26. April 1996

Erklärung der Bundesregierung, abgegeben in der 102. Sitzung des Deutschen Bundestags (Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung)

 

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich habe heute die Aufgabe, eine Erklärung der Bundesregierung zu dem Thema „Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung" abzugeben. Ich denke, ungeachtet der Gegensätze in der Auseinandersetzung zu diesem Thema ist es sicher wichtig, dass wir uns in der Debatte gemeinsam vor Augen halten, in welchen Notwendigkeiten unser Land in diesem Augenblick steht und wie wichtig auch eine nüchterne Analyse der Gegebenheit ist.

[...] Das Konjunkturtempo hat sich in Deutschland spürbar verlangsamt. Das von vielen nationalen und internationalen Experten ursprünglich erwartete reale Wachstum von eineinhalb Prozent für dieses Jahr werden wir nicht erreichen. Dies werden die Wirtschaftsforschungsinstitute in den nächsten Tagen in ihrem Frühjahrsgutachten sicherlich so bestätigen.

Nach dem Stand unserer Diskussion erwarten wir in der Bundesregierung jetzt für 1996 ein reales Wachstum in der Gegend von dreiviertel Prozent [...]. Wir rechnen in der Bundesregierung nicht mit einer Rezession in Deutschland. Die allermeisten nationalen und internationalen Experten erwarten ein Wiederanziehen der Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte. Wir sind ganz sicher, dass sich dies auch in den Zahlen für 1997 positiv niederschlagen wird.

Für mich ist auch klar, dass trotz aller Schwierigkeiten die Voraussetzungen für eine Verbesserung der Konjunktur günstig sind: In Deutschland herrscht bei einer Inflationsrate von eineinhalb Prozent faktisch Preisstabilität. Die Bundesbank hat die Leitzinsen auf das niedrigste Niveau seit Kriegsende gesenkt. Die für die Investitionen entscheidenden langfristigen Zinsen haben auch im internationalen Vergleich ein sehr niedriges Niveau erreicht. Bei einem Vergleich der Wirtschaftsgipfelländer hat Deutschland heute die niedrigsten Zinsen nach Japan. Sie liegen spürbar unter den amerikanische Zinsen. In der Tarifrunde 1996 zeichnen sich beschäftigungsfreundlichere Vereinbarungen ab, und der Welthandel zeigt einen soliden Aufwärtstrend.

Unabhängig vom kurzfristigen Auf und Ab der Konjunktur stehen Wirtschaft und Gesellschaft der Bundesrepublik vor der Aufgabe, sich auf die dramatischen Veränderungen im internationalen Wettbewerb einzustellen und - das ist die eigentliche Aufgabe - den Standort Deutschland für das 21. Jahrhundert vorzubereiten.

Die jetzt zu beobachtende Konjunkturschwäche und der rasante Strukturwandel haben tiefe Spuren in unserer Gesellschaft und vor allem auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. [...] Die Arbeitslosigkeit hat mit über vier Millionen ein Ausmaß erreicht, das wir auf gar keinen Fall akzeptieren werden. Der Abbau der Arbeitslosigkeit ist die wichtigste Aufgabe der deutschen Innenpolitik.

Wir haben die Erfahrung machen müssen, dass ein konjunktureller Aufschwung keineswegs automatisch auch zu einem Rückgang der Arbeitslosigkeit führt; das ist eine Erfahrung der letzten Jahre. Wir alle wissen ebenso, dass nach jeder Konjunkturschwäche ein höherer Sockel - das ist das eigentlich Besorgniserregende - an Arbeitslosigkeit zurückgeblieben ist.

Die Menschen in Deutschland haben längst begriffen, dass wir echte, durchgreifende Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft brauchen, um mehr Wachstumsdynamik zu ermöglichen und Beschäftigungshemmnisse zu beseitigen. Die Bürger wissen auch, dass dies nicht ohne nachhaltige Sparmaßnahmen geht. Durch bloßes Festhalten an Besitzständen werden wir keine grundlegende Wende am Arbeitsmarkt schaffen. Dabei ist Sparen natürlich kein Selbstzweck; wir müssen sparen, um die Zukunft zu sichern.

Wir haben uns im „Bündnis für Arbeit und zur Standortsicherung" das Ziel gesetzt, die Arbeitslosigkeit bis zum Jahre 2000 auf die Hälfte zu reduzieren. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, aber es ist ein erreichbares Ziel, wie wir in der Vergangenheil bewiesen haben. Erreichbar ist dieses Ziel, wenn alle Verantwortlichen auf den verschiedensten Ebenen - ob das Politik, Unternehmen oder Tarifparteien sind - dabei ihre Aufgaben wahrnehmen. Die Menschen im Land erwarten zu Recht, dass alle Verantwortlichen in der Gesellschaft die Herausforderungen annehmen und bereit sind, die notwendigen Anpassungen auf den Weg zu bringen.

