* geboren 29.07.1938
in
Waldenburg/Schlesien
† gestorben 08.06.2024
in
München
Professor Dr. rer. pol.
Volkswirt, Bundesminister
29.07.1938 | geboren in Waldenburg/Schlesien |
1959 | Abitur am König-Wilhelm Gymnasium in Höxter |
1959/60 | Wehrdienst, entlassen als Leutnant der Reserve |
1960-1964 | Studium der Volkswirtschaftslehre in Mainz, Frankfurt a. M. und Münster, Abschluss: Diplom-Volkswirt |
1965-1970 | Assistent am Zentralinstitut für Raumforschung und Landesplanung an der Universität Münster, Lehrbeauftragter an der Wirtschaftsakademie Hagen und der Universität Bielefeld |
1968 | Promotion zum Dr. rer. pol. mit der Arbeit „Regionalpolitik und Standortentscheidung: die Beeinflussung privater Pläne, dargestellt an der unternehmerischen Standortentscheidung“ bei Prof. Hans Karl Schneider |
1970-1971 | Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung des Zentralinstitutes für Raumforschung und Landesplanung an der Universität Münster |
1971-1978 | Leiter der Abteilung Planung und Information der Staatskanzlei des Saarlandes, Lehrbeauftragter an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, entwicklungspolitischer Gutachter in Ägypten, Malawi, Brasilien und Jordanien |
1972 | Eintritt in die CDU |
1977-1979 | Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Saarbrücken |
1978-1979 | Professor und Direktor des Instituts für Raumforschung und Landesplanung an der Universität Hannover |
1978-1979 | Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen |
1978-1985 | Staatssekretär im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Umwelt Rheinland-Pfalz |
1981-1987 | Stellvertretender Vorsitzender des CDU-Bundesfachausschusses Energie und Umwelt |
1985-1987 | Minister für Umwelt und Gesundheit in Rheinland-Pfalz |
1985/86 | Honorarprofessur für Umwelt- und Ressourcenökonomik in Mainz |
1987-1989 | Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Rhein-Hunsrück |
1987-1994 | Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit |
1989-1998 | Mitglied des CDU-Bundesvorstands |
1990-1995 | Vorsitzender des CDU-Landesverbands Saar, 1990 und 1994 Spitzenkandidat bei der Landtagswahl |
1990-1998 | Mitglied des CDU-Landesvorstands Saarland |
1990-1998 | MdB |
1992-1998 | Mitglied des Präsidiums der CDU |
1994-1998 | Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, seit 03.02.1995 Beauftragter der Bundesregierung für den Berlin-Umzug und den Bonn-Ausgleich |
1998-2006 | Unter-Generalsekretär der Vereinten Nationen, Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und Generaldirektor des Büros der Vereinten Nationen in Nairobi |
2001-2010 | Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung |
seit 2005 | Honorarprofessor an der Universität Tübingen |
seit 2007 | Professor für Umwelt und nachhaltige Entwicklung an der Tongji-Universität Shanghai |
2009-2015 | Direktor des Instituts für Klimawandel, Erdsystem und Nachhaltigkeit/Institute for Advanced Sustainability (IASS) |
Ehrungen und Auszeichnungen (in Auswahl) | |
1986 | Bundesverdienstkreuz am Bande |
1990 | Großes Bundesverdienstkreuz |
1992 | Umweltschutzpreis der „Associazione Ambiente e Lavoro“ |
1994 | „Goldene Brücke 1993“ |
1997 | Großkreuz des Bundesverdienstkreuzes |
1999 | Euronatur-Umweltpreis |
2002 | Deutscher Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt |
2003 | Großer Binding-Preis für Natur- und Umweltschutz der liechtensteinischen Binding-Stiftung |
2004 | Deutscher Staatsbürgerpreis |
2005 | Theodor-Heuss-Preis |
2005 | Dag-Hammarskjöld-Ehrenmedaille der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen |
2007 | Großes Silbernes Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich |
2008 | Hermann-Ehlers Preis |
2008 | Deutscher Nachhaltigkeitspreis für sein Lebenswerk |
2009 | Ehrenbürger von Shanghai |
2011 | Ehrenbürger von Höxter |
2015 | Verdienstorden von Nordrhein-Westfalen |
2018 | Ehrendoktorwürde der Universität Potsdam |
2019 | Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen |
"Vom Rhein nach Rio", so beschrieb Klaus Töpfer selbst im Rückblick seine Zeit als Bundesumweltminister. Sein jahrzehntelanger Einsatz für Umweltfragen und Nachhaltigkeit wurde mit zahlreichen Ehrungen gewürdigt.
