Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
lieber Freund Flavio Cotti,
Exzellenzen,
verehrte Damen und Herren,
lieber Herr Professor Schwab,
das Jahrestreffen 1998 des World Economic Forum steht unter dem Generalthema "Prioritäten für das 21. Jahrhundert". Dies ist eine ganz wichtige und aktuelle Fragestellung. In zwei Jahren beginnt ein neues Jahrtausend. Dies ist ein guter Anlaß, innezuhalten, mit sich zu Rate zu gehen, eine Bestandsaufnahme zu machen und zu überlegen, was man beibehalten möchte und was geändert werden muß.
Dieses 20. Jahrhundert, das jetzt zu Ende geht, hat zwei Gesichter gezeigt, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. In der ersten Hälfte war es gekennzeichnet von den schlimmsten Kriegen, die die Menschheit je erlebt hat; auch von Terrorherrschaft und totalitären Ideologien, die auf das schrecklichste gerade mit dem deutschen Namen verbunden sind. In der zweiten Hälfte aber stand es - zunächst nur in einem Teil des europäischen Kontinents - im Zeichen von Frieden und Freiheit, von Verständigung und Versöhnung. Das Zusammentreffen mit dem russischen Ministerpräsidenten Viktor Tschernomyrdin, der heute hier bei uns ist, ist inzwischen eine selbstverständliche Begegnung unter Freunden. Noch vor zehn Jahren wäre dies unvorstellbar gewesen. Dieses Beispiel steht für eine positive Entwicklung, die uns - bei allen Problemen, die noch zu lösen sind - Anlaß zu einer realistischen Zuversicht gibt.
Meine Damen und Herren, Deutschland ist gut vorbereitet auf die Herausforderungen der Zukunft. Dies sage ich ganz bewußt auch im Blick auf manche Berichte über Deutschland in den Medien, in denen nicht selten mit einem Unterton des Pessimismus über unser Land berichtet wird. Meine Damen und Herren, lassen Sie sich davon nicht beeindrucken! Es ist wahr: Es war ein Deutscher, der in den zwanziger Jahren ein vielgelesenes Buch mit dem Titel "Der Untergang des Abendlandes" geschrieben hat. Heute können wir feststellen: Dieser Untergang hat nicht stattgefunden - weder in Deutschland noch in Europa.
Tatsache ist: Wir haben Deutschland auf Reformkurs gebracht. Die wirtschaftlichen Perspektiven für unser Land sind gut. Das Wachstum liegt 1998 bei zweieinhalb bis drei Prozent und damit nach den Prognosen der OECD höher als in vielen anderen wichtigen Industrieländern. Deutschland ist - nach den USA - zweitgrößte Exportnation der Welt.
Im vergangenen Jahr haben wir - erstmals seit vielen Jahren - wieder Weltmarktanteile zurückgewonnen. Dies gilt besonders für den Bereich der Hochtechnologieprodukte. Bei den Gütern mit höherwertiger Technik ist Deutschland mit einem Marktanteil von fast einem Fünftel wieder Weltmarktführer.
In der Biotechnologie herrscht mittlerweile Aufbruchstimmung in unserem Land. Die Zahl der Biotechnologieunternehmen hat sich von 75 im Jahr 1995 bis Ende 1997 auf 300 vervierfacht. Deutschland ist heute nach den USA der zweitstärkste Innovationsstandort der Welt. Bei den besonders wichtigen Weltmarktpatenten nimmt unser Land inzwischen wieder den Spitzenplatz ein. Deutsche Anleihen sind begehrt wie selten zuvor. Anleger aus aller Welt investieren trotz niedriger Zinsen in deutsche Staatspapiere; besonders unsere 30jährigen Staatsanleihen treffen auf eine lebhafte Nachfrage. Dies ist ein Vertrauensbeweis deutscher und internationaler Anleger in die dauerhafte politische, wirtschaftliche und soziale Stabilität unseres wiedervereinigten Landes.
