27. September 1988

Ansprache zur Eröffnung der Jahresversammlung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Berlin

 

I.

Es ist eine große Freude und Ehre für mich, Sie heute anlässlich der Jahresversammlung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank hier in Berlin zu begrüßen. Mit der Wahl dieses Tagungsorts haben Sie dieser Stadt besonderes Vertrauen entgegengebracht, für das ich Ihnen im Namen aller Deutschen, insbesondere der Berliner, danke.

Diese Stadt liegt im Herzen Europas, zugleich aber auch an der Nahtstelle von Ost und West. In ihrer besonders exponierten Lage haben die Bürger Berlins in den letzten 40 Jahren ganz unmittelbar die persönliche Erfahrung gemacht, dass die Lösung internationaler Probleme nicht durch Konfrontation, sondern auf friedlichem Wege und in der konstruktiven Zusammenarbeit aller Beteiligten gesucht werden muss. Auch deshalb haben Sie mit Berlin als Tagungsort eine gute Wahl getroffen; denn die zentrale Aufgabe Ihrer beiden Organisationen ist es ja, zur positiven Entwicklung der Weltwirtschaft, wie auch der einzelnen Mitgliedsländer, durch vertrauensvolle Zusammenarbeit der Staaten beizutragen.

II.

Angesichts der Themen, die uns auf dieser Tagung beschäftigen, kann es nicht überraschen, dass unterschiedliche Auffassungen über die richtigen Wege bestehen. Das gilt vor allem für die schwierige wirtschaftliche Lage vieler Entwicklungsländer, insbesondere für die drückende Schuldenlast. Not und Elend in der Dritten Welt können niemanden unberührt lassen. Um so wichtiger ist es, dass die Diskussion auch bei unterschiedlichen Standpunkten sachbezogen geführt wird.

Denn über eines darf sich niemand täuschen: So verständlich ethisch begründete Forderungen nach einer vor allem sozial orientierten Entwicklungspolitik auch sein mögen - wirksam helfen kann letztlich nur derjenige, der sich nicht mit trügerischen Patentrezepten aus der Verantwortung flüchtet, sondern sich den eigentlichen Problemen offensiv stellt. Was wir brauchen, ist das beharrliche Engagement für einen fairen Interessenausgleich und für weiterführende Lösungen - auch und gerade unter den gegebenen schwierigen Bedingungen.

Genau darum bemühen sich Internationaler Währungsfonds und Weltbank mit großem Einsatz. Für diese so wichtige Arbeit möchte ich Ihnen im Namen der Bundesrepublik Deutschland Respekt und Anerkennung aussprechen.

III.

Konstruktive Zusammenarbeit statt Durchsetzung einseitiger Interessen, Miteinander statt Gegeneinander -das sind Grundelemente der Statuten des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank.

Beide Organisationen haben in den über 40 Jahren ihres Bestehens so Entscheidendes geleistet, dass die weltwirtschaftliche Entwicklung trotz manchmal schwieriger Rahmenbedingungen insgesamt aufwärtsgerichtet war. Der Welthandel hat sich in einem Umfang erweitert, der das Vorstellungsvermögen der Gründer dieser Organisationen sicher weit übertrifft.

Durch erhebliche Finanzhilfen, durch Unterstützung bei Projektfinanzierung und Strukturanpassung sowie durch fachkundige wirtschaftliche Beratung haben Weltbank und IWF den Weg für eine bessere Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft geebnet.

Die Bedeutung dieser Organisationen wird nicht zuletzt dadurch unterstrichen, dass die ganz große Mehrheit aller Länder - unabhängig von ihren politischen und ökonomischen Wertvorstellungen - Mitglieder dieser Organisationen sind. Sie haben in diesen Institutionen ein Forum für eine enge sachbezogene Zusammenarbeit gefundenem Forum im übrigen - und das kann nicht deutlich genug hervorgehoben werden -, in dem die große Mehrzahl der Entscheidungen in vertrauensvoller Einmütigkeit getroffen wird.

Ziel muss es sein, die Qualität dieser Kooperation zu erhalten und zu stärken. Im Blick auf ermutigende Veränderungen im Verhältnis zwischen Ost und West in den letzten Jahren füge ich hinzu: Wann in den zurückliegenden 40 Jahren wären die Chancen für die Vertiefung und den Ausbau internationaler Zusammenarbeit besser gewesen ais heute?