Die dramatischen Veränderungen in der Weltwirtschaft betreffen alle Länder. Wer die Diskussionen in den USA, in Japan oder bei unseren europäischen Nachbarn verfolgt, weiß, dass in allen Industrieländern in ähnliche Richtungen gedacht und gehandelt wird. Auch in all diesen Ländern stellen sich die Fragen, welche Auswirkungen die Globalisierung der Märkte auf Wachstum und Beschäftigung im jeweiligen Land hat, wie die Zukunft unter den veränderten Wettbewerbsbedingungen gesichert werden kann, wie die sozialen Sicherungssysteme vor dem Hintergrund starker Verschiebungen im Altersaufbau der Bevölkerung und ohne Überforderung der wirtschaftlichen Leistungskraft weiterentwickelt werden können, welche Veränderungen in Organisation und Arbeitsabläufen durch die neuen Technologien, etwa im Telekommunikationsbereich, notwendig sind und wie Bildung und Ausbildung verbessert werden müssen, um für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein.

Viele Länder, man kann sagen, alle Länder in unserer Nachbarschaft stehen vor diesen Notwendigkeiten genauso wie wir in Deutschland. Manche von ihnen haben bereits strukturelle Veränderungen vorgenommen, die sie selbst bis vor kurzem für nicht durchsetzbar gehalten haben.

Ich will auf das Beispiel Schweden verweisen. Dort wurden die Volksrenten gekürzt, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wurde für die ersten Tage drastisch gesenkt. Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe wurden zurückgeführt. [...] In unserem Nachbarland, in den Niederlanden, wurden enorme Veränderungen der Strukturen vorgenommen. In Frankreich ist eine ähnliche Diskussion im Gange. Ich könnte die Liste noch weiter fortsetzen.

In einer Weltwirtschaft, in der nationale Grenzen ökonomisch immer weniger eine Rolle spielen, gelten eben andere Regeln, als wir dies durch eine lange Zeit auch bei uns in Deutschland gewöhnt waren. Heute müssen wir uns mehr denn je - vor allem als eine der großen Exportnationen der Erde - auf den internationalen Wettbewerb einstellen. Das muss Konsequenzen haben für die Steuern, für die Abgaben, für Lohn- und Lohnzusatzkosten sowie auch für viele Regulierungen.

Ich halte diese notwendigen Korrekturen für zwingend, um die Zukunft zu sichern. Dies erfordert, dass wir uns umstellen, dass wir auch in diesem oder jenem Fall Ansprüche zurückstellen. Ich weiß sehr wohl, dass das mit Härten verbunden ist. Aber die unabweisbaren Korrekturen sind der einzige Weg, unsere Wirtschaft zu stärken, mehr Arbeitsplätze zu ermöglichen und eine sichere Zukunftsgrundlage für unsere sozialen Sicherungssysteme zu schaffen.

Zu diesem Bild gehört auch, dass wir in einem Land leben, das ein Drittel seines Sozialprodukts für soziale Leistungen ausgibt, in dem die Arbeitnehmer kürzere Arbeitszeiten und mehr Urlaub haben als in fast allen Ländern, in dem die Renten so hoch sind wie in kaum einem anderen Land, in dem die Hohe der Lohnersatzleistungen und der Sozialhilfe in den allermeisten Fällen Not verhindert.

Wir müssen das Verhältnis sozialer Leistungen zur wirtschaftlichen Leistungskraft unter veränderten weltwirtschaftlichen und demographischen Bedingungen neu ausbalancieren und dauerhaft sichern. Dies erfordert, die sozialen Leistungen an die wirtschaftliche Leistungskraft anzupassen und die Hilfen - das ist besonders wichtig - auf die wirklich Bedürftigen zu konzentrieren.

Wenn wir jetzt nicht handeln, drohen weitere Arbeitsplatzverluste, und der beschäftigungsfeindliche Weg zu immer höheren Steuern und Abgaben würde sich fortsetzen. Dies ist für die Koalition auf gar keinen Fall der Weg der Politik. Es kann nicht unsere Politik sein, die Tarifparteien zur Lohnzurückhaltung aufzufordern und dann die möglichen positiven Arbeitsplatzeffekte mit steigenden Abgaben wieder zunichte zu machen. Mehr staatliche Schulden oder höhere Steuern würden im übrigen - das ist eine Erfahrung, die jeder kennt, - gerade auch jene belasten, auf deren Leistungsbereitschaft unser Land besonders angewiesen ist; die Facharbeiter, den selbständigen Mittelstand, all jene Bereiche, die in ihrer Kreativität und mit ihrer täglichen Arbeit die sozialen Leistungen überhaupt erst ermöglichen.

