24. September 1997

Rede bei der Festveranstaltung anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Instituts für Demoskopie Allensbach im Haus der Geschichte

 

Liebe Frau Professor Noelle-Neumann,
liebe Frau Dr. Köcher,
meine Damen und Herren Abgeordneten,
Exzellenzen, meine sehr verehrten Damen und Herren,

 

ich bin gern gekommen, um zum fünfzigjährigen Jubiläum des Instituts für Demoskopie Allensbach meine herzlichen Glückwünsche zu überbringen. Dies ist heute ein guter Tag, um zuzuhören, sich zu erinnern und auch etwas zu lernen. Vor allem ist es ein guter Tag und eine gute Gelegenheit, dem Allensbacher Institut ein Wort des Respekts und der Dankbarkeit zu sagen.

 

"Allensbach" hat sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten zu einer festen Institution entwickelt. Der Name des kleinen Städtchens am Bodensee ist überall in Deutschland - und weit über Deutschland hinaus - ein Synonym für seriöse Meinungsforschung auf höchstem wissenschaftlichen Niveau. Das Allensbacher Institut war in Deutschland Pionier auf diesem Gebiet, es hat ein wissenschaftliches und unternehmerisches Feld erschlossen, das bei uns unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg noch weitgehend unbekannt war.

 

Heute ist die Meinungsforschung - und Allensbach - aus dem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben unseres Landes nicht mehr wegzudenken. Allensbach betreibt Marktforschung, Mediaforschung, Sozialforschung und aktuelle politische Meinungsforschung mit gleicher erprobter Professionalität. Auf all diesen Gebieten ist die Entwicklung des Allensbacher Instituts zu einer bemerkenswerten Erfolgsgeschichte geworden.

 

Es ist zugleich die Erfolgsgeschichte einer außergewöhnlichen Frau. Liebe Frau Noelle-Neumann, was aus Allensbach geworden ist - die herausragende Stellung des Instituts, sein wissenschaftlicher Ruf, sein internationales Ansehen -, ist vor allem Ihr Verdienst und Ihr Lebenswerk. Dafür gebührt Ihnen große Anerkennung und aller Dank.

 

Aus vielen Gesprächen mit Ihnen weiß ich, wie stark gerade auch die traumatische Erfahrung des Untergangs der Weimarer Republik Antrieb für Sie war, auf dem Gebiet der Demoskopie zu arbeiten. Es gehört ein ungewöhnliches Maß an Dummheit - man kann auch sagen: Bösartigkeit - dazu, diese historischen Erfahrungen so verfälscht darzustellen, wie wir dies vor kurzer Zeit erlebt haben. Dieses persönliche Wort wollte ich Ihnen sagen.

 

Es ging Ihnen von Anfang an darum, die Demoskopie als Hilfsmittel der Demokratie zu nutzen - und das heißt auch, Warnsignale frühzeitig erkennen zu können, undemokratische Meinungstrends aufzuspüren, um sie rechtzeitig bekämpfen zu können. Immer wieder hat das Allensbacher Institut als Vorreiter gewirkt. Ich nenne als Beispiel die ersten statistisch-repräsentativen Jugendumfragen 1947/1948, die ersten Umfragen zur Erforschung der politischen Meinung für die Landesregierung Baden 1948, die ersten Radiohörer-Umfragen 1948/49 sowie die Umfragen nach der Währungsreform 1948, die im Auftrag Ludwig Erhards durchgeführt wurden.

 

Der Respekt, den sich Allensbach damit rasch erworben hat, kommt exemplarisch in einer Geste des Emnid-Gründers, Karl-Georg Freiherr von Stackelberg, zum Ausdruck: Er stiftete zwei wasserspendende steinerne Igel für den Innenhof des Allensbacher Institutes. Bis zum heutigen Tag künden diese Igel dem Besucher davon, daß Allensbach in der Regel immer etwas früher am Ziel war als die anderen.

 

Diese Geste ist ein Beispiel für einen freundschaftlichen Umgang konkurrierender Meinungsforschungsinstitute miteinander, wie er auch heute vorbildlich ist. Seither hat sich vieles verändert, aber nicht immer zum Positiven. Heute tummeln sich auf dem Markt der Meinungsforschung viele Institute - manche, wie ich auch, meinen schon: zu viele -, aber wer fair ist, muß anerkennen, daß "Allensbach" den Weg geebnet hat. Und bis heute setzt das Institut für Demoskopie Maßstäbe, an denen sich andere orientieren müssen, wenn sie mithalten wollen.

