5. Mai 1992

Vortrag anlässlich des 106. Jahreskongresses der American Newspaper Publishers Association in New York

Deutsch-amerikanische Partnerschaft in Verantwortung für Europa und die Welt

 

I.

Ich habe die Einladung zu Ihrem 106. Jahreskongress gern angenommen und freue mich, heute zu Ihnen sprechen zu können. Zugleich ist dieses Zusammentreffen mit den führenden Verlegern, Herausgebern und leitenden Mitarbeitern des amerikanischen Zeitungswesen heute für mich eine besonders gute Gelegenheit, Dank zu sagen für alles, was das amerikanische Volk zum Wohle Deutschlands und Europas geleistet hat.

Ihr Land hat jahrzehntelang die Freiheit in Europa verteidigt. Lassen Sie mich hier noch ein persönliches Wort hinzufügen: Ich komme aus einer Region in Deutschland, der Pfalz, in der besonders viele amerikanische Soldaten und ihre Familien leben - in guter Nachbarschaft mit der örtlichen Bevölkerung. Die hier gewachsenen menschlichen Beziehungen kann man in ihrer Bedeutung für die Freundschaft unserer beiden Völker gar nicht hoch genug einschätzen. Ohne den unermüdlichen und weitsichtigen Einsatz Amerikas und seiner Präsidenten - von Harry S. Truman bis George Bush - über mehr ais vier Jahrzehnte hinweg, wäre die Spaltung Europas nicht überwunden worden. Dieser Entwicklung verdanken wir es, dass der Traum von der Freiheit und der Einheil aller Deutschen Wirklichkeit werden konnte. Mein besonderer Dank gilt Ihrem Präsidenten George Bush. Er hat mit seinem Weitblick, seinem staatsmännischen Geschick und seinem engagierten Eintreten wesentlich dazu beigetragen.

Der epochale Wandel in Europa hat uns vor Augen geführt, dass unser aller Schicksal ganz wesentlich von der Außenpolitik bestimmt wird. Bei allen wirtschaftlichen und sozialen Problemen, die viele westliche Länder im Inneren haben, müssen wir uns dies immer wieder klar machen. Wer für eine Politik des nationalen Egoismus eintritt, schadet letztlich den Interessen des eigenen Landes.

Der Umbruch in Europa stellt uns gemeinsam - Deutsche und Amerikaner, den Westen insgesamt - vor eine große Herausforderung. Freiheit verpflichtet. Nicht weniger als in der Vergangenheit geht es auch heute um die Bewahrung unserer gemeinsamen Werte und den Ausbau einer stabilen Ordnung im Zeichen der Freiheit.

Wir Deutsche tragen heute als vereintes und souveränes Land eine wachsende Verantwortung - in Europa und weltweit. Dabei wissen wir, dass wir nur gemeinsam mit unseren amerikanischen und europäischen Freunden dieser Verantwortung gerecht werden können. In diesem Sinne nehmen wir die Einladung Präsident Bushs an, „Partners in Leadership" zu sein. Wir übernehmen im Rahmen der innerwestlichen Lastenteilung jene Aufgaben, die wir entsprechend unserer Leistungskraft erfüllen können - wirtschaftlich und politisch.

II.

Wir Deutsche, wir Europäer wollen die transatlantische Partnerschaft weiter ausbauen. Europa braucht Amerika auch in Zukunft - und ich füge hinzu. Amerika braucht Europa. Für uns Deutsche ist beides von existentieller Bedeutung - die transatlantische Partnerschaft und die Einigung Europas. Es geht für uns nicht um ein Entweder-Oder, sondern um ein Sowohl-Als-auch.

Ich nenne ganz bewusst an erster Stelle die kulturellen Bindungen zwischen dem „alten" und dem „neuen Kontinent". Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Gemeinsamkeiten in Literatur, bildender Kunst, in der Musik und im Film an Bedeutung gewinnen werden - als Quelle neuer und vielfältiger künstlerischer Leistungen. Vor allem wollen wir auch künftig die Begegnung möglichst vieler junger Menschen nach Kräften fordern.