Um mehr Arbeitsplätze aufzubauen, müssen wir den Standort attraktiv machen, die Belastungen der Wirtschaft abbauen, Steuern, Abgaben und Lohnkosten senken, überflüssige Regulierungen beseitigen, rascher die notwendigen Innovationen auf den Weg bringen und vor allem die Arbeitswelt flexibler machen.

Die Bundesregierung hat mit dem 50-Punkte-Aktionsprogramm Ende Januar gehandelt. Dieses Programm ist ein Gesamtkonzept, das auf strukturelle Veränderungen zielt und jetzt Punkt für Punkt umgesetzt wird. Einige der wichtigen Maßnahmen, zum Beispiel zusätzliche Liquiditätshilfen für junge Unternehmen in der Wachstumsphase, sind bereits in Kraft getreten.

Vor allem - es ist wichtig, das zugrunde zu legen, - zeichnet sich für alle öffentlichen Haushalte im Jahre 1997 ein zusätzlicher Konsolidierungsbedarf in der Größenordnung von rund 50 Milliarden D-Mark ab. Auf dem Bundeshaushalt 1997 entfallen davon voraussichtlich rund 25 Milliarden D-Mark. Wie wir wissen, sind die Länder und die Gemeinden in gleicher Weise von konjunkturbedingten Mehrausgaben und Mindereinnahmen betroffen. Deswegen ist es bei allen Gegensätzen im politischen Raum absolut notwendig, dass wir versuchen, eine gemeinsame Konsolidierungsstrategie für Bund, Länder, Gemeinden sowie für die Sozialversicherungssysteme zu gewinnen.

Deshalb haben die Koalitionsfraktionen gestern das Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung beschlossen und der Öffentlichkeit vorgestellt. Es ist ein Gesamtkonzept, das Investitionen erleichtern, Wachstum stärken und die Beschäftigung erhöhen soll. Nur durch Haushaltskonsolidierung, das heißt eine sparsame Haushaltspolitik und Einsparungen auch bei den Sozialversicherungen, schaffen wir die Voraussetzungen, um zu hohe Steuern und Abgaben in Deutschland zu senken und Arbeitsplätze in Deutschland wieder attraktiver zu machen. Nur wenn wir diesen Weg entschlossen gehen, stärken wir auch die wirtschaftliche Basis für die Finanzierung unserer sozialen Sicherungssysteme. Es führt doch kein Weg an der einfachen Erkenntnis vorbei, dass nur verteilt werden kann, was zuvor erarbeitet wurde.

Ich bin ganz sicher, dass wir mit diesen Anstrengungen auch das Ziel erreichen, die Staatsquote bis zum Ende dieses Jahrzehnts, also in vier Jahren, wieder auf 46 Prozent zu senken. Dies erfordert eine strikte Ausgabendisziplin bei Bund, Ländern und Gemeinden und auch im Bereich der Sozialversicherung.

Ich weiß, dass solche Ziele immer sofort angezweifelt werden. Es wird dann gesagt, dies sei nie zu erreichen. Ein einfacher Rückblick auf die letzten Jahrzehnte zeigt, dass diese Skepsis nicht angebracht ist. Wir haben zwischen Ende 1982 und 1989 den Anteil der Staatsausgaben am Bruttosozialprodukt, die Staatsquote, schon einmal von über 50 Prozent auf 46 Prozent gesenkt.

Wir haben - dies will ich besonders in diesen Tagen in Erinnerung rufen, wo aus naheliegenden Gründen von bestimmten Kreisen historische Erfahrungen der jüngsten Zeit gerne vergessen oder vernebelt werden, - gleichzeitig in mehreren Schritten in diesen Jahren eine Steuerreform vorgenommen und die Steuerzahler um rund 60 Milliarden D-Mark entlastet. [...] In diesem Zeitraum -man kann es nicht deutlich genug sagen -sind mit dieser Politik damals in der alten Bundesrepublik über drei Millionen zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Ich habe gar keine Zweifel, dass wir das gleiche auch jetzt erreichen werden.

Wir hatten 1990 das Glück der Deutschen Einheit. Der wirtschaftliche Umbau und die soziale Flankierung des dramatischen Strukturwandels in den neuen Ländern wurden mit hohen Transferzahlungen von West nach Ost unterstützt. [...] Wir, und zwar die Bürger und die Steuerzahler der alten Bundesrepublik - das will ich dankbar erwähnen -, haben diese hohen Transferzahlungen unterstützt. Die gesamten öffentlichen Leistungen für die neuen Länder betrugen im Zeitraum von 1991 bis 1995 netto 615 Milliarden D-Mark.

