* geboren 16.11.1948
in
Bochum
Dr. rer. soc.
Sozialwissenschaftler, Parlamentarischer Staatssekretär, Bundestagspräsident, Honorarprofessor, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
1964 | Eintritt in die JU |
1966 | Eintritt in die CDU |
1967 | Abitur |
1967-1969 | Wehrdienst |
1969-1975 | Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Neueren Geschichte und Sozialökonomie an den Universitäten Bochum und Oxford |
1972 | Abschluss zum Diplom-Sozialwissenschaftler |
1975 | Promotion |
seit 1975 | freiberufliche Tätigkeit als Dozent und Publizist, Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft an den Fachhochschulen Bochum und Hagen |
1975-1980 | Mitglied im Rat der Stadt Bochum |
1977-1985 | stellvertretender Kreisvorsitzender der CDU Bochum |
1978-1984 | stellvertretender Vorsitzender der JU Westfalen-Lippe |
1980-2017 | Mitglied des Deutschen Bundestages |
1980-1989 | Mitglied des Wirtschaftsausschusses |
1983-1989 | stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages |
1984-1991 | Vorsitzender der Deutsch-Brasilianischen Parlamentariergruppe |
seit 1986 | Mitglied im Landesvorstand der CDU Nordrhein-Westfalen |
1986-2008 | Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes Ruhr |
1989-1994 | Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft |
1991-1997 | stellv. Landesvorsitzender der CDU Nordrhein-Westfalen |
1994-1997 | Parlamentarischer Staatsekretär im Bundesministerium für Wirtschaft |
1995-1998 | Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt |
1996-2005 | Vorsitzender der CDU-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen im Deutschen Bundestag |
1997-1998 | Parlamentarischer Staatsekretär im Bundesministerium für Verkehr |
1998-2002 | Kultur- und medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion |
seit 1999 | Vorsitzender des Netzwerks Kultur der CDU Deutschlands |
2001-2017 | stellv. Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. |
2002-2005 | Vizepräsident des Deutschen Bundestages |
2004-2014 | Mitglied der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr |
seit 2005 | Lehrbeauftragter an der Ruhr-Universität Bochum |
2005-2017 | Präsident des Deutschen Bundestages |
seit 2008 | Honorarprofessor an der Ruhr-Universität Bochum |
seit 2018 | Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. |
Als Präsident des Deutschen Bundestags von 2005 bis 2017 fungiert Norbert Lammert protokollarisch als „zweiter Mann im Staat“ nach dem Bundespräsidenten. Seine Amtsführung als Parlamentspräsident findet über Parteigrenzen hinweg hohe Anerkennung. Seit dem 1. Januar 2018 steht Lammert an der Spitze der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
Norbert Lammert wird am 16. November 1948 als Sohn des katholischen Bäckermeisters und Kommunalpolitikers Ferdinand Lammert und dessen Frau Hildegard in Bochum geboren. Dort wächst er als ältestes von sieben Kindern auf. 1967 absolvierte er sein Abitur an einem altsprachlich-humanistischen Gymnasium. Nach dem Wehrdienst beginnt er 1969 ein Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Neueren Geschichte und Sozialökonomie in Bochum und Oxford, das er 1972 mit einem Diplom abschließt. 1975 folgt die Promotion zum Doktor der Sozialwissenschaften. In den Jahren darauf ist er als freiberuflicher Dozent in der Erwachsenen- und Weiterbildung bei verschiedenen Akademien, Stiftungen, Verbänden und Firmen tätig. An den Fachhochschulen Bochum und Hagen lehrt er als Dozent für Politikwissenschaft.
Bereits als Schüler tritt Lammert 1964 der Jungen Union bei, von 1978 bis 1984 ist er stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Union Westfalen-Lippe. 1966 erfolgt sein Beitritt zur CDU. Von 1975 bis 1980 vertritt er die CDU im Rat seiner Heimatstadt Bochum. Über die Landesliste Nordrhein-Westfalen gelingt ihm 1980 erstmals der Einzug in den Deutschen Bundestag. Dort wird er stellvertretender Vorsitzender des Wahlprüfungsausschusses, Mitglied im Wirtschaftsausschuss sowie im Ältestenrat. Von 1984 bis 1991 leitet er die Deutsch-Brasilianische Parlamentariergruppe. In dieser Zeit zählt Lammert zum sogenannten linkskatholischen Reformflügel der CDU. Früh zeichnet ihn die Fähigkeit aus, seine politischen Überzeugungen auch gegen den Widerstand der eigenen Parteiführung offensiv zu vertreten.
