versuchte den – viel zu kleinen – Kanzler-Bungalow wohnlich und familienfreundlich herzurichten. Die unvermeidliche Inszenierung der Macht zeigte sich besonders deutlich bei den jährlichen Sommerurlauben der Familie Kohl im österreichischen Sankt Gilgen am Wolfgangsee. Die Bilder des Ehepaares Kohl vor malerischer Bergkulisse, am See oder umgeben von Schafen oder Kühen wurden Teil des bundesdeutschen Bildgedächtnisses.
Ihre karitativen Aktivitäten führte Hannelore Kohl in ihrer neuen Rolle ebenso fort und intensivierte sie. Im Jahr 1985 führte sie beispielsweise das jährliche Kinderfest im Park des Bundeskanzleramts ein. Im Zentrum ihres Engagements stand jedoch das von ihr 1983 gegründete Kuratorium für Menschen mit Schäden des Zentralen Nervensystems (Kuratorium ZNS). Damit schloss sie an ihre Aktivitäten in Rheinland-Pfalz an, wo sie bereits seit 1972 Schirmherrin des Fördervereins der Walter-Poppelreuther-Unfallklinik in der Nähe von Koblenz war. Die Gründungsversammlung des Kuratoriums ZNS fand am 21. Dezember 1983 im Bonner Kanzlerbungalow statt und Hannelore Kohl wurde zur Präsidentin dieses gemeinnützigen Vereins gewählt – eine Aufgabe, der sie sich bis zu ihrem Tod 2001 mit besonderer Hingabe gewidmet hat.
In diesen 28 Jahren kamen rund 30 Millionen DM an Spendengeldern zusammen. Vorrangiges Ziel war es, die Möglichkeiten der Rehabilitation und der späteren Intensivbetreuung der Patienten zu erhöhen und zu verbessern, fokussierte sich die Behandlung doch bislang in der Hauptsache auf die medizinische Erstversorgung nach einem Unfall. Die 1984 in Bonn eröffnete Geschäftsstelle des Kuratoriums wurde darüber hinaus zur zentralen Anlauf- und Servicestelle für Betroffene beziehungsweise deren Angehörige, sei es etwa zur Unterstützung bei der Vermittlung von Reha-Plätzen oder der Bitte um Hilfe im Kontakt zu Krankenkassen und Versicherungen. In Kooperation mit der Firma Nixdorf lancierte Hannelore Kohl das Projekt „Computer helfen heilen“, um mit Hilfe moderner PC-Technik den Heilungsprozess und den Lebensalltag von Menschen mit Schäden des Zentralen Nervensystems zu erleichtern. Auf Spendengalas mit Prominenten warb sie ebenso für ihr Anliegen wie in bekannten Fernsehshows wie „Wetten, dass…?“ oder als Herausgeberin eines Kochbuchs mit Rezeptvorschlägen von Hauptstadt-Journalisten. Später kam noch die „Hannelore-Kohl-Stiftung für Unfallopfer zur Rehabilitation Hirnverletzter“ hinzu, die das Sammeln von Spenden speziell für Zwecke wissenschaftlicher Forschung zum Ziel hatte. Vorwürfe zu angeblichen finanziellen Unregelmäßigkeiten beim Kuratorium ZNS, die später im zeitlichen Kontext der CDU-Spendenaffäre aufkamen, entbehrten jeder Grundlage, haben ihre Gründerin jedoch schwer getroffen.
Ob ihrer großen Verdienste für Unfallopfer mit neurologischen Schäden wurde Hannelore Kohl am 5. Mai 1995 der Ehrendoktor der Medizinischen Fakultät der Universität Greifswald verliehen. In ihrer Dankesrede erläuterte sie die Motive ihres Engagements: „Wer je in seinem Leben Hirnverletzten begegnet ist, wer je in seinem Leben den Alltag in einem Reha-Zentrum erlebt hat, der weiß aber auch, wieviel menschliches Leid die Betroffenen und nicht zuletzt auch ihre Familien erfahren. Ich halte es für ein Gebot der Menschlichkeit, dass unsere Gesellschaft diese vom Schicksal hart Betroffenen nicht allein läßt.“
Im Jahr 1988 erhielt Hannelore Kohl den Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz. Bundespräsident Roman Herzog zeichnete sie 1999 mit dem Großen Verdienstorden mit Stern aus.