Ohne - das ist wichtig festzustellen: ich tue dies mit Stolz - die vorausgegangenen Konsolidierungsarbeiten der achtziger Jahre dieser Koalition wären diese Transfers überhaupt nicht möglich gewesen. Auch das sage ich hier gerne noch einmal klar und deutlich, weil es angesichts so mancherlei Verhetzungspotentiale wichtig ist, diese Erinnerung nicht untergehen zu lassen.

[...] Die Wahrheit ist doch: Ohne die notwendigen und von uns voll getragenen Entscheidungen, auch Opfer, für die Deutsche Einheit würde die Staatsquote heute bei 45 Prozent liegen und die Belastung der Bürger mit Steuern und Abgaben betrüge nicht 43 Prozent, sondern 41 Prozent. Das heißt, sie wäre deutlich niedriger. Wir beklagen dies nicht, denn wir sind glücklich, dass die Deutsche Einheit möglich war. Es ist wichtig, dass wir alle in Deutschland erkennen, dass jede Mark, in den neuen Ländern vernünftig investiert, eine Abschlagszahlung auf eine gemeinsame glückliche Zukunft der Deutschen ist.

Unsere Arbeitsplätze stehen im internationalen Standortwettbewerb. Wenn Produktion in Deutschland zu teuer wird, wandert sie zu Lasten der Arbeitsplätze ins Ausland ab oder - auch das erleben wir - Produktionen unterbleiben ganz. Die Bedeutung von grenzüberschreitenden Direktinvestitionen wächst in einem ungewöhnlichen Tempo. Wir wissen auch - es hat keinen Sinn, darüber zu klagen; das ist eine Realität -: Für die international operierenden Unternehmen ist die Präsenz auf den Wachstumsmärkten wichtig. Nur wer in den großen Handelszusammenschlüssen wie Europäischen Union, NAFTA, MERCOSUR und im asiatischen Raum präsent ist, nimmt an der Wachstumsdynamik dieser Regionen teil.

Das ist auch ein Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung in Deutschland. In diesem Sinne - nur in diesem Sinne - sind die wachsenden Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen zu begrüßen. Aber wir müssen uns über das vergleichsweise geringe Engagement ausländischer Unternehmen in Deutschland Sorgen machen. Hier besteht Handlungsbedarf. Das Investieren und Schaffen von Arbeitsplätzen in Deutschland muss deshalb attraktiver gemacht werden. Es wird in Deutschland sehr viel mehr Arbeitsplätze geben, wenn die Arbeitskosten niedriger sind. Es ist kein Zufall, dass im Dienstleistungsbereich hierzulande viel weniger Arbeitsplätze angeboten werden als in anderen Ländern. Wir alle - das gilt für die politisch Verantwortlichen, für die Tarifparteien und Unternehmen - haben - das sollte man offen zugegeben - in der Vergangenheit zu einem starken Anstieg der Arbeitskosten beigetragen. Dies gilt für die Tariflöhne, aber das gilt noch mehr für die stark angestiegenen Lohnzusatzkosten. Die Bundesregierung ist sich deshalb mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften einig, dass der Anstieg der Lohnzusatzkosten gebremst werden muss. Dabei sind Tarifparteien und Betriebspartner ebenso in der Verantwortung wie die Politik.

Wir haben uns das Ziel gesetzt, die Beitrage zur Sozialversicherung bis zum Jahr 2000 auf unter 40 Prozent zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir unsere sozialen Sicherungssysteme auf die Herausforderungen der Zukunft einrichten. Es geht dabei überhaupt nicht um den Abbau des Sozialstaats, sondern es ist die Pflicht verantwortungsvoller Politik, immer wieder kritisch zu fragen: Gibt es Regelungen, die zum Missbrauch einladen und deshalb geändert und abgeschafft werden müssen? Wenn ich, um das klarzustellen, von Missbrauch rede, meine ich nicht nur Missbrauch im Bereich der Sozial Systeme, sondern in gleicher Weise das Erschleichen von Subventionen und Steuerbetrug. Wir müssen uns weiter kritisch fragen: Wie können wir soziale Leistungen so gestalten, dass sie zur Arbeit ermutigen und nicht den Willen, zu arbeiten und sich zu engagieren, aushöhlen? Ich halte es jedenfalls für richtig und auch für unsere Gesellschaft unverzichtbar, dass der Satz gelten muss: Wer arbeitet, muss mehr bekommen als jemand, der nicht arbeitet. Wenn dieser Grundsatz gilt, dann muss er Konsequenzen haben. Dann können wir es beispielsweise - da sollten wir uns doch eigentlich einig sein - nicht länger hinnehmen, dass ein Sozialhilfebezieher zumutbare Arbeit - zumutbare! - ablehnt.

Dann müssen wir Anreize schaffen, damit sich Arbeit auch dann für den einzelnen lohnt, wenn dessen Erwerbseinkommen sein Sozialeinkommen nicht wesentlich übersteigt. Hier haben wir wichtige und, wie ich denke, richtige Reformen auf den Weg gebracht. Sie stehen jetzt im Vermittlungsausschuss zur Diskussion; ich hoffe, dass wir dort zu vernünftigen Einigungen kommen.