An zweiter Stelle nenne ich die wirtschaftliche Dimension unserer Beziehungen. Auch sie wird an Bedeutung gewinnen. Je mehr Europa zusammenwächst und je großer die Europäische Gemeinschaft wird, desto wichtiger wird dieser Wirtschaftsraum für die Vereinigten Staaten. Zusammen mit Nordamerika und Ostasien wird er eines der drei Zentren der Weltwirtschaft sein. Als eine der großen Handelsnationen haben wir Deutsche ein besonderes Interesse an offenen Weltmärkten.

Wir - und die Europäische Gemeinschaft insgesamt - wollen einen baldigen Erfolg der Uruguay-Runde im GATT. Dies haben der amtierende Ratsvorsitzende der Europäischen Gemeinschaft und der Präsident der EG-Kommission, Jacques Delors, gemeinsam mit Präsident Bush bei ihrem Treffen Ende April in Washington nochmals ausdrücklich bekräftigt. In sehr intensiven Gesprächen war es der Wunsch und das klare Ziel aller Beteiligten, bis Ende Juni, also vor dem Gipfeltreffen der großen Industrieländer in München, zum Abschluss der laufenden Welthandelsrunde zu kommen.

Wettbewerb ist national und international das Lebenselixier freier Gesellschaften. Das müssen wir uns immer wieder bewusst machen. Dabei müssen Europäer und Amerikaner auch die japanischen Erfolge ernst nehmen, sie als eine Herausforderung an die Kreativität und Leistungsbereitschaft unserer eigenen Unternehmen begreifen. Es gibt keinen Grund zur Angst vor den Japanern. Aber wir müssen uns jeden Tag auch selbstkritisch fragen, was wir bei uns besser machen oder ändern müssen, damit wir im internationalen Wettbewerb bestehen können.

Ich sage meinen eigenen Landsleuten, dass wir nicht über unsere Verhältnisse leben dürfen. Denn die Erfolge unserer Konkurrenten auf dem Weltmarkt sind nicht auch zuletzt das Ergebnis harter Arbeit. Ebenso aber müssen wir auf der strikten Einhaltung der Regeln eines freien internationalen Handelns bestehen. Wir sollten dabei auch nicht den Fehler begehen, kurzfristig die Lösung von Handelsproblemen in bilateralen Absprachen zu suchen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass damit langfristig niemandem gedient ist.

III.

Die Rolle und die Verantwortung der USA und Kanadas in und für Europa sind für den Frieden und die Sicherheit unseres Kontinents - vor allem auch für das geeinte Deutschland in seiner Mitte - von existentieller Bedeutung. Unverzichtbarer Sicherheitsverbund zwischen Europa und Nordamerika ist und bleibt die Nordatlantische Allianz. Gerade heute - in einer Zeit großen Wandels - geht es um die Stärkung jener Institutionen, die sich in schwieriger Zeit bewährt haben.

Jeder weiß, dass aus dem Umbruch in Mittel-, Ost- und Südosteuropa auch neue Gefährdungen unserer Sicherheit und der gesamteuropäischen Stabilität entstehen können. Diese neuen Risiken und Gefahren sind vor allem ökonomischer, sozialer, aber auch politischer Natur. Sie können - auch das ist wahr - zur Quelle neuer militärischen Risiken werden.

George F. Kennan hatte schon am Ende des Zweiten Weltkriegs geschrieben; „Einer der gefährlichsten Augenblicke für die internationale Stabilität wird kommen, wenn eines Tages die Herrschaft Russlands" - er meinte natürlich die Sowjetunion - „anfängt zusammenzubrechen". Er hat recht behalten. In der Tat muss unsere besondere Aufmerksamkeit heute dem Schicksal der Länder gelten, die in der Mitte, im Osten und im Südosten Europas liegen. In den Nachfolgerepubliken der ehemaligen Sowjetunion werden noch für lange Zeit enorme Potentiale an atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen vorhanden sein. Vor dem Hintergrund politischer Instabilität und daraus resultierender Konflikte bleiben sie gefährlich.