 

So stehen 50 Jahre Allensbacher Institut auch für 50 Jahre Demoskopie in Deutschland. Mehr noch: In der Arbeit, die in diesen Jahrzehnten am Bodensee geleistet wurde, spiegelt sich ein gutes Stück Geschichte unserer Bundesrepublik Deutschland wider. Es ist faszinierend, im Rückblick auf diese Zeit in den Allensbacher Daten und Analysen zu blättern: Man begegnet dort den großen politischen Streitfragen ebenso wie den - vermeintlich - "kleinen" Sorgen des Alltags; man stößt auf die Meinung schweigender Mehrheiten, die zu der veröffentlichten Meinung vieler Zeitungskommentare nur allzu häufig in einem auffallenden Widerspruch steht; man kann nachempfinden, welche Hoffnungen, Wünsche und auch Ängste die Menschen in den vergangenen Jahrzehnten bestimmten.

 

Nicht zuletzt finden sich in den Allensbacher Untersuchungen Momentaufnahmen einer Lebenswirklichkeit, die für eine Mehrzahl der Deutschen vor noch gar nicht langer Zeit selbstverständlich war - die sich aber viele Jüngere heute gar nicht mehr vorstellen können. So fragten die Interviewer von Allensbach in den Anfangsjahren der Bundesrepublik Deutschland auch nach der Ausstattung der Haushalte. Es stellte sich heraus, daß immerhin neun Prozent der Bundesbürger ein Klavier, aber nur sechs Prozent ein Auto besaßen. Als die Fragesteller von Allensbach wissen wollten, ob die Deutschen auf die Soziale Marktwirtschaft setzten oder ob wieder Bezugsscheine eingeführt werden sollten, entschied sich Anfang der 50er Jahre noch eine demoskopische Mehrheit für das Bezugskartensystem.

 

Die Beispiele stammen aus dem ersten "Jahrbuch der Öffentlichen Meinung", das im Jahre 1956 erschien. Diese bis heute fortgeführten Jahrbücher zeichnen ein Bild der gesellschaftlichen Entwicklung, das nicht nur für den Zeitgenossen von größtem Interesse ist. Sie sind eine unverzichtbare Fundgrube für jeden Zeithistoriker oder politisch Interessierten, der sich über den Wandel von Einstellungen und Ansichten im Lauf der vergangenen Jahrzehnte informieren will. Ich freue mich besonders, daß heute anläßlich des runden Geburtstages des Instituts für Demoskopie das erste vollständig gesamtdeutsche Jahrbuch vorgestellt wird. Ich freue mich sehr auf die Lektüre und wünsche dem Werk viele Leser.

 

Das Institut für Demoskopie Allensbach ist älter als die Bundesrepublik Deutschland. Als Sie, liebe Frau Noelle-Neumann, 1947 am Bodensee Ihre Arbeit aufnahmen, existierten in Deutschland keinerlei Vorbilder für ein solches Projekt. Aber - wie so oft - Vorurteile gegenüber der Meinungsforschung gab es schon genug. So meldeten sich in der Anfangszeit immer wieder Zweifler zu Wort, die bereits den Grundansatz - das Verfahren der repräsentativen Erhebung auf der Grundlage von 1000 bis 2000 Befragten - als wissenschaftlich fragwürdig kritisierten. Ich kann mich gut daran erinnern - ich war, wie Sie wissen, damals schon politisch tätig -, wie höchst achtbare Persönlichkeiten auch in meiner Partei sagten: "Hört auf mit diesem Blödsinn. Was sollen wir mit Meinungsumfragen? Klebt lieber ein paar Plakate und haltet eine Versammlung ab!"

 

Seither hat sich vieles verändert: Die Skepsis gegenüber der Demoskopie ist häufig einer allzu großen Demoskopiegläubigkeit gewichen. Und viele - nicht nur in der Politik - verwechseln eine Augenblicksaufnahme der politischen Meinung mit der Realität von Entscheidungssituationen. Frau Dr. Köcher hat dies eben sehr gut herausgearbeitet. Es ist ein fundamentaler Unterschied, ob die Menschen im Jahr vor einer Wahl zu ihrer politischen Stimmung befragt werden oder ob sie in der Wahlkabine stehen. Wie Sie alle wissen, bin ich ja ein Nutznießer dieser Tatsache.