Seitdem Hannelore Kohl im Jahr 1993 ein Arzneimittel verabreicht worden war, auf das sie stark allergisch reagiert hatte und wodurch sie gar in eine lebensbedrohliche Situation geraten war, war sie gesundheitlich angeschlagen. Die Beschwerden rund um eine Lichtallergie nahmen Ende der 1990er Jahre zu. Bei dieser Verschlechterung ist neben der körperlichen wohl auch eine mentale Komponente relevant gewesen, wie Zeitzeugen übereinstimmend berichten. Denn nach dem Ende der Kanzlerschaft Helmut Kohls im Herbst 1998 kam es nicht zu dem von Hannelore Kohl erhofften ruhigeren Lebensabschnitt.
Seit Ende 1999 befand sich ihr Ehemann im Zentrum der CDU-Parteispendenaffäre und sah sich – nicht ohne Grund – erheblichen Anschuldigungen ausgesetzt. Die Reputation des Altkanzlers nahm Schaden. Kritische Teile der Öffentlichkeit, in Politik und Medien nutzten die Gelegenheit auch zu einer Art Generalabrechnung mit dem von ihnen so bezeichneten „System Kohl“. Hannelore Kohl gingen die heftigen Anwürfe, die auch vor ihr selbst und den beiden erwachsenen Söhnen nicht Halt machten, sehr nah. Als „Sippenhaft“ empfand beispielsweise Walter Kohl die damalige Situation. Rückblickend schrieb er: „Fast fühlte ich mich wie ein Leprakranker. Mein Bekanntenkreis schmolz wie Schnee in der Sonne.“ Der Alltag wurde für die gesamte Familie zum Spießrutenlauf.
In ihrem letzten Zeitungsinterview, erschienen in der Welt am Sonntag vom 1. April 2001, wünschte sich Hannelore Kohl vor allem, wieder zu genesen („Das schönste wäre natürlich, gesund zu sein.“). Denn die Lichtallergie hatte sich derweil so stark verschlechtert, dass sie weitgehend ein Leben in Dunkelheit führen musste und das Haus tagsüber kaum noch verlassen konnte. In dieser zunehmend als aussichtslos empfundenen Situation entschied sie sich in einem länger vorbereiteten Schritt – sie hinterließ 20 Abschiedsbriefe – schließlich für den Freitod, den sie am 5. Juli 2001 im Wohnhaus in Ludwigshafen-Oggersheim mittels Tabletten vollzog. Am 11. Juli 2001 fand die Trauerfeier im Kaiserdom zu Speyer statt. In seiner Trauerrede würdigte Monsignore Erich Ramstetter die Verstorbene: „Wer könnte das starke soziale Engagement von Hannelore Kohl vergessen. Wir erinnern nicht zuletzt an ihr Werk ZNS zur Hilfe von Verletzten des zentralen Nervensystems. Hier hat sie gerade an das Schicksal junger Menschen gedacht. Ihr Einsatz erwuchs aus ihrer Mitmenschlichkeit, ihrem Mitleid und ihrer Menschenliebe. Zuletzt zwang ihre Krankheit sie, das Licht zu meiden und in der Dunkelheit zu leben. Es war ein Martyrium, weil sie dadurch vom Leben abgeschnitten wurde und nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen konnte.“
Das Grab Hannelore Kohls befindet sich auf dem Friedhof in Ludwigshafen-Friesenheim neben dem ihrer Schwiegereltern Hans und Cäcilie Kohl.