Klaus Töpfer wird im letzten Friedensjahr, am 29. Juli 1938, in Waldenburg in Schlesien als Sohn eines Kreishauptsekretärs geboren. Seine ersten Kindheitsjahre sind vor allem von Not geprägt: durch den Zweiten Weltkrieg, die Vertreibung und die ersten Nachkriegsjahre in Höxter/Westfalen. Er selbst erinnert sich in einem Gespräch mit Ranga Yogeshwar 2011, dass er zusammen mit einem aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrten Onkel zu den Patronatsfesten im Umkreis geschickt wurde, um dort Nahrungsmittel für die Familie zu bekommen. Eingeprägt haben sich bei ihm aus dieser Zeit die Grundsätze seiner Mutter „Not lehrt beten“ und seines Vaters „Not macht erfinderisch“. Geformt hat ihn neben seiner schlesischen Herkunft auch das katholische Milieu Westfalens wie auch die Mitgliedschaft im Bund Neudeutschland.
Nach dem Abitur 1959 und dem Wehrdienst, aus dem er 1960 als Leutnant der Reserve entlassen wird, studiert Töpfer Volkswirtschaft in Mainz, Frankfurt a. M. und Münster. Das Studienfach soll der ältere Bruder für sich und den Jüngeren beim Vater durchgesetzt haben. Aus finanziellen Gründen ist dieser prinzipiell eigentlich gegen eine akademische Ausbildung seiner Kinder, ein Studium der Volkswirtschaft akzeptiert er jedoch als bodenständige Alternative. Sein Studium finanziert Klaus Töpfer sich durch Dachdeckerarbeiten.
Der fertige Diplom-Volkswirt arbeitet anschließend von 1965 bis 1970 als Assistent, 1970/71 als Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung, am Zentralinstitut für Raumforschung und Landesplanung der Universität Münster und als Lehrbeauftragter an der Wirtschaftsakademie Hagen sowie an der Universität Bielefeld. 1968 wird er mit der Arbeit „Regionalpolitik und Standortentscheidung: die Beeinflussung privater Pläne, dargestellt an der unternehmerischen Standortentscheidung“ bei Professor Hans Karl Schneider zum Dr. rer. pol. promoviert. Im gleichen Jahr heiratet er seine Jugendfreundin Mechthild, mit der er drei Kinder hat.
Während der Arbeit an seiner Habilitation nimmt Klaus Töpfer Kontakt mit der saarländischen Landesregierung unter Franz Josef Röder auf – eigentlich nur, um Material zu sammeln. Aber der Ministerpräsident überträgt ihm 1971 die Leitung der Abteilung Planung und Information der Staatskanzlei des Saarlandes. Ein Jahr später wird Töpfer Mitglied der CDU, 1977 übernimmt er, offensichtlich ebenfalls unter Hilfestellung Röders, die Leitung des Kreisverbandes Saarbrücken.
Doch bereits ein Jahr später erfolgt der vorläufige Abschied aus dem Saarland. Schon während der Jahre in Saarbrücken hat Töpfer seine wissenschaftliche Tätigkeit nicht aufgegeben, er engagiert sich als Lehrbeauftragter an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer und als entwicklungspolitischer Gutachter; durch die in diesem Zusammenhang durchgeführten Reisen z. B. nach Ägypten, Malawi, Brasilien und Jordanien bekommt Töpfer einen Eindruck von nicht nur logistisch, sondern vor allem wirtschaftlich entfernteren Teilen der Welt.