Diesen Erfolg haben wir erreicht trotz der enormen zusätzlichen finanziellen Herausforderungen durch die Wiedervereinigung unseres Landes 1990, dieses großartige Geschenk der Geschichte an unser Land, das wir mit Zustimmung vor allem unserer Freunde und Partner in den USA und in der ehemaligen Sowjetunion - ich nenne ausdrücklich George Bush und Michail Gorbatschow - erhalten haben. Wir haben Erblasten der ehemaligen DDR in Höhe von 350 Milliarden
D-Mark übernommen. Und wir haben den wirtschaftlichen Aufbau der neuen Bundesländer Jahr für Jahr mit über 100 Milliarden D-Mark netto unterstützt. Die gesamten öffentlichen Netto-Transfers in die neuen Länder belaufen sich seit 1991 auf 900 Milliarden D-Mark - das sind jährlich vier Prozent unseres Sozialprodukts. Dieses Geld ist gut angelegt. So entsteht in den neuen Ländern derzeit die modernste Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastruktur der Welt.
Es mehren sich Meldungen, daß Unternehmen nach Deutschland zurückkehren, die in der Vergangenheit Produktionen ins Ausland verlagert hatten. Auch dies signalisiert: Das Vertrauen in den Standort Deutschland wächst. All dies sind nicht zuletzt Erfolge unserer Standortpolitik, und diese Erfolge werden sich - wenn auch im Laufe dieses Jahres leider nur langsam - positiv auf den Arbeitsmarkt auswirken. Dennoch ist die Arbeitslosigkeit bei uns - ebenso wie in vielen anderen Ländern - noch viel zu hoch. Deshalb werden wir unsere Politik der Reformen fortsetzen.
Wir investieren in die traditionellen Aktivposten unseres Standortes: In innovatives Unternehmertum, einen starken Mittelstand, hochqualifizierte Arbeitskräfte und in eine moderne Infrastruktur. Wir bereiten unsere sozialen Sicherungssysteme auf den dramatischen demographischen Wandel vor. Überall in den westlichen Industrienationen wird wegen sinkender Geburtenraten und steigender Lebenserwartung der Anteil der älteren Menschen an der Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten spürbar steigen. Deshalb ziehen wir jetzt die notwendigen Konsequenzen, um den Sozialstaat bezahlbar zu erhalten und damit für die Zukunft zu sichern.
Wir vermindern die Steuerlast für Bürger und Investoren in Deutschland. In einem ersten Schritt haben wir die investitions- und beschäftigungsfeindlichen Substanzsteuern abgeschafft. Weitere Schritte werden folgen. Es ist unser Ziel, die direkten Steuersätze für Bürger und Unternehmen in Deutschland auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau zurückzuführen sowie das Steuersystem gerechter und einfacher zu gestalten.
Dieses Ziel haben wir - das ist wahr - im ersten Anlauf leider nicht erreicht. Dennoch bin ich sicher, daß die große Steuerreform kommen wird. Die Bürger unseres Landes werden darüber bei der Bundestagswahl im kommenden Herbst entscheiden. Ich bin ganz sicher, daß sie sich für eine steuerliche Entlastung aussprechen werden und ebenso dafür, dem Grundsatz "Leistung soll sich stärker lohnen" wieder mehr Geltung zu verschaffen. Dies ist nicht zuletzt auch die Voraussetzung dafür, daß Deutschland ein attraktiver Investitionsstandort in der Mitte des zusammenwachsenden Europas bleibt.
Meine Damen und Herren, die europäische Einigung ist eine wichtige Garantie für Frieden und Freiheit auf unserem Kontinent. Wir bauen ein Haus Europa mit Wohnungen für alle Völker Europas, die darin leben wollen, und mit einem Dauerwohnrecht für unsere amerikanischen Freunde. Und wir arbeiten gemeinsam an einer Hausordnung, die uns darauf verpflichtet, gelegentliche Streitigkeiten und Auseinandersetzungen, die es immer geben wird, nicht mehr auf der Straße in kriegerischer Form, sondern in zivilisierter Art im Haus auszutragen. François Mitterrand hat uns in einer großen, geradezu testamentarischen Rede kurz vor dem Ende seiner Amtszeit und wenige Monate vor seinem Tod zugerufen: Das Zurück zum Nationalismus, das ist der Krieg.