Nicht zuletzt deshalb ist heute und in der Zukunft die substantielle Präsenz nordamerikanischer Streitkräfte in Westeuropa und auf deutschem Boden für die Sicherheit unserer beiden Völker unabdingbar. Sie ist der Kern unserer Sicherheitspartnerschaft, und sie liegt im Interesse Europas ebenso wie im Interesse der Vereinigten Staaten.

IV.

Auf dem Weg zu dem Europa der Zukunft haben wir Deutschen, wir Europäer, zwei große Aufgaben zu bewältigen:

Erstens: Wir müssen die Europäische Gemeinschaft zur Europäischen Union ausbauen.

Zweitens: Wir müssen die Spaltung des europäischen Kontinents zwischen Ost und West endgültig überwinden.

Die Vereinigten Staaten haben unseren Weg zur Einheit Europas von Anfang an mit Zustimmung und Ermutigung begleitet. Sie haben das in dem Bewusstsein getan, dass Europa ein verlässlicher, aber auch ein selbstbewusster Partner der Vereinigten Staaten bleibt. Gerade dies liegt im ureigenen Interesse Amerikas. Denn nur eine starke und geschlossene Europäische Gemeinschaft kann die Zukunft des europäischen Kontinents mitprägen und Seite an Seite mit den Vereinigten Staaten eine gemeinsame Verantwortung in der Welt übernehmen.

Die Europäische Gemeinschaft ist auf gutem Wege. Niemand redet heute mehr von einem Niedergang des „alten" Kontinents. Wir haben in den letzten Jahren entscheidende Fortschritte erzielt.

Der europäische Binnenmarkt mit 340 Millionen Bürgern wird am Ende dieses Jahres vollendet sein. Damit erreichen wir ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zur Europäischen Union. Im Dezember 1991 haben wir in der holländischen Stadt Maastricht den Grundstein für die Vollendung dieser Union gelegt. Die Regierungen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft haben vereinbart, stufenweise eine Wirtschafts- und Währungsunion zu schaffen und eine einheitliche europäische Währung einzuführen. Wir wollen eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik erarbeiten, damit Europa in allen wesentlichen Fragen mit einer Stimme sprechen und vor allem auch gemeinsam handeln kann - in enger Bündnispartnerschaft mit Amerika. Unser Ziel sind die „Vereinigten Staaten von Europa" - die Verwirklichung einer Vision, die Winston Churchill schon 1946 formuliert hat.

V.

Die Schaffung der europäischen Union ist angesichts des grundlegenden Wandels in Europa aber nur ein Teil unserer Aufgabe. Wir dürfen nicht die Augen vor der Tatsache verschließen, dass heute in Ost- und Südosteuropa Nationalismus im Sinne des 19. Jahrhunderts wieder aufbricht, und - wie im ehemaligen Jugoslawien - gefährliche expansive Tendenzen zeigt.

Wir verstehen, dass die Völker Ost-, Mittel- und Südosteuropas nach dem Zusammenbruch des Kommunismus sich wieder auf ihre nationale Eigenständigkeit besinnen. Aber unser Ziel muss sein, diesen nationalen Aufbruch für immer mit der Idee der Freiheit, der Demokratie und der Menschen- und Minderheitenrechte zu verbinden. Ethnisch-territoriale Probleme dürfen am Ende dieses Jahrhunderts nicht in gleicher Weise gelöst werden, wie dies -mit verhängnisvollen Folgen - noch zu Anfang dieses Jahrhunderts versucht wurde.

Es geht dabei um Sicherheit und Stabilität im weitesten Sinne. Deshalb ist es eine zentrale Aufgabe der westlichen Staatengemeinschaft, den Reformstaaten Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten und sie in die Weltwirtschaft zu integrieren.

In diesem Jahr hat Deutschland den Vorsitz in der Gruppe der sieben führenden Industrienationen der Welt. Auf dem Weltwirtschaftsgipfel in München im Juli dieses Jahres wird Hilfe für die Reformländer ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Wir Deutschen erleben derzeit im eigenen Lande, wie schwierig diese Aufgabe ist. Trotz enormer Transfers vor allem finanzieller Ressourcen in die östlichen Bundesländer geht der Prozess des Zusammenwachsens in Deutschland nicht so schnell und reibungslos vonstatten, wie wir dies wünschen.

Aber der Westen hat keine Wahl: Eine vernünftige Alternative zu einer umfassenden und kontinuierlich angelegten Unterstützung der Reformpolitiken in Mittel-, Ost- und Südosteuropa sowie der ehemaligen Sowjetunion gibt es nicht. Kosten, die heute eingespart würden, würden in absehbarer Zeit in mehrfacher Höhe auf uns zurückfallen; Blieben die neuen Demokratien allein mit ihren wirtschaftlichen Schwierigkeiten, dann käme es möglicherweise zu neuen Flüchtlingsströmen in Richtung Westen und zu anderen unkontrollierbaren politischen Entwicklungen. Mit einem Wort: Sich jetzt aufs Abwarten zu beschränken und an falscher Stelle zu sparen, wäre die denkbar schlechteste Investition in unser aller Zukunft.

Die Bewährungsprobe, vor der wir nach dem Ende des Kalten Kriegs stehen, mochte ich vergleichen mit den großen Umbrüchen am Ende des Ersten und des Zweiten Weltkriegs. Bald nach 1945 haben die Vereinigten Staaten uns Deutschen die Hand gereicht. Sie haben damals nicht den Fehler Woodrow Wilsons gemacht, unter dessen Präsidentschaft sich Amerika nach dem Ersten Weltkrieg aus Europa zurückzog. George Marshall und Harry S. Truman hatten die Zeichen der Zeit erkannt und boten auch dem besiegten Deutschland die Hilfe Amerikas an. Dank ihrer Weitsicht fand das zerstörte und am Boden liegende Europa den Weg in eine gute Zukunft in Frieden und Freiheit.

Ich werde - wie viele Deutsche aus meiner Generation - niemals die amerikanische Großzügigkeit vergessen, die ich in meiner Schulzeit erfahren habe. Ich erinnere hier nur an die „Hoover-Speisung" während der Unterrichtspausen. Sie war ein Zeichen der Hoffnung in einer Zeit tiefer Not. Das Erfolgsgeheimnis der amerikanischen Politik war, die Hilfe von außen mit dem Anreiz intensiver Kooperation der Empfängerländer untereinander zu verbinden. An diese Erfolgsgeschichte muss der Westen gegenüber seinen ehemaligen Gegnern im Kalten Krieg anknüpfen. Das kann nur in einer gemeinsamen Anstrengung gelingen. Dabei müssen die Reformstaaten die Hauptlast selbst tragen. Ohne ein größeres Engagement der Menschen dort werden wir scheitern. Unsere Hilfe kann nur Erfolg haben, wenn sie selbst jetzt energisch die Ärmel hochkrempeln und anpacken. Die tiefgreifende wirtschaftliche, politische und soziale Umgestaltung muss durch Hilfe von außen unterstützt werden.

Kein Land allein kann die Lasten der vor uns liegenden Aufgaben tragen. Ohne das Engagement Amerikas, ohne die Partnerschaft mit unseren amerikanischen Freunden kann das Werk nicht gelingen. Alle sind gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Wir Deutschen sind mit unserer Hilfe an der Grenze unserer Leistungskraft angelangt. Deutschland hat für die GUS-Länder 75 Milliarden D-Mark und für alle ost-, mittel- und südosteuropäischen Staaten zusammen 105 Milliarden D-Mark bereitgestellt.

Auch Japan muss mehr als bisher zum Gelingen dieser Reformen beitragen. Denn dieses Land verdankt seinen Wohlstand nicht zuletzt stabilen weltpolitischen Rahmenbedingungen. In vielerlei Hinsicht hat es in den letzten Jahrzehnten auch von amerikanischen und europäischen Anstrengungen profitiert. Gerade heute ist es an der Zeit, dass sich die Exportnation Japan mehr als bisher der gemeinsamen westlichen Verantwortung stellt und - ihrem wirtschaftlichen Gewicht entsprechend - zum Gelingen der Reformen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa und den Staaten der GUS beiträgt.