Die 1978 neu übernommene Aufgabe als ordentlicher Professor und Direktor des Instituts für Raumforschung und Landesplanung an der Universität Hannover hat Töpfer gerade ein Jahr inne, als aus Rheinland-Pfalz eine neue Anfrage an ihn herangetragen wird. Georg Gölter, Minister für Soziales, Gesundheit und Umwelt in Mainz fragt an, ob Töpfer, der seit einem Jahr Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen ist, sein Staatssekretär für diesen Bereich werden wolle – sicherlich auf Vorschlag von Ministerpräsident Bernhard Vogel, dessen „kreatives Kabinett“ Töpfer noch im Rückblick lobend erwähnt.
Nach eigenen Angaben übernimmt der neue Staatssekretär den Posten aus „Neugier“. Im Hinblick auf seine Karriere und im Prinzip sein Leben bis zum heutigen Tag ist es ein entscheidender Schritt hin zur Umweltpolitik. In der CDU wird er Mitglied des Bundesfachausschusses Energie und Umwelt, dessen zweiten Vorsitz er zwischen 1981 und 1987 inne hat. Im Wintersemester 1985/86 übernimmt er eine Honorarprofessur für Umwelt- und Ressourcenökonomik in Mainz und bleibt damit seiner wissenschaftlichen Herkunft verbunden.
Nach erfolgreichen sieben Jahren als erster Beamter beruft ihn Ministerpräsident Vogel 1985 zum Chef des ausgegliederten Ministeriums für Umwelt und Gesundheit. In den nächsten zwei Jahren kann Töpfer mit etlichen Erfolgen aufwarten, wozu die Durchsetzung höherer Qualitätsstandards und besserer Kontrollen im Weinbau als Reaktion auf den Glykolskandal 1985 gehören wie auch die Tatsache, dass sich in seiner Amtszeit die Anzahl der ausgewiesenen Naturschutzgebiete in Rheinland-Pfalz verdoppelt.
Insgesamt sind diese Jahre durch eine Sensibilisierung der bundesdeutschen Bevölkerung gegenüber Umweltfragen und somit deren Durchsetzung als öffentlichkeitsrelevantem Thema gekennzeichnet. Dafür verantwortlich sind besonders zwei Umweltkatastrophen des Jahres 1986: die Explosion im Kernkraftwerk Tschernobyl am 26. April und das Fischsterben im Rhein im Anschluss an das Einleiten verseuchten Löschwassers nach einem Brand bei der Firma Sandoz in Basel am 1. November.
In Reaktion auf die Verunsicherung der Bevölkerung beruft Bundeskanzler Helmut Kohl am 6. Juni 1986 Walter Wallmann zum ersten Minister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, der jedoch schon im Frühjahr 1987 als Ministerpräsident nach Hessen wechselt. Zum Nachfolger erwählt Kohl Klaus Töpfer, der daraufhin sein gerade errungenes Landtagsmandat in Mainz nicht antritt und nach Bonn wechselt. Am 7. Mai 1987 leistet er den Amtseid und tritt die Leitung seiner aus Teilen anderer Ministerien zusammengesetzten und noch immer recht provisorisch u. a. im Palais Schaumburg residierenden Behörde an.
Die Sicherheit der bundesdeutschen Atomaren Kernkraftwerke (AKW) ist das erste wichtige Thema des neuen Ministers. In den Umwelt- und Energieteil des Leitantrags für den CDU-Parteitag im Juni 1988 in Wiesbaden schreibt die Programmkommission, der neben Töpfer u. a. Rita Süssmuth, Ulf Fink und Christoph Böhr angehören, die Forderung: „Wir müssen eine Zukunft ohne Kernenergie, aber auch mit immer weniger fossilen Energieträgern erfinden.“ Eine Formulierung, die von Klaus Töpfer im Januar 1988 bereits gegenüber dem „Spiegel“ (Der Spiegel, 2/1988) und in einer Rede im Mai 1988 (Bulletin Nr. 71, 31.5.1988) gebraucht worden ist. Doch der gesamte Umweltteil, den die Frankfurter Rundschau am 27. Februar 1988 wörtlich abdruckt, wird aus dem Leitantrag gestrichen, somit dem Parteitag gar nicht vorgelegt, und damit eine Neuausrichtung der christdemokratischen Atompolitik vorerst vertagt.