IV.

Anlass zur Hoffnung besteht nicht nur aus politischen Gründen. Auch die weltwirtschaftliche Entwicklung berechtigt zur Zuversicht. Der wirtschaftliche Aufschwung in den Industrieländern befindet sich jetzt in seinem sechsten Jahr - das heißt, wir erleben gegenwärtig eine der längsten Nachkriegs-Perioden, die sowohl von Wachstum als auch von hoher Preisstabilität geprägt werden.

Nach den Unruhen an den Finanz- und Devisenmärkten im letzten Jahr gab es nicht wenige Stimmen, die eine Krise der Weltwirtschaft insgesamt befürchteten. Intensive internationale Abstimmungen und wirtschaftspolitisches Augenmaß von Regierungen und Notenbanken haben entscheidend geholfen, einer solchen Entwicklung erfolgreich entgegenzuwirken.

Dazu hat auch die Bundesregierung ihren Beitrag geleistet. Wir haben zu Beginn dieses Jahres die Steuern in erheblichem Umfang gesenkt, wir haben private und öffentliche Investitionen zusätzlich unterstützt, und wir haben unsere Bereitschaft erklärt, in diesem Jahr ein höheres Haushaltsdefizit in Kauf zu nehmen.

Der Erfolg ist inzwischen deutlich zu erkennen. Das Wirtschaftswachstum der Bundesrepublik Deutschland lag im ersten Halbjahr 1988 bei 4 Prozent - das beste Ergebnis seit neun Jahren. Und - was noch wichtiger ist - das wirtschaftliche Wachstum wird sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen, weil es auf einem soliden Fundament steht.

Dieses Wirtschaftswachstum ist auch und gerade unseren ausländischen Partnern zugute gekommen. Der starke Anstieg unserer Importe hat dazu geführt, dass unser realer Handelsüberschuss deutlich zurückgegangen ist; sein Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Leistung hat sich in den letzten 3 Jahren mehr als halbiert. Das ist ein wichtiger Schritt zum Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte.

So haben unsere Importe aus den Entwicklungsländern in den ersten 6 Monaten dieses Jahres um mehr als 5 Prozent zugenommen; unsere entsprechenden Exporte sind gleichzeitig um über 8 Prozent zurückgegangen. Dies sind handfeste Veränderungen, die zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in einer ganzen Reihe von Ländern unmittelbar beitragen.

Gleichwohl ist unübersehbar, dass weiterhin wichtige Aufgaben zu lösen sind. Die hohe Arbeitslosigkeit in vielen Ländern ist ein Zustand, mit dem wir uns nicht abfinden können und wollen. In der Bundesrepublik Deutschland haben wir eine umfassende Steuerreform beschlossen. Mit ihr werden wir zusätzliche Impulse zur Stärkung der Wachstumskräfte und damit auch zur Schaffung weiterer neuer Arbeitsplätze geben.

V.

Sicherung des Wachstums, Abbau der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte, insbesondere aber Fortschritte bei der Bewältigung der Schuldenprobleme - all dies setzt vor allem voraus, dass wir gemeinsam dem Protektionismus einer klare Absage erteilen und eine konsequente Politik der Marktöffnung betreiben. Gerade hier gilt: Die Lösung wirtschaftlicher Probleme lässt sich nicht im Gegeneinander, sondern nur in einem konstruktiven Miteinander finden.

Lassen Sie mich an dieser Stelle hinzufügen: Auch die Vollendung des europäischen Binnenmarkts Ende 1992 richtet sich gegen niemanden. Tm Gegenteil: Dieser große Markt wird durch seine stärkere Wachstumsdynamik unseren Partnern in aller Welt deutlich verbesserte Exportchancen bieten und so auch in anderen Ländern zu Wachstum und Beschäftigung beitragen.

Wichtig ist jetzt, dass die laufenden GATT-Verhandlungen zu einem spürbaren Abbau von Handelsschranken führen. Die günstigen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sollten dazu beitragen, dass die Halbzeitkonferenz im Dezember dieses Jahres greifbare Fortschritte bringt.