Natürlich wissen wir, daß heute kein Krieg in Europa droht, aber wir wissen auch, daß der Frieden auf unserem Kontinent keine Selbstverständlichkeit ist, sondern daß wir immer wieder dafür arbeiten müssen. Deshalb wollen wir in Deutschland gemeinsam mit unseren Freunden das Haus Europa bauen, ein Haus, in dem wir unsere Identität behalten, in dem wir Deutsche, Franzosen, Briten und - ich sage dies hier in Davos mit aller Zuversicht im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung in der Schweiz - Schweizer bleiben und gleichzeitig Europäer sind.
Ein zentraler Baustein für das Haus Europa ist die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion. Der pünktliche Start des Euro am 1. Januar 1999 wird das Klima für Investitionen und Arbeitsplätze in Deutschland und Europa zusätzlich verbessern. Der Euro gibt Investoren mehr Planungssicherheit, weil er das Wechselkursrisiko zwischen den Teilnehmerländern ausschaltet. Dadurch sparen Unternehmen europaweit Jahr für Jahr viele Milliarden D-Mark. Mit der neuen Euro-Zone wird der Handel zwischen den Teilnehmerstaaten weiter erleichtert und Europas Gewicht an den Devisenmärkten gestärkt.
Der Euro wird eine dauerhaft stabile Währung sein. Dies ist gerade für Deutschland eine Frage von elementarer Bedeutung. Für viele Deutsche ist die D-Mark, die im kommenden Juni 50 Jahre alt wird, nicht nur Geldschein oder Münze, sondern das Symbol für 50 Jahre Frieden, 50 Jahre Freiheit im freien Teil unseres Landes und 50 Jahre Stabilität und Wohlstand, an deren Beginn der Wiederaufbau unseres Landes nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs stand.
Deshalb haben wir Deutschen uns bei unseren europäischen Partnern immer wieder dafür eingesetzt, alle Vorkehrungen dafür zu treffen, daß der Euro eine dauerhaft stabile Währung sein wird. Für die Stabilität der neuen Europa-Währung steht die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, die zuallererst der Währungsstabilität verpflichtet ist. Dafür stehen ebenso die strikten Stabilitätskriterien des Vertrages von Maastricht und der Stabilitätspakt für eine solide Haushaltspolitik. Natürlich werden zum Thema Euro - wie bei jedem großen Zukunftsprojekt - auch düstere Untergangsprophezeiungen verbreitet. Meine Damen und Herren, lassen Sie sich dadurch nicht beirren. Ich bin sicher: Der Euro kommt wie vereinbart am 1. Januar 1999.
Alle Spekulationen, die über die Teilnehmer an der Währungsunion angestellt werden, sind überflüssig. Es gibt einen klaren Zeitplan. Jeder muß seine Hausaufgaben machen. Anfang Mai dieses Jahres werden Zeugnis und Noten verteilt - bei einem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs. Deutschland wird - davon bin ich fest überzeugt - die Stabilitätskriterien erfüllen.
Meine Damen und Herren, die gemeinsame europäische Währung ist ein wichtiger Baustein für ein stabiles und wetterfestes Haus Europa. Die europäische Einigung ist - zusammen mit der festen Einbindung in die Atlantische Allianz - Garantie für Frieden und Freiheit in Europa. Wir verdanken vor allem dem europäischen Integrationsprozeß - in Gang gesetzt von Adenauer, Schuman und de Gasperi und beflügelt nicht zuletzt von Churchills unvergessener Züricher Rede - die längste Friedensperiode in der deutschen Geschichte.
Wir verdanken der Einigung Europas ebenso die Wiedervereinigung unseres Landes in Frieden und Freiheit. Unsere Nachbarn und Partner in Europa und der Welt haben auf unsere feste Einbettung in Europa vertraut. Sie haben sich zu Recht darauf verlassen, daß Deutschland allen Alleingängen und Sonderwegen der Vergangenheit eine unwiderrufliche Absage erteilt hat. Sie können daher auch in Zukunft auf die europäische Ausrichtung des vereinten Deutschlands zählen.
Gerade wir Deutschen haben - als Land mit den meisten Nachbarn in Europa - das größte Interesse daran, von verbündeten, stabilen Demokratien umgeben zu sein. Deshalb haben wir - gemeinsam mit unseren Freunden und Partnern in der Europäischen Union und in der Atlantischen Allianz - in jüngster Zeit wichtige Weichen für ein dauerhaftes Zusammenwachsen unseres Kontinents gestellt.