Dafür beschließt das Bundeskabinett fast zur selben Zeit, im März 1988, aufgrund einiger Störfälle in bundesdeutschen AKWs und auf Drängen des Umweltministers die Errichtung des Bundesamts für Strahlenschutz, das die Kompetenzen verschiedener Ministerien in dieser Frage bündelt. Zur Sicherheit der Werke werden einige technische Neuerungen verordnet, von denen eine zur Reduktion von Wasserstoffgasen den umgangssprachlichen Namen „Töpfer-Kerze“ erhält.
Ein Jahr später, auf dem CDU-Parteitag in Bremen im September 1989, wird ein ganzer Antrag zum Thema „Unsere Verantwortung für die Schöpfung“ eingebracht, von Töpfer vorgestellt und verabschiedet. Allerdings wird in diesem Antrag nur noch sehr bedingt von „Kernenergie als Übergangstechnologie“ gesprochen und im Gegenteil diese unter der Voraussetzung hoher Sicherheitsbestimmungen als Energiequelle verteidigt. Außerdem wählen die Delegierten den Umweltminister mit den meisten Stimmen von allen Mitgliedern in den Bundesvorstand.
Zu den Errungenschaften von Klaus Töpfers Ministerzeit gehören ebenfalls das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (1989), das Duale System „Grüner Punkt“ (1991), ein FCKW-Verbot zum Schutz der Ozonschicht (1992), die Festlegung der weltweit niedrigsten Dioxin-Grenzwerte (1993) sowie die Teilnahme an der ersten internationalen Konferenz für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro. Im Rückblick als „Retter von Rio“ (Frankfurter Rundschau, 23.11.2001) bezeichnet urteilt Töpfer selbst: „Die Konferenz in Rio, dieser Erdgipfel, war ohne jeden Zweifel ein Gipfel der euphorischen Aufbruchstimmung, ein Gipfel des Optimismus.“ Der Volkswirtschaftsprofessor scheint durch, als Töpfer 1993 ein Thesenpapier zur Erweiterung der Sozialen Marktwirtschaft um die ökologische Dimension präsentiert. 1994 wird zudem mit Artikel 20a der Schutz der „natürlichen Lebensgrundlagen“ und der „Tiere“ ins Grundgesetz aufgenommen.
Ein großes Aufgabengebiet stellt sich dem Bundesumweltminister nach der Wiedervereinigung mit dem „Ökologischen Aufbau“ Ost, zu dem er 1991 ein Aktionsprogramm vorlegt. In den nächsten Jahren sorgt er für die Stilllegung aller Atomkraftwerke in den Neuen Ländern, die teilweise auf der sowjetischen Technologie beruhen, wie sie in Tschernobyl angewandt worden ist. Bekräftigt wird Töpfer in diesem Weg von seinem Besuch in dem Unglücksreaktor 1991, nach dem seine Erschütterung selbst den mitgereisten Journalisten nicht entgeht (Zeit, 25.10.1991).
Der Umweltminister ist in den Medien insgesamt recht präsent und tritt darüber hinaus mit gezielten Aktionen in die Öffentlichkeit, wozu publikumswirksame Aufrufe wie „Gemeinsam die Nordsee retten“ vom August 1988 gehören, aber auch sein allseits bekannter Sprung in den Rhein im September desselben Jahres. Noch in einem Gespräch von 2011 ist Töpfer bemüht, der Legende entgegenzuwirken, er hätte damit die erneute Unbedenklichkeit des Rheins beweisen wollen. Vielmehr handele es sich um eine verlorene Wette mit seinem SPD-Rivalen im Wahlbezirk Hunsrück, der schon während der Rheinland-Pfalz-Wahl 1987 prophezeit habe, dass Töpfer bald nach Bonn wechseln werde.