Lammerts weiterem politischen Werdegang schadet dies jedoch nicht, da er zugleich in Partei und Fraktion den Ruf eines seriösen Arbeiters genießt. 1986 rückt er an die Spitze des CDU-Bezirksverbandes Ruhrgebiet. Mit seiner Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden der Landespartei erfolgt 1991 der nächste innerparteiliche Karriereschritt.
1989 wird er zum Parlamentarischen Staatssekretär im Bildungs- und Wissenschaftsministerium ernannt. In diesem Amt setzt sich Lammert für ein größeres Mitspracherecht der Hochschulen bei der Auswahl ihrer Studenten ein. 1994 wechselt er als Parlamentarischer Staatssekretär ins Bundeswirtschaftsministerium, von 1997 bis 1998 ist er in dieser Funktion im Verkehrsministerium tätig. 1995 übernimmt er zusätzlich das Amt des Koordinators der Bundesregierung für die deutsche Luft- und Raumfahrt.
1994 bewirbt sich Lammert in der CDU Nordrhein-Westfalen um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 1995. In einer Urwahl unter den Parteimitgliedern setzt sich jedoch der CDU-Fraktionschef im Landtag und späteren NRW-Finanzminister Helmut Linssen deutlich durch. Erfolgreicher verläuft Lammerts Aufstieg innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. 1996 wird er zum Vorsitzenden der großen CDU-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen im Bundestag gewählt.
Nach seinem Ausscheiden aus der Bundesregierung in Folge der Wahlniederlage der CDU bei der Bundestagwahl 1998 wird Lammert, der in seiner Jugend gerne Berufsmusiker geworden wäre, kultur- und medienpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Damit übernimmt er in der Opposition den Gegenpart zum Kulturstaatsminister der rot-grünen Bundesregierung. 1999 wird ihm auch die Leitung des Gesprächskreises Kultur der Bundes-CDU übertragen. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten seiner Arbeit zählen die Kulturaufgaben des Bundes wie die Auswärtige Kulturpolitik, die Filmwirtschaft und Fragen der Hauptstadtkultur. Die personelle Neuaufstellung der CDU in Folge der Parteispendenaffäre 2000 unterstützt Lammert nachdrücklich. In seiner Funktion als Vorsitzender der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen legt er dem Partei- und Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schäuble den Verzicht auf seine Ämter nahe. Damit unterstützt er den Aufstieg der bisherigen Generalsekretärin Angela Merkel zur neuen Parteivorsitzenden. 2002 setzt sich Lammert für Angela Merkel als Kanzlerkandidatin der Unionsparteien ein. Lammert selbst ist als erfolgreicher „Strippenzieher“ (DIE WELT) wiederholt für höhere Ämter im Gespräch, so etwa als CDU-Generalsekretär oder als 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2002 gilt er für den Fall eines Wahlsieges der Unionsparteien als aussichtsreicher Kandidat für das Amt des Kulturstaatsministers. Nach der für die CDU verlorenen Wahl wird Lammert bei der konstituierenden Sitzung des Deutschen Bundestages am 17. Oktober 2002 zum Vizepräsidenten des Parlaments gewählt. Bei der Bundestagswahl 2005 ist er als Mitglied des Kompetenzteams von Angela Merkel zuständig für Kulturpolitik.
In der neuen schwarz-roten Regierung übernimmt er jedoch nicht das Amt des Kulturstaatsministers. Auf Vorschlag von Angela Merkel wählt der Deutsche Bundestag den „leidenschaftlichen Parlamentarier“ (Frankfurter Rundschau) am 18. Oktober 2005 mit 93,1% der Stimmen zum neuen Bundestagspräsidenten und damit zum Nachfolger von Wolfgang Thierse. Neben seiner Tätigkeit als Bundestagspräsident übt er seit 2005 auch eine Lehrtätigkeit an der Fakultät für Sozialwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum aus.