Ich nenne die Unterzeichnung der Grundakte zwischen der NATO und Rußland sowie der Charta des Nordatlantischen Bündnisses mit der Ukraine. Wir wollen - und in Gegenwart des russischen Ministerpräsidenten bekräftige ich dies besonders gerne - nach dem Ende des Kalten Krieges den Weg in eine friedliche Zukunft gemeinsam mit Rußland gehen, im Respekt vor der großen und traditionsreichen Geschichte des russischen Volkes. Dies gilt natürlich ebenso für die Ukraine und die anderen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Ich nenne ebenso die Vereinbarung über die Aufnahme Polens, der Tschechischen Republik und Ungarns in die NATO. Und ich nenne den klaren Fahrplan für die EU-Erweiterung nach Osten, den wir beim Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs in Luxemburg im Dezember 1997 beschlossen haben.
Vor zehn Jahren wären all diese Entwicklungen noch unvorstellbar gewesen. Damals standen NATO und Warschauer Pakt einander hochgerüstet gegenüber, damals war die Modernisierung nuklearer Kurzstreckenraketen das beherrschende Thema. Heute können wir feststellen: Über die einstigen Gräben hinweg entsteht ein neues Europa. Dieses Europa wird ein Kontinent des Friedens sein, in dem kommende Generationen in Freiheit leben können.
Meine Damen und Herren, das Ende des Ost-West-Konflikts, der die Welt in den vergangenen Jahrzehnten beherrscht hat, eröffnet Europa, ja der Menschheit die großartige Chance, eine Welt zu gestalten, in der globale Probleme im Miteinander gelöst werden. Es geht darum, daß sich die Staatengemeinschaft auf tiefgreifende Veränderungen einstellt und an der Schwelle zum 21. Jahrhundert neue Antworten für die Herausforderungen einer neuen Epoche findet.
Die Weltbevölkerung nimmt stetig zu. Heute leben sechs Milliarden Menschen auf der Welt. Im Jahre 2020 werden es bereits über acht Milliarden sein. Das ist eine sehr kurze Zeitspanne: Wer heute geboren wird, ist im Jahr 2020 erst 22 Jahre alt! Wir stehen überall auf der Welt, in Ost und West, in Nord und Süd, in der Verantwortung, dieser Generation und den nachfolgenden Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu sichern und gemeinsam die Schöpfung zu bewahren.
Das Problem der weiter wachsenden Umweltbelastung, die zum Beispiel eine Gefahr für das Weltklima bedeutet, stellt sich nicht nur in einzelnen Ländern, sondern der ganzen Menschheit. Dies erfordert eine immer engere Zusammenarbeit über Grenzen und Kontinente hinweg. Die internationale Klima-Konferenz in Kioto Ende vergangenen Jahres war ein wichtiger Schritt in diese Richtung - auch wenn ich persönlich mir größere Fortschritte gewünscht hätte. Erstmals haben sich die Industrieländer zu einer substantiellen Reduktion der schädlichen Treibhausgase verpflichtet. Dieser Prozeß muß weitergehen.
In der Vergangenheit haben häufig Interessenunterschiede zwischen Nord und Süd konkrete Fortschritte im globalen Umweltschutz behindert. Daher habe ich im vergangenen Jahr die Initiative ergriffen und gemeinsam mit meinen Kollegen aus Brasilien, Südafrika und Singapur konkrete Vorschläge zur Überwindung solcher Gegensätze unterbreitet. Wir haben gemeinsam bewiesen, daß Nord und Süd in der Lage sind, sich in den zentralen Fragen des globalen Umweltschutzes auf gemeinsames Handeln zu verständigen.
Auf diesem Weg müssen wir konsequent weiter vorangehen. Wir brauchen zwischen Nord und Süd eine umfassende Partnerschaft für Umwelt und Entwicklung. Beides - Schutz der Umwelt und wirtschaftliche Entwicklung - gehört untrennbar zusammen. Erst wenn das tägliche Überleben der Menschen gesichert ist, werden sie auch ihre Verantwortung für ihre Umwelt erkennen.
Der wichtigste Beitrag, den die Industriestaaten zu einer guten Entwicklung der Länder der Dritten Welt leisten können, ist das Engagement für ein liberales Welthandelssystem. Die Produkte der Entwicklungsländer müssen auf den Weltmärkten eine faire Chance haben. Freiheit ist der beste Weg zu einer gerechten Verteilung des Reichtums dieser Erde. Die Erfahrung lehrt, daß ein ausgeklügeltes protektionistisches System das Gegenteil bewirkt, daß es der Wohlfahrt der Nationen mehr schadet als nutzt.
Der erfolgreiche Abschluß der Uruguay-Runde des GATT und die Gründung der Welthandels-Organisation vor vier Jahren waren ein wichtiger Durchbruch. Beides hat zugleich der Globalisierung der Wirtschaftsbeziehungen einen neuen Schub gegeben. Immer mehr Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas nutzen ihre Chance auf den Weltmärkten. Sie stellen wettbewerbsfähige Produkte her und gewinnen bedeutende Marktanteile auch in den Industrieländern.
Ich denke dabei besonders an die aufstrebenden jungen Industrieländer in Lateinamerika und Asien. Bei allen aktuellen Problemen, die wir in Südostasien derzeit beobachten, bin ich gerade angesichts der enormen Aufbauleistung dieser Länder in den vergangenen Jahren fest davon überzeugt, daß diese Region die Kraft zu den notwendigen Reformen und Anpassungen findet und eine gute Zukunft haben wird. Die Rede meines thailändischen Kollegen, die er gerade an uns gerichtet hat, und die wichtige Arbeit des Internationalen Währungsfonds, die wir Deutschen in jeder Weise unterstützen, bestärken mich in dieser Ansicht.
Die zunehmende Globalisierung verursacht natürlich Anpassungsprobleme - in allen Ländern, auch in Deutschland. Zugleich eröffnet diese dynamische Entwicklung jedoch überall große Chancen für neue Märkte, neue Handelspartner, neue Tätigkeitsfelder und damit auch neue Arbeitsplätze.
Diese Chancen müssen wir nutzen - jeder für sich und alle gemeinsam.
Immer mehr Länder der Welt erkennen dies - und sie handeln danach. Die Weltbank hat kürzlich festgestellt, es habe seit vielen Jahrzehnten nicht so vielversprechende Chancen für Wachstum und zur Eindämmung von Armut in der Dritten Welt gegeben wie heute. Auch in den aufstrebenden jungen Industrieländern und den OECD-Staaten wird ein kräftiger Anstieg des Lebensstandards erwartet. Dies zeigt - bei allen Problemen, die noch zu lösen sind -, daß wir auf dem richtigen Weg sind.
Meine Damen und Herren, mein Wunsch - meine Zuver-
sicht - ist, daß das 21. Jahrhundert überall ein Jahrhundert des Friedens, der Freiheit und des wirtschaftlichen Wohlstandes wird. Wir werden dies erreichen, wenn wir es nur wollen. Wir Deutschen wollen dafür in zwei Jahren das Startsignal geben. In Hannover, mitten im wiedervereinigten Deutschland, findet im Jahr 2000 die Weltausstellung EXPO 2000 statt. Sie steht unter dem Leitthema: "Mensch-Natur-Technik".
Deutschland wird Gastgeber der Welt sein - ein Jahrzehnt nach dem Geschenk der Deutschen Einheit. Wir wollen der Welt zeigen, daß wir ein weltoffenes Land, ein friedliches Land und ein Land sind, das seinen Beitrag zum Fortschritt in allen Bereichen der menschlichen Kultur leistet. Deutschland ist ein Land im Aufbruch. Wir stellen uns den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Wir haben großartige Zukunftschancen - und wir sind entschlossen, sie zu nutzen. Die Berufspessimisten, die uns - wie schon so oft - den Untergang voraussagen, werden sich auch diesmal täuschen.
Der diesjährigen Tagung des World Economic Forum wünsche ich fruchtbare Beratungen und gutes Gelingen.
Quelle: Bulletin der Bundesregierung. Nr. 11. 11. Februar 1998.