Notwendige Fragen stellen sich auch für den Bereich des Arbeitsrechts. Es ist unbestreitbar, dass wir trotz erkennbarer Fortschritte mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt brauchen. Mehr Flexibilität ist eine Grundvoraussetzung, um mehr Beschäftigung zu schaffen und die Arbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen. Dabei ist eine entscheidende Voraussetzung, dass wir alles unternehmen, um den Mittelstand zu stärken; denn die kleinen und mittleren Unternehmen sind die wichtigsten Arbeitgeber in unserem Land. Zwei Drittel aller Beschäftigten arbeiten in diesem Bereich. Auch das ist, wie ich denke, eine positive Erfahrung dieser Jahre: Zwischen 1990 und 1995 sind im Mittelstand knapp eine Million neuer Arbeitsplätze geschaffen worden. Wahr ist auch, dass gleichzeitig die Großunternehmen in unserem Lande unter dem Druck des internationalen Wettbewerbs die Zahl ihrer Beschäftigten verringert haben.

Wenn wir also mehr Arbeitsplätze schaffen wollen, dann müssen wir die Startchancen für Existenzgründer und junge Unternehmen in Deutschland verbessern und die bestehenden Betriebe von Kosten und Regulierungen entlasten. Gerade im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen gilt es, Arbeits- und Einstellungshemmnisse abzubauen. Wer häufig mit Handwerkern und mittelständischen Unternehmern spricht, weiß, dass viele von ihnen in der Einstellung neuer Arbeitnehmer ein Risiko sehen. Sie fürchten das Risiko langwieriger Arbeitsgerichtsprozesse und unkalkulierbarer Kosten, die ihnen entstehen können. Deshalb - und das ist der falsche Weg - setzen sie lieber auf Überstunden.

Die Bundesregierung und die Koalition sind nach eingehenden Beratungen zu dem Ergebnis gekommen, den Schwellenwert des Kündigungsschutzgesetzes, der gegenwärtig für Betriebe mit mehr als fünf Arbeitnehmern gilt. auf zehn Beschäftigte anzuheben. Wir sind sicher, dies liegt im Interesse der Arbeitsplatzsuchenden, und wir sind sicher, wir werden sehr rasch erleben, dass aus dieser Entscheidung heraus die Zahl der Arbeitnehmer in kleinen Betrieben zunehmen wird.

Wer Arbeitsplätze von Kosten entlasten und neue Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen will, kommt, ob er es will oder nicht, auch am Thema der Lohnfortzahlung nicht vorbei. Denn die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist ein wesentlicher Bestandteil der stark gestiegenen Lohnzusatzkosten. Wie Betriebspraktiker und Arbeitnehmer sowie Betriebsräte selbst wissen, ist sie zudem anfällig für eine missbräuchliche Inanspruchnahme. Unbestritten ist, dass die Verringerung betrieblicher Fehlzeiten - das gehört ebenfalls in diese Betrachtung - auch und nicht zuletzt eine Frage von Personal- und Betriebsführung sowie Betriebsklima ist. In vielen Betrieben in unserem Land gibt es sehr praktische Lösungen, die zu einem deutlichen Rückgang der Zahl der Krankmeldungen geführt haben. Auf der anderen Seite kann aber niemand übersehen, dass die Entgeltfortzahlung jährlich Kosten in Höhe von 60 Milliarden DM für unsere Wirtschaft verursacht. Dies erhöht die Lohnkosten und belastet Arbeitsplätze.

Deshalb kann die Politik im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland und der Schaffung neuer Arbeitsplätze diese Frage nicht einfach ignorieren, nachdem die Tarifparteien leider bisher keine Lösung gefunden haben. Ich bedauere dies, und ich wünsche mir, dass die Tarifparteien, die ja hier auch in Zukunft eine entscheidende Verantwortung haben, die notwendigen Signale setzen. Ich weiß um den Widerstand, vor allem auch der Gewerkschaften, in dieser Frage, und ich kenne auch die Entstehungsgeschichte der Lohnfortzahlung. Ich weiß, was diese Entscheidung bedeutet. Ich will deshalb auf zwei Gesichtspunkte besonders hinweisen:

Erstens wird nicht in bestehende Tarifverträge eingegriffen. Für über 80 Prozent der Arbeitnehmer ist die Lohnfortzahlung tarifvertraglich geregelt, und wir achten und respektieren die Tarifautonomie. Ich sage noch einmal: Wir setzen allerdings darauf, dass die Tarifparteien in eigener Verantwortung tragfähige Lösungen finden und umsetzen.