 

Ein grundlegendes Dilemma der Meinungsforschungsinstitute ist geblieben. Sie sind die Überbringer mitunter auch schlechter demoskopischer Nachrichten, und so ziehen sie sich - wie manch reitender Bote - manchmal den Unmut eines Auftraggebers zu. Es geht dann nach der Devise: Sind die Zahlen für den Auftraggeber gut, ist auch das Institut gut; sind die Zahlen schlecht, so kann es natürlich nur an den fehlerhaften Umfragemethoden des Instituts liegen.

 

Meine Damen und Herren, die Demoskopie ist heute ein sehr wichtiger Bestandteil des öffentlichen Lebens, der höchste Aufmerksamkeit findet. Die Daten der Meinungsforschung sind in vielerlei Hinsicht zu einer unentbehrlichen Entscheidungsgrundlage geworden. Gerade die seriösen Meinungsforschungsinstitute wissen, wie hart ein guter Ruf erkämpft, wie sorgsam er bewahrt werden muß. Sie müssen daher jedes Interesse haben, frühzeitig den Gefahren zu wehren, die der Meinungsforschung drohen.

 

Die Vielzahl der Institute und der hart umkämpfte Auftragsmarkt führen manchmal dazu, daß nicht jedes Institut bei der Ergebnisermittlung jene wissenschaftliche Sorgfalt anwendet, die der Sache nach angebracht wäre. Problematisch ist auch ein anderes Verhalten: Immer wieder können wir beobachten, daß Umfrageergebnisse ganz gezielt zu bestimmten Zeitpunkten veröffentlicht werden - etwa vor Wahlen oder anderen wichtigen politischen Ereignissen wie Parteitagen. Es ist ganz offensichtlich, daß mit einem solchen "Timing" Entscheidungen beeinflußt werden sollen.

 

Unverkennbar übt Demoskopie einen großen Einfluß aus. Aber alle Beteiligten - das ist keine Frage der Parteipolitik - sollten ein Interesse daran haben, daß Demoskopie nicht zu einer Waffe in der Politik wird. Sie darf nicht manipuliert werden, und sie darf nicht manipulieren, sonst zerstört sie auf Dauer die Existenzgrundlage, auf der sie ruht - ihre Glaubwürdigkeit. Wir alle, vor allem aber die Meinungsforschungsinstitute selbst, müssen solche Entwicklungen aufmerksam verfolgen und dazu auch kritisch Stellung beziehen. Es zeichnet das Allensbacher Institut aus, daß es genau dies immer getan hat und weiter tut. Erfreulicherweise ist in den letzten Jahren bei allen leistungsstarken und seriösen Instituten die Sensibilität dafür gewachsen. Die Demoskopen haben es selbst in der Hand, den guten Ruf der Meinungsforschung insgesamt zu bewahren und auszubauen.

 

Meine Damen und Herren, der Demoskopie kann eine enorme Bedeutung in der Demokratie zukommen. Sie ist eine Art "Frühwarnsystem", das auf Verschiebungen im Meinungsklima, auch auf problematische Entwicklungen hinweist, das Informations- und Argumentationsdefizite aufzeigt. Die demoskopischen Daten entschlüsseln der Politik, was von einer Mehrheit oder Minderheit der Bevölkerung in einem bestimmten Augenblick gedacht und gewünscht wird.

 

Das ist in unserer demokratischen Ordnung um so wichtiger, als jede Interessengruppe ihre spezifischen Forderungen ganz selbstverständlich als Mehrheitsmeinung deklariert. Auch manche Journalisten tarnen ihre persönlichen politischen Überzeugungen gern mit dem Mäntelchen allgemeiner Zustimmung. Da ist im Kommentar dann von "den Wählern" oder "den Bürgern" die Rede - wenn man aber genauer hinschaut, sind es gar nicht die Meinungen der Bürger, die wiedergegeben werden, sondern nur die des Chefredakteurs oder der Chefredakteurin der Fernsehanstalt. Die Demoskopie übt hier eine wichtige Kontrollfunktion aus. Sie hilft, die Vielzahl verschiedener Ansichten richtig einzuordnen und Fehlurteile zu vermeiden. So schafft sie auch Spielraum für politisches Handeln.

 

Die seismographische Funktion ist der Schlüssel zum richtigen Verständnis der Meinungsforschung. Eine ganz andere Frage ist, wie die Politik diesen Seismographen nutzt. Helfen können die demoskopischen Daten nur dem, der sie zu bewerten weiß. Und wer in die Ergebnisse der Meinungsforschung hineininterpretiert, was er gerne herauslesen möchte, wird von ihnen zwangsläufig getäuscht werden. Ganz wichtig ist es, den Unterschied zwischen Seismograph und Kompaß zu kennen. Die politische Wegbestimmung ist gerade nicht die Aufgabe der Meinungsforschung. Demoskopie kann politisches Handeln nicht ersetzen.

 

In Existenzfragen einer Nation erweist sich politische Führungskraft vor allem darin, den Stimmungen des Augenblicks nicht nachzugeben. Hierfür bietet die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine Reihe bedeutsamer Beispiele. Auf Ludwig Erhard und die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft habe ich bereits hingewiesen. Dieses Erfolgsmodell einer freiheitlichen und solidarischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung wäre niemals in die Wirklichkeit umgesetzt worden, hätte Ludwig Erhard zum Beispiel die vorhin erwähnten Umfrage-Ergebnisse über das Bezugskartensystem als politische Handlungsanleitung mißverstanden.

 

Ich erinnere an Konrad Adenauers Kampf um die Westintegration, insbesondere um die NATO-Mitgliedschaft Deutschlands. Das waren zutiefst emotionale Auseinandersetzungen. Heute kann sich kaum noch jemand vorstellen, was es bedeutete, gegenüber Menschen, die den Krieg erlebt hatten, von denen viele nahe Angehörige verloren hatten, die als richtig erkannte Auffassung zu vertreten: Die Bundesrepublik Deutschland muß jetzt Mitglied in der NATO werden.

 

Ich nenne die notwendige und schwierige Entscheidung für die Umsetzung des NATO-Doppelbeschlusses 1983 angesichts einer aufgewühlten Öffentlichkeit. Heute wissen wir - nicht zuletzt von Michail Gorbatschow -, daß ohne den deutschen Beschluß zur Stationierung der Mittelstreckenraketen die Geschichte einen anderen Verlauf genommen hätte. Die deutsche Einheit wäre sicherlich 1990 nicht möglich gewesen. Auch die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion hätten wir im Sommer 1990 nicht einführen können, wären wir der anfänglich großen Skepsis in der Bevölkerung gefolgt. Aber wir mußten diese Entscheidung treffen, wir haben es getan, und es war richtig.

 

Heute stellt sich uns mit der Einführung der gemeinsamen europäischen Währung, des Euros, erneut eine solche Situation. Es kann keinen Zweifel geben: Auch diese Entscheidung stößt auf Fragen und Vorbehalte. Das ist nicht verwunderlich, geht es doch um die tiefgreifendste Veränderung in unserem Land nach der Deutschen Einheit. Zudem haben die Deutschen die D-Mark als Zeichen wirtschaftlicher Stärke und Stabilität schätzengelernt. Vor diesem Hintergrund kann mancher der Versuchung nicht widerstehen, die Sorgen der Bürger für den politischen Tageskampf zu mißbrauchen. Doch davon dürfen wir uns nicht beirren lassen. Die Einführung des Euros ist eine wesentliche Voraussetzung für eine gesicherte Zukunft unseres Landes. Sie ist unerläßlich, um Deutschland und die Europäische Union auf die Anforderungen des 21. Jahrhunderts vorzubereiten.

 

Mit dem Euro verbindet sich politisch ein immer engeres Miteinander der europäischen Partner, wirtschaftlich die Chance auf größere Wettbewerbsfähigkeit, gesicherten Wohlstand und neue Arbeitsplätze. Deshalb werden wir die notwendigen Entscheidungen treffen und den Euro fristgerecht und unter strikter Einhaltung der Stabilitätskriterien wie vorgesehen einführen. Demoskopische Daten dürfen uns nicht davon abhalten, das als richtig Erkannte zu tun - sonst versagen wir vor unserer Verantwortung.

 

Aber natürlich gehört es auch zur politischen Führung in der Demokratie, der in den demoskopischen Daten gespiegelten Skepsis durch Überzeugungsarbeit zu begegnen. Genau darum geht es beim Umgang mit der Demoskopie: Bestimmt die Meinungslage die politischen Entscheidungen - oder setzen wir darauf, durch klare politische Entscheidungen letztlich die Meinungslage zu bestimmen? Das ist nicht mehr und nicht weniger als der Unterschied zwischen populistischer und verantwortlicher Politik.

 

Allensbach hat sich in dem halben Jahrhundert seiner Tätigkeit immer wieder prononciert zu solchen Fragen geäußert und insgesamt zu der Diskussion über das Verhältnis von Politik und Demoskopie wertvolle Beiträge geleistet. Als Institut, das sich nicht allein dem kommerziellen Geschäft widmet, sondern ebenso der wissenschaftlichen Grundlagenforschung, ist es dazu in besonderer Weise berufen.

 

Die Vielzahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen, die Entwicklung neuer Theorien, nicht zuletzt der Aufbau und die Organisation des Instituts geben ein Zeugnis von selbstbewußtem Forschergeist und wissenschaftlichem Engagement. Die enge Verbindung mit der universitären Forschung wird in der Zusammenarbeit mit dem Institut für Publizistik in Mainz verdeutlicht, das Sie, verehrte Frau Professor Noelle-Neumann, aufgebaut und lange selbst geleitet haben. Gleichzeitig haben Sie mit der engen Verbindung zur Universität Chicago Ihren Teil dazu beigetragen, die wissenschaftliche Brücke über den Atlantik zu schlagen.

 

Durch die Gründung der Stiftung Demoskopie Allensbach ist schließlich das unverwechselbare Markenzeichen des Instituts weit in die Zukunft gesichert worden. Unabhängig und nicht an Aufträge gebunden soll die Stiftung die Voraussetzungen für Forschungsarbeiten, die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Publikation von Forschungsergebnissen sichern.

 

Ausdrücklich bekennt sich die Stiftung in diesem Zusammenhang zur Stärkung des demokratischen Staatswesens. Dies ist seit jeher ein Merkmal des Allensbacher Instituts, dem meine besondere Anerkennung gilt. Das Institut für Demoskopie hat sich dem tatkräftigen und streitbaren Einsatz für unsere freiheitliche Ordnung verpflichtet. Hier verdeutlicht sich ein Ethos der Demoskopie, das Vorbild für andere sein sollte. Dieses konsequente Engagement steht für einen Geist staatsbürgerlichen Verantwortungsbewußtseins, ohne den unsere Demokratie auf Dauer nicht lebensfähig wäre. Auch dafür gebührt dem Allensbacher Institut, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, unser aller Dank.

 

Meine Damen und Herren, Sie wissen - es ist kein Geheimnis -, daß ich seit meinen frühesten Abgeordnetentagen dem Institut für Demoskopie Allensbach eng verbunden bin. Früher, als ich noch mehr Zeit hatte, habe ich mich gelegentlich an den Allensbacher "Instituttips" beteiligt - und dabei recht gut abgeschnitten. Manchen demoskopischen "Nachhilfeunterricht" habe ich am Bodensee erfahren - übrigens sehr charmanten "Nachhilfeunterricht". Ich habe eine Menge dabei gelernt und bin dafür dankbar.

 

Über Jahrzehnte hinweg verfolge ich die Entwicklung des Institutes. Sie haben, liebe Frau Noelle-Neumann, nicht nur fachlich auf dem Gebiet der Demoskopie Großartiges geschaffen. Sie haben auch frühzeitig Vorsorge getroffen, um die Zukunft von "Allensbach" weit über die Jahrhundertwende hinaus zu sichern. Frau Dr. Köcher wird das Institut - dessen bin ich mir sicher, und das hat sich auch schon ganz deutlich gezeigt - in hervorragender Weise weiterführen. Dies ist nicht nur ein Glücksfall für "Allensbach", sondern für uns alle. Ich bin überzeugt: Für die Zukunft unserer Bundesrepublik Deutschland ist es gut, daß Allensbach bleibt, was es ist.

 

Auf dem Weg in ein neues Jahrhundert wünsche ich Ihnen, verehrte Frau Noelle-Neumann, und Ihnen, verehrte Frau Köcher, sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Institutes weiterhin alles Gute, viel Glück und Erfolg.

 

 

 

Quelle: Bulletin der Bundesregierung. Nr. 84. 21. Oktober 1997.