Die Präsenz in der Öffentlichkeit ist weniger für den Minister als für den Politiker Töpfer von Belang, da er, 1989 ausgerufen, 1990 gewählt, ebenfalls Landesvorsitzender der CDU im Saarland ist. Auf Wunsch des Bundeskanzlers soll er zu seinen politischen Ursprüngen nach Saarbrücken zurückkehren und als Spitzenkandidat bei den Landtagswahlen 1990 und 1994 Amtsinhaber Oskar Lafontaine herausfordern – ein Bemühen, das jedoch erfolglos bleibt.
Fast zeitgleich mit seinem erneuten Rückzug aus dem Saarland, der durch die Abgabe des Landesparteivorsitzes 1995 amtlich wird, muss Töpfer eine Pause in seinem umweltpolitischen Engagement einlegen. Er übergibt seinen Ministerposten an Angela Merkel und übernimmt selbst das Ressort für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau.
Spekulationen, er selbst hätte lieber den Unionsfraktionsvorsitz übernommen oder Kanzler Kohl wollte einen als möglichen Nachfolger gehandelten Konkurrenten abschieben, machen zwar die Runde, passen aber nicht zur zusätzlichen Berufung Töpfers zum Beauftragten der Bundesregierung für den Berlin-Umzug und den Bonn-Ausgleich im Februar 1995. Für diesen Posten erscheint er durchaus als prädestiniert, da er zwar immer für Berlin votiert, niemals aber zu den Vorreitern dieser Richtung gehört. Dabei ist für den gebürtigen Schlesier der Umzug der Regierung vom Rhein an die Spree durchaus ein Zeichen der „Öffnung nach Osten“, wie er in einem Interview mit Karl Hugo Pruys 1996 betont.
Bereits nach der Konferenz in Rio wird Klaus Töpfer Vorsitzender der „Commission on Sustainable Development“ (CSD) der Vereinten Nationen. 1997 erreicht ihn das Angebot, Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und Generaldirektor des Büros in Nairobi zu werden, verbunden mit dem Titel eines Unter-Generalsekretärs. Mitte November akzeptiert er und tritt den Posten im Januar 1998 an, somit einige Monate vor der Abwahl der Regierung Kohl im Herbst desselben Jahres.
In Nairobi, bzw. bei seinen Reisen um die ganze Welt für die UNEP verändert sich Töpfers Standpunkt. Zwar hat er schon vorher die globale Herangehensweise an Umweltfragen für eine absolute Notwendigkeit gehalten, die weltweite gegenseitige Abhängigkeit betont er aber jetzt noch stärker. Er verlangt einen Ausgleich zwischen den armen und reichen Ländern unter der Maßgabe eines Wachstums, das „ökologisch verträglich ist“. Seine Forderung nach einem Marshallplan für die weltweite Wasserversorgung hat ebenso den gesamten Planeten im Blick wie der Kampf gegen die „Verwüstung“. Für das Vorgehen gegen Umweltsünder schlägt er eine global agierende Einsatztruppe die „UNO-Grünhelme“ vor. Seine Mission ist ihm dabei wichtiger als Rücksicht auf seine Partei. Im Oktober 2000 lobt er nicht nur die Ökosteuer, sondern die gesamte Umweltpolitik der rot-grünen Bundesregierung (dpa, 18.10.2000).