Unser realistisches Ziel muss es sein, die Nachfolgerepubliken der ehemaligen Sowjetunion bei ihrem Streben nach echter wirtschaftlicher Integration untereinander zu unterstützen. Die Reformstaaten sollten, auch wenn das alte System nicht zufetzt an der zentralen Kommandowirtschaft gescheitert ist, die Chancen nutzen, die ein großer Wirtschaftsraum - dies zeigt das Beispiel Westeuropas - bietet.

Ich füge allerdings hinzu: Die Nachfolgerepubliken, aber auch die anderen Demokratien in der Mitte und im Osten Europas können auf westliche Hilfe vernünftigerweise nur rechnen, wenn sie ihre internationalen Verpflichtungen erfüllen und ihre Militärausgaben den Gegebenheiten anpassen, das heißt, diese drastisch zu reduzieren. Die Verantwortlichen in den GUS-Staaten müssen wissen, dass wir nur helfen können, wenn sie alle internationalen Abrüstungsverträge ratifizieren und strikt einhalten.

Zu den Sicherheitsfragen, die wir sehr ernst zu nehmen haben, gehört auch die Frage der Proliferation von atomaren, biologischen und chemischen Waffen. Wir dürfen die Gefahren, die hiervon für unsere gemeinsame Sicherheit ausgehen, nicht unterschätzen.

VI.

Angesichts der dramatischen Entwicklung in Europa darf unser Blick nicht von den wachsenden Problemen der Dritten Welt abgelenkt werden. Wir müssen deshalb auch in Zukunft eine Entwicklungspolitik fortsetzen, die den Ärmsten und Schwächsten tatkräftig zur Seite steht - und die ihnen vor allem hilft, sich selbst zu helfen.

Im Juni dieses Jahres wird in Rio de Janeiro die UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung zusammentreten. Ihr Ziel ist es, die Bemühungen um die notwendige Entwicklung in der Dritten Welt und die internationalen Anstrengungen zur Bewahrung der Schöpfung auf einen gemeinsamen -zukunftsträchtigen - Nenner zu bringen. Ich hoffe, dass sich alle Länder in Nord und Süd zu dieser Gesamtverantwortung bekennen. Ich selbst will an dieser Konferenz teilnehmen und mich mit aller Entschiedenheit dafür einsetzen, dass dort eben nicht nur Worte gesprochen werden, sondern auch Taten folgen.

Wir stellen jetzt die Weichen für das 21. Jahrhundert. Die vor uns liegenden Aufgaben sind schwierig, für ihre Bewältigung gibt es keine Vorbilder in der Geschichte. Wir werden Mut und Solidarität brauchen, um die von mir skizzierten Herausforderungen zu bewältigen. Der größte Fehler wäre es, angesichts der Größe der Aufgabe zu resignieren.

Europäer und Amerikaner haben die große Chance, gemeinsam an einer Weltordnung des politischen Ausgleichs und des friedlichen Wettbewerbs zu bauen. Dazu braucht die Welt Amerika. Hören Sie nicht auf die Propheten des Niedergangs. Ich halte nichts von jenen Stimmen, die von einem Nachlassen der Bedeutung Amerikas oder gar von seinem langsamen Niedergang sprechen. Amerika ist und bleibt die erste Macht der Welt. Gerade die amerikanische Nation hat in der Vergangenheit oft bewiesen, zu welch großartigen Leistungen sie fähig ist, wenn sie eine geschichtliche Herausforderung annimmt. Privatinitiative, schöpferische Intelligenz, wissenschaftliche und technische Leistungskraft und die Bereitschaft, entschlossen und selbstbewusst die großen Aufgaben der Zukunft zu gestalten - das war, ist und bleibt die Grundlage der heraus ragenden Rolle Amerikas.

Bei alledem ist auch Ihre Verantwortung als Verleger in besonderer Weise gefordert. Sie können bei Ihren Lesern das Bewusstsein für die Dimension unserer gemeinsamen Aufgaben wecken. Kein geringerer als Walter Lippmann hat immer wieder auf die eminente Bedeutung der Medien für den Prozess der politischen Willensbildung hingewiesen. In der Tat: In unserer immer mehr zusammenwachsenden Welt darf Bürgersinn nicht an den Grenzen des eigenen Landes haltmachen.

Quelle: Bulletin des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung Nr. 47 (6. Mai 1992).