Zweitens: Es ist das Recht und, wenn es notwendig ist, auch die Pflicht der Politik, auch gegen Widerstände die Interessen Arbeitssuchender durchzusetzen.

Für mich sind und bleiben Tarifautonomie und starke Tarifpartner zentrale Pfeiler einer zukünftig positiven Entwicklung. Sie sind ein ganz entscheidender Anker für die Stabilität unseres Lands. Dies haben ja auch Wirtschaft, Gewerkschaften und die Bundesregierung im „Bündnis für Arbeit und zur Standortsicherung" am 23. Januar noch einmal gemeinsam bekräftigt. Wir haben in neun Gesprächen mit den Spitzenrepräsentanten von Wirtschaft und Gewerkschaften bereits viel auf den Weg gebracht, wie ich dankbar vermerken will, zum Beispiel das Programm für Langzeitarbeitslose, die Lehrstellenzusage der Wirtschaft, die Offensive für mehr Selbständigkeit und die Lösung der sehr schwierigen Frage der Frühverrentung. Natürlich - das war doch gar nicht anders zu erwarten - gab es und gibt es Felder, auf denen wir nicht einig sein können, wie etwa in der Frage der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wo wir unterschiedlicher Meinung waren und sind.

Es ist notwendig, dass wir versuchen, einen Konsens zu erreichen; aber dieses Streben nach Konsens kann die politisch Verantwortlichen nicht davon entbinden, die notwendigen Entscheidungen, wenn ein Konsens nicht möglich ist, herbeizuführen. Die Bundesregierung und vor allem ich selbst werden alles tun, um bei künftigen Gesprächen im Rahmen dieser Runde zu weiteren positiven Ergebnissen zu kommen.

Ich will in diesem Zusammenhang eine kurze Bemerkung zu einem Thema machen, das jetzt ebenfalls diskutiert wird, nämlich zur Frage der Gestaltung der Arbeitswelt und der Arbeitsbedingungen und inwieweit das Instrument des Flächentarifvertrags hierfür ein geeignetes Instrument ist. Ich sage klar: Ich setze darauf, dass der Flächentarifvertrag weiterentwickelt werden kann -dies ist auch die Meinung führender Gewerkschaftler und auch führender Unternehmer in der Bundesrepublik - und dass aus dieser Weiterentwicklung gute Beiträge zur Beschäftigungssicherung, zum Beschäftigungsaufbau und damit zum sozialen Frieden geleistet werden können.

Wenn im Eifer des Gefechts der eine oder andere jetzt sagt, dies sei alles hinfällig, dann leugnet er die wichtige Erfahrung aus der Geschichte der Bundesrepublik in den letzten 40 Jahren. Zu den Vorteilen des Standorts Deutschland gehörte bei allen streitigen Auseinandersetzungen, dass es zu allen Zeiten - manchmal kurzzeitig unterbrochen - eine Gesprächsmöglichkeit zwischen Gewerkschaften und Unternehmern gab. Ich kann nur davor warnen, diese Erfahrung in den Wind zu schlagen. Das ist in diesem Zusammenhang eine entscheidende Frage.

Wenn es um die Zukunft geht, zeigt es sich in einer besonders eindeutigen Weise, inwieweit wir fähig sind, Zukunftssicherung im Bereich der langfristigen Sicherung des Generationenvertrags zu ermöglichen. Das von Koalition und Bundesregierung gestern vorgestellte Programm enthält auch Maßnahmen zur Stabilisierung des Beitragssatzes und zu strukturellen Reformen. Dabei möchte ich an erster Stelle hervorheben, dass unsere Rentenpolitik verlässlich bleibt. Die Renten werden zum 1. Juli 1996 erhöbt, und sie werden auch im kommenden Jahr - entgegen anderslautenden Behauptungen - der Nettolohnentwicklung folgen. Kein Rentner muss um seine Rente fürchten.

[...] Aber wir müssen offen darüber sprechen, dass wir der jetzigen jüngeren Generation eine verlässliche Perspektive für ihre Alterssicherung geben müssen. Wir stehen doch - und jeder spürt dies - unbestreitbar vor einer dramatischen Veränderung unserer Gesellschaft, nicht zuletzt im Altersaufbau. Als die Rentenversicherung vor über 100 Jahren eingeführt wurde, wurde das Renteneintrittsalter auf 65 Jahre festgelegt. Damals betrug die durchschnittliche Lebenserwartung 45 Jahre. Bis heute ist die durchschnittliche Lebenserwartung auf über 75 Jahre angestiegen. Deshalb ist es richtig, das Renteneintrittsalter, wie im Reformpaket zur Stabilisierung der Rentenversicherung vorgeschlagen, schrittweise zu erhöhen. Das ist angesichts der gestiegenen und weiter steigenden Lebenserwartung zur Sicherung der Renten auch zumutbar, zumal wir wissen, dass Deutschland zu den Ländern mit der niedrigsten Geburtenrate gehört. [...]

Gleichzeitig erhöht sich erfreulicherweise die Lebenserwartung. Gegenwärtig sind rund 15 Prozent unserer Bevölkerung über 65 Jahre alt. Wer heute 30 Jahre alt ist wird nach menschlichem Ermessen das Jahr 2030 erleben und dann zu den über 65jährigen gehören. Der Anteil der über 65-jährigen an der Gesamtbevölkerung wird zu diesem Zeitpunkt auf über 27 Prozent anwachsen und sich damit fast verdoppeln. Das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenbeziehern wird sich also drastisch verändern. Das ist überhaupt nicht zu leugnen; das ist die Realität. Es ist unsere Pflicht und unsere Verantwortung, schon heute über notwendige Konsequenzen dieser Entwicklung zu diskutieren und zu handeln.

Mit dem 1989 verabschiedeten Rentenreformgesetz haben wir bereits wichtige Anpassungen vorgenommen. Jetzt müssen wir die Rentenversicherung mit weitreichender Zukunftsperspektive fortentwickeln. Die Bundesregierung wird hierzu eine Kommission unter Vorsitz des Bundesarbeitsministers einsetzen. Wir erwarten, dass diese Kommission ihre Arbeit auf eine breite Grundlage stellt und sich den Sachverstand aller Seiten unserer Gesellschaft sichert. Sie sind besonders herzlich eingeladen, und ich denke, wir werden dabei hören, welche Vorschläge Sie vorbringen. Ich wünsche mir jedenfalls, dass diese notwendigen Reformen in einem parteiübergreifenden Kompromiss gelingen, so wie dies auch in der Vergangenheit möglich war.

Die Zeit drängt, und deswegen haben wir beschlossen, dass diese Kommission ihre Ergebnisse bis zum Ende dieses Jahres, 1996, vorlegt. Wir können das dann gemeinsam gestalten, indem wir diese Themen mit allen Interessierten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ausführlich diskutieren. Es ist das erklärte Ziel der Bundesregierung, mit Beginn des kommenden Jahres, 1997, die sich hieraus ergebenden Gesetzgebungsverfahren einzuleiten und sie bis Ende 1997 abzuschließen. Das ist ein ehrgeiziger Zeitplan. Aber ich halte ihn für zwingend, weil es wünschenswert ist, die Fragen der Alterssicherung und der Renten wie in den vergangenen Jahrzehnten aus dem Wahlkampfgeschehen eines kommenden Bundestagswahlkampfs möglichst herauszuhalten. [...]

Die notwendigen Korrekturen zur Zukunftssicherung müssen auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung vorgenommen werden. Dabei gilt für mich der Grundsatz: Wer krank oder pflegebedürftig ist, hat Anspruch auf eine hochwertige medizinische Versorgung und selbstverständlich auf eine menschenwürdige Pflege. Daher kommt die zweite Stufe der Pflegeversicherung, mit der die stationäre Pflege eingeführt wird, wie geplant am 1. Juli 1996. Mit dieser Entscheidung entlasten wir zugleich die kommunale Seite um rund 9,5 Milliarden D-Mark. Ich erwarte jedoch auch, dass die Länder und die Kommunen ihre Zusage einhalten, einen Teil ihrer Einsparungen für die notwendigen Investitionen für Pflegeheime einzusetzen. Es ist völlig unbestreitbar, dass wir den Kostenanstieg in der Krankenversicherung stoppen müssen. Je mehr es uns gelingt, Wettbewerb und Eigenverantwortung durchzusetzen, desto weniger muss es zu Leistungseinschränkungen kommen.

Unser Steuersystem muss wachstums- und beschäftigungsfreundlicher werden. Wenigstens in diesem Punkt sind wir uns einig. Deshalb streben wir bald eine umfassende Reform des Steuertarifs an. Die Steuersätze sollen deutlich gesenkt und das Steuerrecht vereinfacht werden. Um dies zu erreichen, muss es weniger Ausnahmen und Begünstigungen geben. Wir müssen erreichen, dass es zu einer echten und spürbaren Entlastung für die Mehrzahl der Bürger kommt. Auch für diesen Arbeitsbereich wird die Bundesregierung in diesen Tagen die Einsetzung einer Kommission unter dem Vorsitz des Bundesfinanzministers beschließen. Diese Kommission soll ebenfalls bis zum Ende dieses Jahres, 1996, ihre Vorschläge erarbeiten. Auch hier ist es unser Wunsch, dass es eine möglichst breite Beteiligung an der Diskussion gibt.

Wir wollen die Gesetzgebung in diesem Bereich ebenfalls bis Ende 1997 abschließen. Es ist sehr wichtig, dass die Bürger und vor allem auch die Unternehmen selbst frühzeitig Gewissheit über die künftigen Steuertarife haben und für ihre mittel- und langfristigen Dispositionen eine verlässliche Grundlage bekommen. Wir wollen, dass der neue Tarif zum 1. Januar 1999 in Kraft treten kann. Ich will noch einmal nur erwähnen - dann brauchen wir die Debatte darüber hier nicht erneut zu führen -, dass für uns in der Koalition eine Erhöhung der Mehrwertsteuer in dieser Legislaturperiode nicht in Frage kommt.

Unabhängig von dem eben Gesagten werden wir die im Aktionsprogramm angekündigten steuerpolitischen Verbesserungen fortsetzen. Das Programm zielt darauf, die Schaffung von Arbeitsplätzen zu erleichtern. Dazu gehören die aufkommensneutrale Reform der Unternehmenssteuern mit der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer und der mittelstandsfreundlichen Absenkung der Gewerbeertragsteuer, die Reform der Erbschaftsteuer, der Wegfall der Vermögensteuer, wobei die private Vermögensteuer mit der Erbschaftsteuer zusammengefasst wird, und die bessere steuerliche Behandlung von Beschäftigungsverhältnissen in privaten Haushalten.

Einen wirksamen Beitrag erwarte ich auch in diesem Zusammenhang von den Tarifparteien. Im Rahmen der Tarifautonomie - das ist gut so und soll nicht geändert werden - bestimmen Arbeitgeber und Gewerkschaften gemeinsam über die Lohnhöhe und über wesentliche Arbeitsbedingungen, wie zum Beispiel über die Arbeitszeit. Die bisher getroffenen Tarifvereinbarungen in der Lohnrunde 1996 zeigen, dass die Tarifparteien gewillt sind, dem Beschäftigungsziel einen höheren Stellenwert als Einkommenssteigerungen zu geben. Ich begrüße dies ausdrücklich. In den verschiedenen Lagern der Tarifpartner sollten meines Erachtens auch diese Erfolge einzelner Gewerkschaften noch sehr viel positiver gewürdigt werden.

Soweit der Bund als Tarifpartei im öffentlichen Dienst mit in der Verantwortung steht, werden wir ein deutliches Zeichen setzen müssen. Gerade in einer Zeit, in der viele Unternehmen ihr Personal verringern, ist die Sicherheit des Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst ein besonders wertvolles Gut. Das will ich bei dieser Gelegenheit einmal mehr unterstreichen. Wer einen sicheren Arbeitsplatz hat - so denke ich -, dem kann mehr zugemutet werden als einem, der sich andauernd Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen muss.

Ich habe Ihnen die Grundzüge unseres Programms vorgestellt. Es soll und wird dazu beitragen, Arbeitsplätze zu schaffen und die Zukunft zu gewinnen. Es ist ein Programm für mehr Investitionen und Beschäftigung. Es ist natürlich auch ein Programm zur Sicherung unseres Sozialstaats. Es schafft den Spielraum, den wir brauchen, um die sich bietenden Chancen in der veränderten Weltwirtschaft wahrnehmen zu können. Nur ein wirtschaftlich leistungsfähiges Deutschland ist in der Lage, den hier lebenden Menschen und Bürgern Arbeitsplätze und Einkommenschancen zu bieten, soziale Leistungen zu finanzieren, die ein Leben ohne materielle Not ermöglichen, und teilzuhaben am Aufschwung anderer Regionen unserer Erde.

Wir haben als Deutsche auch in dieser Situation - bei allen Schwierigkeiten - nicht den geringsten Grund, pessimistisch in die Zukunft zu sehen. Es gab noch nie eine Generation in der neueren Geschichte unseres Volkes, die so viele Chancen hatte, ihre Zukunft zu gestalten, und für die so viele Wege in die Welt offenstanden. Auf unsere Stärken können wir uns auch in Zukunft verlassen. Dazu zähle ich die hervorragende Berufsausbildung in Deutschland, deren Bedeutung in Zukunft noch steigen wird, die modern gestaltete Infrastruktur, das soziale Klima, die ausgewogene Wirtschaftsstruktur mit vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die in den letzten Jahrzehnten ganz wesentlich zu Innovation und Erneuerung beigetragen haben.

Es geht darum, Arbeitsplätze zu schaffen und die Zukunft zu sichern. Auch das ist eine Erfahrung, die gilt: Wohlstand lässt sich nicht auf Pump finanzieren. Gefragt sind jetzt Mut und Weitsicht, das richtige Einstellen der Weichen für die Zukunft. Deswegen treffen wir jetzt die notwendigen Entscheidungen und setzen sie Schritt für Schritt in schnellem Tempo um, und dazu darf ich Sie alle einladen.

 

Quelle: Bulletin des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung Nr. 33 (29. April 1996).