Doch ganz lässt ihn die deutsche Politik nicht los: 2001 und 2006 wird er als Spitzenkandidat der CDU für die Wahl in Berlin gehandelt, 2004 und 2012 als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten. 2004 begrüßen sogar die „Grünen“ seine mögliche Kandidatur und die Presse spekuliert bereits über eine schwarz-grüne Mehrheit in der Bundesversammlung. 2012 ergibt eine Umfrage für die Fernsehsendung „Günther Jauch“ immerhin noch eine Zustimmung für einen Bundespräsidentenkandidaten Klaus Töpfer von 36 %. Das sind nur 13 % weniger als der spätere Kandidat und Amtsinhaber Joachim Gauck erhält. Angesichts seiner vierzehnjährigen Abstinenz von der deutschen Politik ein mehr als respektables Ergebnis für Töpfer.
Doch als 2006 seine zweite Amtszeit, nach seiner Wiederwahl 2002, bei der UNO zu Ende geht, zieht sich Klaus Töpfer aus der aktiven Politik zurück und wendet sich wieder verstärkt der Wissenschaft zu. Inzwischen mit zahlreichen Ehrendoktortiteln ausgezeichnet ist er von 2001 bis 2010 Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung, seit 2005 Honorarprofessor an der Universität Tübingen, seit 2007 Professor für Umwelt und nachhaltige Entwicklung an der Tongji-Universität Shanghai, 2009 bis 2015 amtiert er als Gründungsdirektor des Instituts für Klimawandel, Erdsystem und Nachhaltigkeit (Institute for Advanced Sustainability, IASS) in Potsdam. International ist er immer noch eine bekannte Persönlichkeit. Im Frühjahr 2018 beruft ihn die internationalen Energiegemeinschaft Energy Community in Wien, um den Stromstreit zwischen Kroatien und Serbien zu schlichten.
Eine bedingte Rückkehr in die Politik, zumindest in die Öffentlichkeit, stellt für Klaus Töpfer der Vorsitz in der Ethikkommission „Sichere Energieversorgung“ dar, den die Bundesregierung nach der atomaren Katastrophe in Fukushima am 11. März 2011 einberuft. Der Abschlussbericht vom 30. Mai 2011 empfiehlt einen Ausstieg aus der Kernenergie – eine Überzeugung, die der Vorsitzende schon 1988 zur Politik der Bundesregierung hat machen wollen. Für Töpfer ist das Restrisiko nicht zu kalkulieren. In dem Gespräch von 2011 erklärt er: „Als Kind habe ich gelernt, dass Allwissenheit eine göttliche Tugend ist. Menschliches Entscheiden (…) ist immer ein Entscheiden bei unvollkommener Information.“
Solche zitierfähigen Thesen formulierte Klaus Töpfer oft und gerne. Das „Diktat der Kurzfristigkeit“ ist schon fast ein geflügeltes Wort und seine Warnung eindrücklich: „Klimapolitik ist die Friedenspolitik der Zukunft.“ Ab 2016 leitete Klaus Töpfer zusammen mit Miranda Schreurs nun das Nationale Begleitgremium zur Entsorgung hochradioaktiver Abfallstoffe (NBG) und setzte sich dafür ein, die Folgen der Atomenergie wenigstens einzudämmen.
Ab 2011 wohnte Töpfer erneut in seiner Nachkriegsheimat Höxter, hier wurde er auch zum Ehrenbürger ernannt. 2012 wurde er in die „Kyoto Earth Hall of Fame“ aufgenommen. Die Präfektur der japanischen Stadt Kyoto würdigte mit dieser Auszeichnung Töpfers "herausragendes und jahrlanges Engagement für Nachhaltigkeit und Umweltschutz weltweit", wie beispielsweise seine Rolle als Wegbereiter der Kreislaufwirtschaft. Am 16. September 2019 verlieh Armin Laschet Töpfer den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen für sein "jahrzehntelanges herausragendes Engagement zur Bewahrung der Schöpfung, in Anerkennung seiner internationalen Verdienste für den Umwelt- und Naturschutz und eine globale nachhaltige Entwicklung sowie für seine Verdienste um sein Heimatland Nordrhein-Westfalen".
Am 8. Juni 2024 verstarb Klaus Töpfer in München.