Hierzu gehören befriedigende Lösungen im Agrarbereich. Mit den Beschlüssen vom Februar dieses Jahres hat die Europäische Gemeinschaft konkrete Schritte unternommen, um den Abbau der Überschussproduktion einzuleiten. Erste Erfolge sind hier inzwischen deutlich erkennbar.

Unbestritten ist gleichzeitig, dass wir zu einer stärkeren Marktorientierung kommen müssen. Dies verlangt Realismus und Augenmaß bei der Bestimmung des angemessenen Weges. Die Bundesrepublik Deutschland wird hierzu ihren konstruktiven Beitrag leisten.

VI.

Auch angesichts besserer weltwirtschaftlicher Bedingungen ist unverkennbar, dass die Lage in großen Teilen der Dritten Welt unverändert ernst ist. Das Schuldenproblem ist für viele dieser Länder nach wie vor eine erdrückende Last, die ihre wirtschaftliche, soziale und politische Stabilität bedroht. Daher sind weiterhin große Anstrengungen gefordert. Hunger und Elend, Seuchen und Umweltkatastrophen dürfen uns nicht unberührt lassen. Der Wohlstand, in dem viele von uns leben, verpflichtet uns, hier wirksam zu helfen.

Wirkliche Fortschritte werden wir allerdings nur dann erreichen, wenn wir die anstehenden Probleme genau und differenziert angehen und den besonderen Bedingungen des jeweiligen Einzelfalls angemessen Rechnung tragen.

Weiterhin kritisch ist die Lage in vielen Ländern Afrikas. Es erfüllt mich mit tiefer Sorge, dass trotz wiederholter Anstrengungen vielfach keine nachhaltigen Verbesserungen erzielt werden konnten. Inzwischen sind speziell für die ärmsten Länder vielfältige Hilfsmaßnahmen eingeleitet worden. Ich nenne hier nur die kräftige Mittel auf Stockung der Weltbank, der IDA und regionaler Entwicklungsbanken, das Sonderprogramm der Weltbank für hochverschuldete Länder mit niedrigem Einkommen in Afrika und die Erweiterung der Strukturanpassungsfazilität des IWF.

Bei einer besseren Finanzausstattung internationaler Organisationen können wir jedoch nicht stehenbleiben -so wichtig diese zweifellos ist. Hinzukommen müssen weitere Maßnahmen, die helfen, gezielt die Lage der ärmsten und hochverschuldeten Länder zu verbessern.

In diesem Sinne hat die Bundesrepublik Deutschland den am wenigsten entwickelten Ländern die Schulden aus Entwicklungshilfe ganz erlassen. Seitdem gewähren wir ihnen Finanzhilfen nur noch als Zuschüsse. Im Juni dieses Jahres haben wir beschlossen, den Schuldenerlass auf weitere arme und hochverschuldete Länder in Afrika auszudehnen, wenn sie Anpassungs- und Reformprogramme in Zusammenarbeit mit Internationalem Währungsfonds und Weltbank durchführen. Die Bundesregierung hat damit einen Schuldenerlass verwirklicht beziehungsweise vorgesehen, der sich insgesamt auf nahezu 8 Mrd. DM beläuft, das heißt auf gut 4 Mrd. Dollar.

Angesichts der besonders schwierigen Lage vieler afrikanischer Entwicklungsländer haben wir in Toronto vereinbart, den hochverschuldeten Ländern in Afrika zusätzliche Erleichterungen zu verschaffen. Die Bundesregierung ist deswegen zu weiteren Anstrengungen bereit, um die wirtschaftliche Lage dieser Gruppe der ärmsten Länder zu verbessern. Wir werden uns daher an der Verwirklichung der Vereinbarung von Toronto aktiv beteiligen, indem wir den betroffenen Ländern südlich der Sahara zusätzliche finanzielle Zuschüsse gewähren mit dem Ziel, ihre Zinszahlungen im Rahmen von Umschuldungen im Pariser Club bis zu 50 Prozent zu reduzieren.

Wir haben ferner beschlossen, die Kreditbedingungen unserer bilateralen finanziellen Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern zu vereinfachen und für unsere Partner in der Dritten Welt erheblich günstiger zu gestalten. Wir ergreifen diese zusätzlichen Initiativen mit dem Ziel, für die betroffenen Länder Perspektiven zur Bewältigung ihrer Schuldenprobleme zu eröffnen.

Finanzielle Hilfe von außen und eine Wirtschaftspolitik, die im eigenen Land Wachstumskräfte freisetzt und für attraktive Investitionsbedingungen sorgt - beides zusammen schafft die Voraussetzungen für eine tatsächliche Verbesserung der Lebensverhältnisse. Hierzu durch unsere Hilfe beizutragen, fühlen wir uns verpflichtet.

Auch zur Bewältigung der schwierigen Schuldenprobleme vieler Länder mittleren Einkommens, vor allem in Lateinamerika, bedarf es eines ausgewogenen Verhältnisses von Reformpolitik im Lande selbst, Erleichterung des Schuldendienstes und Neukrediten.

Gemeinsam mit den betroffenen Ländern tragen die Banken maßgebliche Verantwortung, Lösungen zu finden, die eine Perspektive zur Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten eröffnen. Ich möchte nachdrücklich auf die Dringlichkeit hinweisen, hier längerfristig tragfähige Antworten zu geben. Ich unterstreiche, dass in der Bundesrepublik Deutschland Steuerrecht und Bankenaufsicht den notwendigen Spielraum für ein flexibles Vorgehen bieten.

Ziel aller gemeinsamen Bemühungen muss es sein, den Ländern wieder den Weg zu den internationalen Finanzmärkten zu öffnen. Es geht um neue Wachstums- und Entwicklungschancen - und zwar nicht in einer fernen Zukunft, sondern heute. Nur so können wir den Menschen neue Hoffnung geben - Hoffnung, ihre sozialen Bedingungen zu verbessern und zugleich die natürlichen Lebensgrundlagen auch kommenden Generationen zu bewahren.

VII.

Es wäre allerdings ein Pyrrhussieg, wenn eine Wohlstandsmehrung nur um den Preis einer Zerstörung der lebensnotwendigen Umwelt gewonnen würde. Kein Volk kann es sich leisten, durch Ausbeutung oder Zerstörung seiner natürlichen Ressourcen sich selbst - und damit letztlich auch anderen Völkern - die Lebensgrundlagen zu entziehen.

In einem schmerzhaften Prozess haben wir in den Industrieländern lernen müssen, dass unsere Umwelt durch menschliche Eingriffe in hohem Maße verwundbar ist. Wir haben zudem die Erfahrung gemacht, dass Umweltbelastungen und ihre Folgen nicht an nationalen Grenzen haltmachen. Sie können deshalb nur in internationaler Zusammenarbeit wirksam bekämpft werden.

Diese Erfahrungen der Industrieländer gelten auch weltweit: Der Schutz des Weltklimas und der Erdatmosphäre, der Schutz der gefährdeten Arten und der Meere sowie der Schutz des Bestandes unserer Wälder gehen uns alle an. Ich appelliere deshalb an alle Beteiligten, die Zusammenarbeit auf diesen Gebieten sehr ernst zu nehmen.

Die Bundesregierung hat hieraus für sich bereits praktische Konsequenzen gezogen. So ist für Entwicklungsprojekte , die von der Bundesrepublik Deutschland finanziert werden, eine Überprüfung der Umweltverträglichkeit grundsätzlich vorgeschrieben. Wir schlagen vor, eine solche Umweltverträglichkeitsprüfung - soweit dies noch nicht der Fall ist - auch in anderen Staaten und in den internationalen Organisationen zur Regel zu machen.

Dies allein genügt aber nicht. Gemeinsam müssen wir mehr tun, wenn wir die globalen Umweltherausforderungen meistern wollen. Auf dem Wirtschaftsgipfel in Toronto habe ich deshalb vorgeschlagen, den Umweltschutz - insbesondere den Schutz der tropischen Regenwälder - stärker als bisher in die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern einzubeziehen.

Unser Erlass von Schulden aus Entwicklungshilfe gegenüber Staaten mit großen Tropenwäldern wie Zaire, Ghana und Madagaskar soll nicht zuletzt auch den Handlungsspielraum dieser Länder für den Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen erweitern. Es ist dringend geboten, dass sich möglichst viele Gläubiger zu vergleichbaren Formen der Schuldenerleichterung bereit finden. Dabei sollte insbesondere geprüft werden, inwieweit Schuldenerlass oder Schuldendiensterleichterung in einen engeren Zusammenhang mit umweltpolitischen Erfordernissen gebracht werden können. Wir würden es sehr begrüßen, wenn die Weltbank ihre bisherigen Initiativen auf diesem wichtigen Feld weiter verstärkt und für die notwendige internationale Koordinierung Sorge trägt.

Die Bundesregierung ist im übrigen entschlossen, durch zusätzliche Leistungen deutliche Zeichen zu setzen: Noch 1988 werden wir über die für Waldschutz und Aufforstung vorgesehenen 108 Mill. DM hinaus weitere 150 Mill. DM zur Rettung der Tropenwälder bereitstellen. Die Bundesregierung wird die Finanzmittel für diese wichtige Aufgabe auch in den kommenden Jahren spürbar erhöhen. Der „Tropenwald-Aktionsplan" der FAO stellt dafür einen Handlungsrahmen dar, der internationale Zustimmung findet. Er wurde unter maßgeblicher Beteiligung der Weltbank entwickelt.

Entscheidende Voraussetzung für den Erfolg dieser Bemühungen ist jedoch, dass diejenigen Länder, die selbst über Tropenwälder verfügen, alles für den Schutz beziehungsweise eine vernünftige Bewirtschaftung dieser Wälder tun. Der schwierigen wirtschaftlichen Probleme, die sich damit für manche dieser Länder verbinden, sind wir uns durchaus bewusst.

Ich betone noch einmal: Ohne eine geschlossene, von allen Beteiligten mitgetragene Strategie des Tropenwaldschutzes können wir die gewaltigen Probleme nicht meistern, die die Zukunft der gesamten Menschheit bedrohen. Der Umweltschutz muss ganz generell zu einem Schwerpunkt der Entwicklungspolitik werden. Diesen nachdrücklichen Appell richte ich heute von dieser Stelle aus an alle Staaten, Regierungen und Organisationen.

Der Umweltschutz ist sicher nicht das einzige Anliegen einer zukunftweisenden Nord-Süd-Zusammenarbeit, für manche Länder vielleicht noch nicht einmal das wichtigste. Aber ohne einen wirksamen Umweltschutz kann die entwicklungspolitische Zusammenarbeit nur in einer für die Menschheit schicksalhaften Sackgasse enden!

VIII.

Die vor uns liegenden Aufgaben sind eine Herausforderung an unsere Gestaltungskraft: Wir stellen uns ihnen mit Herz und Verstand, mit mitmenschlicher Solidarität und wirtschaftlicher Vernunft.

Wir in der Bundesrepublik Deutschland tun dies um so entschlossener, als wir selbst vor genau 40 Jahren vor ähnlich schwierigen Aufgaben standen. Damals - wenige Jahre nach Kriegsende und mitten in einer scheinbar aussichtslosen wirtschaftlichen Lage - ging es für uns um die Frage einer neuen Währung und einer neuen Wirtschaftsordnung. Wir haben uns damals für eine tiefgreifende Neuorientierung entschieden: für die Einführung der Deutschen Mark, für die Verpflichtung zur Geldwertstabilität sowie für eine freiheitliche und zugleich soziale Wirtschaftsordnung - also für das, was wir seitdem „Soziale Marktwirtschaft" nennen. Und wohl niemand hatte angesichts der übergroßen Probleme auf Erfolge zu hoffen gewagt, wie sie sich im Verlauf der letzten 40 Jahre tatsächlich eingestellt haben.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen können Sie darauf rechnen, dass die Bundesrepublik Deutschland Ihr verlässlicher Partner bleiben wird. Es bleibt unser gemeinsames Ziel, überall in der Welt Lebensverhältnisse zu ermöglichen, die tatsächlich als menschenwürdig bezeichnet werden können. Wir wissen: Der Weg dorthin ist alles andere als einfach. Was wir brauchen, sind Entschlossenheit und Beharrlichkeit in unseren gemeinsamen Anstrengungen. Es geht um ein Stück mehr Gerechtigkeit. Es geht um unsere gemeinsame Zukunft.

Ich wünsche Ihren Beratungen hier in Berlin den Erfolg, auf den wir alle gemeinsam angewiesen sind.