Seinem politischen Vorbild Eugen Gerstenmaier nacheifernd, wirkt Lammert als ein aktiv an der Politikgestaltung beteiligter Bundestagspräsident, der sich nicht nur als Moderator versteht, sondern konkrete Initiativen ergreift. Seine Aufgabe sieht er insbesondere darin, durch sein Handeln das Ansehen von Politikern und dem Parlament innerhalb der Gesellschaft zu verbessern. So kritisierte er zum Beispiel wiederholt die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten, wenn sie seiner Ansicht nach nicht ausreichend von den Plenarsitzungen des Bundestages berichteten. Auch setzt er sich für die Stärkung des Parlamentes und der Parlamentarier im Verhältnis zur Regierung ein. Im Oktober 2010 formuliert er: „Nicht die Regierung hält sich ein Parlament, sondern das Parlament bestimmt und kontrolliert die Regierung“. Als Bundestagspräsident behält Lammert seine Unabhängigkeit und lehnt mehrere Initiativen der von der CDU geführten Bundesregierung ab, sofern er durch diese die Rechte des Parlamentes beeinträchtigt sieht oder er sie generell für falsch erachtet. Zur „Kultur einer parlamentarischen Demokratie“ gehört für ihn auch die Achtung der Rechte von Minderheiten. In Debatten um die Euro-Rettung erteilt er Abweichlern aus Union und FDP das Wort, obwohl sie von ihren Fraktionen nicht als Redner nominiert worden waren. Immer wieder nimmt Lammert zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen Stellung. Um den Gestaltungsspielraum der Politik vor und nach Wahlkämpfen zu erweitern, fordert er 2009 die Verlängerung der Legislaturperiode des Deutschen Bundestages von vier auf fünf Jahre. Außerdem setzt er sich dafür ein, Deutsch als Amtssprache der Bundesrepublik im Grundgesetz zu verankern. Als bekennender Katholik initiiert er 2012 einen Aufruf für die Ökumene und die Überwindung der Kirchenspaltung. Intensiv beteiligt er sich an Debatten um die Fragestellung, welche Werte die deutsche Gesellschaft zusammen halten.
Als Bundestagspräsident gewinnt Lammert schnell an Profil und Anerkennung. Seinen Hang zu Humor und Selbstironie werden genauso geschätzt wie seine unparteiische Amtsführung. So würdigt ihn Günter Bannas 2010 in der FAZ als jemanden, der „Abstand zu den Mehrheiten und auch zu seiner eigenen Partei und Fraktion hält. Er lässt sich nicht instrumentalisieren und nicht die eigene Meinung verbieten“. Thomas Schmid bezeichnet ihn 2011 in der WELT als einen „Glücksfall“ und „Wächter der Demokratie“, der „als ein schöngeistiges, als ein intellektuell anspruchsvolles Oberhaupt des immer noch recht jungen deutschen Parlamentarismus zu glänzen“ versteht. Zählt er bei seinem Amtsantritt als zu den „leise, im Hintergrund wirkenden Politikern in Berlin“ (FAZ 2005), bescheinigt ihm Marc Hujer bereits ein Jahr später im SPIEGEL die Qualität eines „politischen Unterhaltungskünstlers“. Für Wolfgang Bosbach ist Lammert „derjenige bei uns, der die schönsten Reden halten kann“. Dass seine Amtsführung über die Parteigrenzen hinweg anerkannt wird, zeigt sich auch in den Wahlergebnissen bei seiner Wiederwahl. So bestätigen ihn die Abgeordneten des Deutschen Bundestags nach der Bundestagswahl 2009 mit 84,6% und nach der Bundestagswahl 2013 mit 94,6% in seinem Amt. Lammert ist mit Gertrud Lammert verheiratet und Vater von vier Kindern. Er ist Honorarprofessor der Ruhr-Universität Bochum und Träger hoher nationaler wie internationaler Auszeichnungen. Seit 2001 ist Lammert stellvertretender Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) sowie Vorsitzender der 2002 von ihm gegründeten und mit der KAS verbundenen gemeinnützigen Norbert-Lammert-Stiftung. Zu seinen Hobbies zählen Literatur, Musik und Fußball.
2016 verkündet Lammert, dass er zur Bundestagswahl 2017 nicht mehr kandidieren werde. Am 1. Januar 2018 übernimmt er den Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung.